Der Wein heißt wie das Gebirge Helan Mountain. Die Rebsorten: Cabernet, Merlot, Chardonnay. Der beste Wein ist der Xiao Feng, was so viel wie Berggipfel bedeutet. 3000 Sonnenstunden im Jahr führen zu hohem Zucker-, niedrige Temperaturen in der Nacht zu hohem Säuregehalt. Regen gibt es weniger als 200 Milliliter im Jahr, in Bordeaux sind es rund 700. Bessere Bedingungen findet man in China nicht.
Nur die Kälte im Winter ist ein Problem: Die Pflanzen müssen tief in die Erde eingegraben werden, um sie vor den Minusgraden zu schützen. Der Qualität schadet das nicht, im Gegenteil: Der Wein hat bisher 174 Auszeichnungen gewonnen, darunter 2014 den Chardonnay-Du-Monde-Preis und Gold beim deutschen Mundus-Vini-Preis.
Bevor der studierte Lebensmitteltechniker Hua das Angebot von Pernod Ricard bekam, hatte er ein unemotionales Verhältnis zum Produkt. Rotwein gilt vielen Chinesen noch immer als Medizin: in homöopathischen Dosen gesund, aber eher ein Mittel, um das Leben zu erhalten, als eines, um es schöner zu machen.
Deshalb sind 80 Prozent der verkauften Weine in China rot. Weißwein oder gar Sekt spielen kaum eine Rolle. Doch in China steht vor jedem Nicht ein Noch. Will heißen: Es gibt ein Riesenpotenzial für Schaumweine.
Chinesen trinken in großen Schlucken
Shen Yang leitet für den französischen Luxuskonzern LVMH ein Weingut in der Nähe von Pernod Ricard: drei Hektar Pinot Noir, drei Hektar Chardonnay. Ein australischer Architekt hat die quaderförmigen Gebilde entworfen, die jetzt Tanks, Büroräume und das Besucherzentrum beherbergen.
Der Blick fällt auf die Helan-Berge, hinter denen früher die mongolischen Reiterhorden und die Wüste lauerten. Die Wüste wächst in letzter Zeit wieder. Dafür ist die Wahrscheinlichkeit, dass drei Millionen Mongolen 1,3 Milliarden Chinesen überfallen, in den vergangenen 100 Jahren stark gesunken.
Yang öffnet eine Flasche Chandon und schenkt zwei Gläser ein. Der Sekt blubbert. „Man muss einen großen Schluck nehmen, um die Kohlensäure zu spüren“, sagt er und nimmt einen großen Schluck. „So wird es auch in China passieren!“
Yang studierte Finanzwissenschaften, als er in einem französischen Restaurant in Chengdu sein erstes Baguette aß und dazu ein Glas Wein trank. Sein Aha-Erlebnis. Er schmiss das Studium, zog nach Frankreich und studierte Önologie. Geld verdiente er sich in den Sommerferien auf französischen Weingütern.
2009 untersuchte LVMH die Bodenbeschaffenheit, 2012 wurde zum ersten Mal Wein geerntet. „Am Anfang war hier nichts – kein Wasser, kein Strom, nicht mal eine registrierte Firma“, sagt Yang. Er musste seine private Kreditkarte belasten, um nach Wasser graben zu lassen.
Chinesischer Wein hat nur im Hochpreissegment eine Chance
Heute richtet sich Chandon an die junge aufstrebende Mittelklasse. Seit diesem Jahr prangen chinesische Schriftzeichen auf dem Etikett. „Made in China ist nicht mehr stigmatisiert“, sagt Yang. „Wir dürfen ihn natürlich nicht so nennen, aber wir produzieren Sekt in der Qualität von Champagner.“
Tatsächlich blubbert er in Mund und Magen, schmeckt frisch, sauer und nach dem dritten Glas ist dann eh alles gut und möglich: die Sonne, die in der Wüste Gobi versinkt; der Geschmack im Mund; das Gefühl im Bauch. Mongolenhorden sind auch nicht in Sicht.
Momentan produziert das Weingut 10 000 Kisten à zwölf Flaschen im Jahr. Eine Flasche kostet umgerechnet knapp 25 Euro. Der Umsatz liegt also bei rund drei Millionen Euro. „Wir können problemlos mehr produzieren“, sagt Yang. „Dann kaufen wir eben Trauben dazu.“
Das Problem sei der Einzelhandel und der Vertrieb. Durch die hohen Preisaufschläge lohne sich der Verkauf in Supermärkten nicht. Deswegen fokussiert sich die LVMH-Marke Moët & Chandon in China auf angesagte Restaurants und Clubs. „Die europäischen Weinbauern bekommen viel mehr Subventionen“, sagt Yang. „Wir haben deswegen nur im Hochpreissegment eine Chance.“