
Essen/Köln Mehr Mitarbeiter im Verkauf, oder doch besser auf die Kostenbremse treten? Deutschlands Warenhäuser sind auf der Suche nach einem Weg in die Zukunft. Ein Jahr nach dem Neustart beim Traditionswarenhaus Kaufhof hat der neue Eigentümer Hudson's Bay Company (HBC) weitere Einzelheiten seines Konzepts vorgelegt. Zumindest in Großstadtwarenhäusern wie der Kaufhof-Filiale an der Düsseldorfer Königsallee sollen sich die Kunden künftig auf ein Heer von Schuhverkäufern freuen. Unklar ist jedoch, ob es dabei neben den rund 20.000 Kaufhof-Mitarbeitern weitere Neueinstellungen geben wird.
„Für uns ist es ganz wichtig, dass die Renaissance des Warenhauses stattfindet“, sagt Kaufhof-Chef Oliver Van den Bossche. Bereits im Frühjahr hatte HBC angekündigt, in den nächsten fünf bis sieben Jahren rund eine Milliarde Euro in die in die Jahre gekommenen Warenhäuser zu investieren. Anfang November soll in Düsseldorf eine erste Pilotfiliale öffnen, die nach dem neuen Konzept modernisiert wurde. Die neuen Eigentümer setzen vor allem auf das Geschäft mit Artikeln wie Taschen, Schuhe, Wäsche oder Kosmetik.
Genaue Zahlen über das Geschäft in den ersten zwölf Monaten nennt HBC nicht. Chef Jerry Storch zeigte sich zum Jahrestag zufrieden mit dem milliardenschweren Kauf. Zuvor hatte das Unternehmen angekündigt, zusätzlich in den kommenden Jahren bis zu 40 Edel-Outlets in deutschen Innenstädten eröffnen zu wollen. Outlets werben damit, Markenware billiger zu verkaufen.
Galeria Kaufhof im Überblick
2 Millionen Kunden pro Tag.
Quelle: Unternehmensangaben
3,1 Mrd. Euro Umsatz 2013/14.
193 Millionen Euro (Ebit vor Sonderfaktoren) Ergebnis 2013/14.
Auch der Chef des Kaufhof Dauer-Konkurrenten Karstadt, Stephan Fanderl, arbeitet an neuen Konzepten. Im Sommer hatte er mit der Eröffnung eines neuen Warenhauses in Berlin-Tegel ein ganz auf lokale Bedürfnisse ausgerichtetes Warenhaus-Sortiment vorgestellt. Für Karstadt mit seinen knapp 14.000 Mitarbeitern stellte Fanderl erneut eine wirtschaftliche Gesundung in Aussicht. Genaue Zahlen nannte er aber nicht.
Zuvor hatte Karstadt nach dem Neustart infolge der Pleite des Mutterkonzerns Arcandor 2010 rote Zahlen geschrieben. Nach dem Ausstieg aus der Tarifbindung im Mai 2013 konnten sich der Arbeitgeber und die Gewerkschaft Verdi zudem in zahlreichen Tarifrunden bislang nicht auf einen Tarifvertrag einigen.
Doch trotz aller Konzepte sehen Experten Warenhäuser in Deutschland weiter unter Druck. „Ich bin nach wie vor überzeugt, dass es eine weitere Bereinigung gibt“, sagte der Handelsexperte Joachim Stumpf von der Handelsberatung BBE. Er rechnet damit, dass in den kommenden zehn Jahren etwa jedes dritte der derzeit 180 Warenhäuser in Deutschland nicht mehr als Warenhaus betrieben wird.
Das ist die Hudson's Bay Company
Die Hudson´s Bay Company ist Kanadas größtes Kaufhaus und gilt als ältestes Unternehmen Nordamerikas. Die Geschichte von HBC begann 1670, als Charles II von England der Company Eigentum über Land und Bodenschätze in Kanada übertrug. Der damals vollständige Name der Unternehmung: „The Governor and Company of Adventurers of England trading into Hudson´s Bay“.
Rund 200 Jahre kontrollierte HBC vor allem den lukrativen Handel mit Pelzen, dann kaufte Kanada der Gesellschaft die Rechte wieder ab. HBC änderte daraufhin die Ausrichtung, stieg in den Großhandel ein und versorgte Siedler. Auch in der Schifffahrt und im Handel mit Öl und Gas war HBC tätig, bevor sich die Gesellschaft in den 1990er Jahren wieder auf den klassischen Einzelhandel konzentrierte.
