Es ist angegrillt. Für Millionen deutscher Männer ist der 1. Mai der offizielle Start in die Grillsaison. Die Bollerwagen sind gepackt, das Bier steht kalt und die Grills werden heiß. Heute gibt sich auch Fernsehkoch Johann Lafer bei der SWR-3-Grillparty wieder die Ehre. Mehr als eine halbe Million Synchron-Griller werden den Anweisungen des Starkochs aus dem Radio folgen. Einen Grillbegeisterten dürfte das ganz besonders freuen.
Frank Miedaner, seines Zeichens Deutschland-Chef des Grillherstellers Weber-Stephen, profitiert wie kein anderer vom Grill-Boom in Deutschland. Lafer hat viel dazu beigetragen, das Grillen hierzulande populär zu machen. Seit Jahren ist er Markenbotschafter von Weber-Stephen - wenn auch wohl bald nicht mehr der einzige, wie Miedaner gegenüber WirtschaftsWoche Online verrät. Doch dazu später mehr.
Wissenswertes rund um den Grill
1952 George Stephens ärgerte sich über seinen gemauerten Ziegelsteingrill. Weil er keinen Deckel hatte, war er bei schlechtem Wetter nicht zu benutzen. Außerdem wurde die Hitze ungleichmäßig verteilt und Steaks und Maiskolben waren entweder verkohlt oder noch roh. Stephens war Schweißer bei der Bojenfirma Weber Brothers Metal Works in Chicago. Er teilte schließlich eine Boje in zwei Hälften, versah den unteren Teil mit drei Beinen und verwendete den oberen als Deckel. Der Prototyp des Kugelgrills war geboren.
Kein Bier über das Grillgut schütten. Dadurch sinkt die Temperatur, der Garprozess wird gestört, das Grillgut wird durch aufgewirbelte Asche beschmutzt.
Grill nicht zu voll packen. Am besten eine Zone freilassen - darunter sollte auch keine Kohle liegen - damit man bereits fast gare Stücke zur Seite legen kann und indirekt fertig grillen kann.
Fleisch und Burger nicht hektisch hin- und herwenden. Dadurch bleibt unnötig viel knusprige Kruste am Grill kleben. Mit Geduld kommt man weiter - siehe Interview mit Grill-Guru Jamie Purviance - Autor von Weber's Grillbibel.
Ebbo Christ, Vizepräsident der German Barbecue Association, die jährlich die Grillweltmeisterschaften ausrichtet, rät: "Ab 100 Euro bekommt man einen passablen Holzkohlegrill, einen guten für 300 bis 500 Euro. Gasgeräte sind grundsätzlich teurer, ab etwa 170 Euro kann man mit ordentlicher Qualität rechnen."
Nein. Blindverkostungen haben gezeigt, dass die Probanden nicht unterscheiden konnten, ob das Fleisch von einem Elektro-, Gas-, oder Holzkohlegrill stammte.
Miedaner leitet seit März 2013 die Deutschland-Geschäfte bei Weber-Stephen und will wie sein Vorgänger Hans-Jürgen Herr ordentlich Gas geben. Herr hat gut vorgelegt. Seit mehr als fünf Jahren wächst der Umsatz in Deutschland jährlich im zweistelligen Prozentbereich. Diese Messlatte hat sich Miedaner auch für 2013 gelegt. Die Chancen stehen nicht schlecht. Die USA sind zwar der größte der 30 Märkte, in denen auf Weber-Grills gebrutzelt wird, doch auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz lodern die Gewinne. Zentraleuropa wird zunehmend wichtiger, bestätigt Miedaner. Welchen Anteil am weltweiten Umsatz von rund einer Milliarde Dollar der deutsche Markt hat, verrät er allerdings nicht. Nur so viel: "Weber erreicht in Deutschland einen Marktanteil im hohen zweistelligen Prozent-Bereich". Ein Geheimnis macht der frischgebackene Deutschland-Chef auch aus der Zahl der jährlich in Deutschland verkauften Grillgeräte. Es dürfte sich um eine fünfstellige Summe handeln. Auswahl gibt es schließlich genug. Grillfans können bei Weber zwischen mehr als 60 Grills und 200 Zubehörprodukten wählen. Tendenz steigend.
