Warenhäuser in Not Würden Sie sich bei Galeria Karstadt Kaufhof bewerben?

Die Umsätze von Karstadt und Kaufhof sinken Quelle: REUTERS

Die Umsätze sinken, Marktanteile bröckeln und die Führungsspitze kennt nur eine Antwort: Kosten runter. Doch Sparen allein ist keine Strategie. Will der Essener Konzern überleben, muss sich dringend etwas ändern. Ein Kommentar.

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„Du fühlst dich in der Welt des Einzelhandels wohl und verkaufst gerne“, „Trends und Lifestyle sind genau dein Ding“ – dann, so heißt es in aktuellen Stellenausschreibungen des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof, könnte es schon am 1. September mit einer Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann losgehen.

„Nach der Ausbildung wartet bei guten Leistungen eine unbefristete Vollzeitstelle auf dich“, verspricht das Unternehmen. Auch Elektriker, Facility Manager und Projektleiter sucht der Essener Konzern seit Anfang Mai und verspricht einen „eigenverantwortlichen und abwechslungsreichen Arbeitsplatz“ sowie „ein leistungsorientiertes Gehalt“.

Für die mehr als 28.000 Mitarbeiter dürfte derlei Ausschreibungsprosa wie blanker Hohn klingen. Seit Jahren – eher: Seit Jahrzehnten – befindet sich die deutsche Warenhauswelt im steten Abwärtssog. Die Umsätze von Karstadt wie Kaufhof sinken, die Marktanteile bröckeln. Anfang April flüchtete der Konzern ins Schutzschirm-Insolvenzverfahren und steht vor der nächsten großen Sparwelle.

Die Gründe für den Niedergang sind bekannt: Erst wilderten Shoppingcenter und Fachmärkte im Revier der Warenhäuser, später kam der Onlinehandel dazu. All das wäre für das Geschäftsmodell von Karstadt und Kaufhof schwer genug zu verkraften gewesen. Jetzt haben die Corona-bedingten Schließungen ihren Absturz beschleunigt. Vor allem aber sind gravierende Managementfehler schuld an der Misere. Namen wie Thomas Middelhoff, Andrew Jennings und Nicolas Berggruen stehen für das Versagen von Eigentümer wie Führungskräften bei Karstadt.

Unter dem späteren Karstadt-Chef Stephan Fanderl schien es zunächst aufwärtszugehen. Doch seine vermeintlichen Sanierungserfolge sind wieder verpufft – und beruhten wohl vor allem auf der Fähigkeit, die Kosten zu senken. Von einem echten Strategieschwenk und dem Versuch, gegen Umsatzverluste nicht nur anzusparen, sondern neues Geschäft zu erobern, ist hingegen wenig zu sehen. Auch die als Fusion getarnte Übernahme des früheren Rivalen Kaufhof hat daran kaum etwas geändert.

Im Gegenteil: Schon vom Vorbesitzer, dem amerikanischen Handelskonzern HBC, war Kaufhof in Grund und Boden gewirtschaftet worden. Beim Zusammenschluss mit Karstadt wurde die Chance für einen Neuanfang vertan. Das kann und muss nachgeholt werden, wenn das Unternehmen weiter existieren soll. Sicher, die Kosten müssen dafür wohl noch weiter runter.

Unrentable Standorte werden in der Schutzschirm-Insolvenz geschlossen werden. Gleichzeitig muss aber eine Wachstumsstrategie her. Wie können Warenhäuser dauerhaft wieder mehr Kunden begeistern? Wie gelingt es ihnen, den Zalandos und Amazons etwas entgegenzusetzen? Wie kann im Unternehmen echte Aufbruchsstimmung Einzug halten, um die Corona-Folgen durchzustehen? Bis diese Fragen beantwortet sind, gilt: Sich bei Galeria um einen Job oder Ausbildungsplatz bewerben? Es gibt bessere Ideen!

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In der Schutzschirm-Insolvenz will sich Galeria Karstadt Kaufhof von Altlasten trennen. Standorte müssen schließen, viele Mitarbeiter bangen um ihre Jobs. Doch Schuld an der Misere des Warenhauskonzerns ist nicht allein Corona – die Probleme liegen tiefer.

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