Die Hudson’s Bay Company fokussierte sich stets auf Aktivitäten in Kanada und Nordamerika - bis 1970 war ihr Sitz aber London.
Die Historie der HBC ist derart eng mit der Kanadas verknüpft, dass seine Chefs bis heute Gouverneure heißen. Heute hat diesen Posten der US-Amerikaner Richard Baker inne, der das Unternehmen 2008 erwarb. Baker gilt als strategischer und ehrgeiziger Konzernlenker
Schon vor der HBC-Übernahme hatte Baker 2006 amerikanisch Traditionskaufhauskette Lord & Taylor für knapp eine Milliarde Euro gekauft und das Geschäft durch Beleihung der Immobilien finanziert. Auch den vollständigen Kauf der Hudson’s Bay Company im Jahr 2008 finanzierte Baker hauptsächlich durch Schulden. Für rund 2,2 Milliarden Euro kaufte HBC 2013 schließlich die amerikanische Nobelkette Saks Fifth Avenue und deren Ableger OFF 5th. Erneut die entscheidende Geldquelle: beliehene Immobilien. 2015 machte der Konzern klar, in Zukunft auch außerhalb des nordamerikanischen Marktes wachsen zu wollen - durch Zukäufe wie Kaufhof. Neuestes Projekt ist die Einführung der Discount-Luxuskette Saks Off 5th in Deutschland.
Neben der namensgebenden Hudson’s Bay Company gehören zum HBC-Imperium eine ganze Reihe von Handelsunternehmen in Nordamerika. In Kanada ist es die Einrichtungshauskette Home Outfitters. In den USA hat HBC das Luxuskaufhaus Lord & Taylor, die Edelkaufhauskette Saks Fifth Avenue und deren Discount-Designer-Ableger Saks Fifth Avenue OFF 5th übernommen.
Als starkes Rückgrat der Hudson’s Bay Company gelten die Warenhausimmobilien im Besitz des Konzerns. Ihr Wert wird auf etwa 9,6 Milliarden kanadische Dollar geschätzt, rund 6,7 Milliarden Euro. Allein der Saks Fifth Avenue Flagship Store in New York soll mehr als drei Milliarden Euro wert sein.
Mit Saks Fifth Avenue, der Kernmarke Hudson's Bay, der Modekette Lord & Taylor und dem Haushaltswarenhändler Home Outfitters machte HBC zuletzt einen Umsatz von gut neun Milliarden Euro und rund 420 Millionen Euro Gewinn.
Der erste Laden der amerikanischen Luxux-Kaufhauskette wurde 1924 von Horace Saks zusammen mit einer Geschäftspartner auf der New Yorker 5th Avenue eröffnet. 1992 gründete das Unternehmen sein erstes Outletgeschäft in Pennsylvania. Als 1995 weitere Läden eröffnet werden sollten, wurde das Geschäft in Saks Off 5th umbenannt. 2013 übernahm HBC das Unternehmen. Im Jahr 2016 gab es weltweit 41 Fililalen von Saks Fifth Avenue und 117 von Saks Off 5th.
Rückläufige Kundenfrequenz in den Innenstädten
Die geplante Eröffnung von Outlets in bestehenden Kaufhof-Filialen sei allein kein Weg zur Rettung des klassischen Warenhauses. Dabei handele es sich um ein neues Format in alter Hülle. Outlets könnten nicht allein die Lösung sein, so Stumpf. Auch andere Konzepte, wie etwa die Ausweitung des auf lokale Bedürfnisse zugeschnittenen Angebots bei dem Konkurrenten Karstadt, hätten ihre Berechtigung.
„Derzeit kann man trotz aller Ankündigungen noch nicht erkennen, dass die Umsätze im Warenhausbereich steigen“, sagte Stumpf. Die Warenhäuser litten unter einer rückläufigen Kundenfrequenz in den Innenstädten.
Noch pessimistischer ist Gerrit Heinemann, Handelsexperte von der Hochschule Niederrhein: „Die Trendwende bei den Warenhäusern wird nicht kommen“, zeigte er sich überzeugt. „Die aktuelle Situation ist nicht anders als vor einem Jahr“.
Langfristig sieht Heinemann nur Überlebenschancen für 80 bis 100 Warenhäuser in Deutschland. Eine Zukunft hätten lediglich Häuser mit Standorten in den großen Metropolen, glaubt er. Grund seien auch die hohen Kosten, die mit dem Betrieb eines Warenhauses verbunden seien. „Es gibt keine Betriebsform, die so kapitalintensiv ist“.