Die Marke Weber-Stephen ist definitiv heiß
Innerhalb kürzester Zeit ist es den Amerikanern gelungen, das Thema Grillen fast vollständig für sich allein zu besetzen. Das bekräftigt auch Holger Geißler vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov: "Weber-Stephen hat es in Deutschland geschafft, sich klar zu positionieren: Die Marke bedient den Trend zum Genuss-Grillen und schwimmt mit Testimonials wie Johann Lafer ganz oben auf der Welle mit." Dabei ist Weber erst seit 1999 mit einer eigenen Niederlassung in Deutschland vertreten - und dennoch schon auf dem besten Weg zur Kultmarke.
Konkurrenz? Die gibt es, doch sie ist kaum sichtbar. Da gäbe es etwa den kanadischen Hersteller Napoleon, die Marke Outdoor-Chef, die zum Schweizer Haushaltswarenkonzerns DKB Diethelm Keller Brands gehört oder Barbecook, eine Tochter der traditionsreichen belgischen SAEY Home & Garden Gruppe. Alle bieten hochwertige Grills im Preissegment von Weber, doch allen fehlt eben das besondere Etwas.
Eine Welt um den Grill errichtet
Auf dem Sprung von der Top- zur Kultmarke - ein Status den Firmen wie IT-Gigant Apple, die Motorradmarke Harley Davidson oder auch der Energy-Drink-Hersteller Red Bull für sich beanspruchen - sind lediglich die Amerikaner. Franziska Völckner, Professorin für Marketing und Markenmanagement an der Universität zu Köln, erklärt, wo der Unterschied liegt: „Marken, die Kultstatus besitzen, zeichnen sich durch einen sehr hohen emotionalen Erlebniswert aus, durch ein sehr starkes Gemeinschaftsgefühl unter den Verwendern und dadurch, dass die Marke in besonderem Maße Ausdruck eines bestimmten Lebensgefühls ist.“
Die Jünger werden selbst unterrichtet
Genau da setzt Weber an. Deutschland-Chef Frank Miedaner: „Bei uns steht das komplette Grillerlebnis im Vordergrund. Unsere Mission lautet: Hervorragende Produkte herstellen und dem Verbraucher zeigen, wie man damit ein genussvolles Erlebnis schaffen kann.“ Während andere also einfach nur Grills herstellen, und die Kundschaft dann sich selbst überlassen, baut Weber-Stephen eine ganze Welt des Grillens um die dreibeinigen Edelstahlkugeln auf. In der Weber-Grillakademie lernen jährlich bereits 40.000 Grilljünger wie man Fleisch, Fisch, Gemüse und sogar Kuchen auf dem Rost schmackhaft zubereitet - von Berlin bis Stuttgart. Weber zieht sich so in der gesamten Republik seine Kundschaft selbst heran.
Wer einmal "angefixt" ist, bekommt jährlich neue Anbauten und Zubehör für den heimischen Grill präsentiert. In diesem Jahr etwa einen Geflügelhalter sowie einen koreanischen BBQ-Grilleinsatz und - definitiv etwas für die Fortgeschrittenen - einen Ebelskiver-Einsatz, eine Art gusseiserne Rundpfanne mit Vertiefungen, in denen dänische Minipfannkuchen gebacken werden. Und dann gibt es da natürlich noch stapelweise Literatur. Angefangen bei "Weber's Grillbibel" - dem Bestseller mit mehr als 500.000 verkauften Exemplaren und seinen diversen Ablegern "Weber's Seafood", "Weber's Räuchern" oder "Weber's Burger", die allesamt aus der Feder des amerikanischen Grill-Gurus Jamie Purviance stammen.
Miedaner spricht von der Systemwelt und bekräftigt, richtige Fans wollten jährlich neues Zubehör, mit dem sie zum Beispiel ihren MasterTouchGBS upgraden können. Denn den Grill an sich schaffe man schließlich nicht jedes Jahr neu an, sondern für zehn Jahre oder länger. Und auch da sei für alle Alters- und Preisklassen etwas dabei. Vom Holzkohlegrill ab etwa 90 Euro, bis hoch zur Edelstahl-Outdoor-Küche für 7000 Euro. Es ist dieses Outdoor-Living-Lebensgefühl, das Weber vermitteln möchte. Der Garten wird immer mehr zum zweiten Wohnzimmer. Gartenmöbel ähneln Lounge-Mobiliar. Die alten Holzklappstühle wandern in den Keller. Marketing-Professorin Völckner: „Weber-Stephen ist auf einem guten Weg, einen hohen emotionalen Erlebniswert für die Marke zu schaffen.“
Eine Prise Provokation
Dass die Marke dabei auch ein wenig provozieren will, ist für Völckner nur ein weiteres Indiz dafür, dass sich Weber von der Durchschnitts- zur Kult-Marke mausert. In seinem hauseigenen Grillmagazin achtet Weber seit neuestem auf eine ganz eigene Bildsprache. Da kommen "echte Typen" vor, wie es Miedaner ausdrückt und der Tisch wird eben nicht perfekt gestylt gezeigt, sondern abgefressen wie er nach einer durchschnittlichen Grillnacht mit Freunden eben nun mal aussieht - inklusive abgenagter Knochen und jeder Menge Krümel. Miedaner will keine "heile Welt" und "Weißes-Tischtuch-Image", Weber soll für Genuss stehen. Durchaus eher männlichen Genuss, denn die Herren sind besonders affin für das Thema Grillen. Peter Pirck von der Brandmeyer Markenberatung stellt der US-Marke mit ihren bisherigen Bemühungen ein gutes Zeugnis aus: "Weber hat es geschafft ein Status-Symbol für Männer zu werden. Eine Rolle die bislang eigentlich Autos vorbehalten war."
Ein bisschen an die aktuellen Entwicklungen auf dem Automarkt erinnern auch die Pläne des Grillherstellers für die Saison 2014. Das städtische Grillen - neudeutsch "Urban-Grilling" - beschäftigt den Weber-Chef. Wie die Autohersteller bemüht sich Miedaner um neue, möglichst emissionsarme Lösungen für die Stadt. Mietern ist es oft verboten, auf ihrem Balkon einen Holzkohle- oder Gasgrill zu verwenden. Zum einen aus Sicherheitsgründen, zum anderen, weil sich Nachbarn am Rauch stören könnten. "Wir wollen noch mehr auf die elektrische Schiene setzen", verrät der Chef-Griller.
Wer jetzt denkt, damit auf den echten Grillgeschmack verzichten müssen, irrt. Blindverkostungen haben ergeben, dass die Probanden nicht unterscheiden konnten, ob das Fleisch auf einem Holzkohle-, Gas- oder Elektrogrill geröstet wurde. Alles eine Frage von ausreichender Hitze, erklärt der Weber-Chef und verspricht, dass seine Elektrogrills genügend Power mitbrächten. Zu den elektrischen Grills sollen außerdem ein paar kleinere Geräte kommen, die nicht nur für den urbanen, sondern für den Überall-Einsatz taugen. Egal ob im Park oder beim Zelten, kompakt und praktisch lautet das Motto für die Saison 2014.
Doch der Deutschland-Chef hat noch mehr Überraschungen. Wie eingangs angedeutet soll Testimonial Johann Lafer schon bald Gesellschaft bekommen. Frank Miedaner: „Im nächsten Jahr werden wir einen Markenbotschafter präsentieren, der sich sehr stark in Richtung Fußball positionieren wird“. Mehr möchte er allerdings nicht verraten.