Wein-Anbau Rotwein vom Rande der Wüste Gobi

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Kalte Winter gefährden die Weinpflanzen

Der Wein heißt wie das Gebirge Helan Mountain. Die Rebsorten: Cabernet, Merlot, Chardonnay. Der beste Wein ist der Xiao Feng, was so viel wie Berggipfel bedeutet. 3000 Sonnenstunden im Jahr führen zu hohem Zucker-, niedrige Temperaturen in der Nacht zu hohem Säuregehalt. Regen gibt es weniger als 200 Milliliter im Jahr, in Bordeaux sind es rund 700. Bessere Bedingungen findet man in China nicht.

Nur die Kälte im Winter ist ein Problem: Die Pflanzen müssen tief in die Erde eingegraben werden, um sie vor den Minusgraden zu schützen. Der Qualität schadet das nicht, im Gegenteil: Der Wein hat bisher 174 Auszeichnungen gewonnen, darunter 2014 den Chardonnay-Du-Monde-Preis und Gold beim deutschen Mundus-Vini-Preis.

Zehn überraschende Fakten über Wein
Sonnenkollektoren und WeineAuf den ersten Blick haben Sonnenkollektoren und Wein nur eines gemeinsam: Sie benötigen Sonne. Im Zuge eines Handelsstreits zwischen Europa und China sind beide aber nun noch enger miteinander verbandelt. Die Ankündigung der EU, Strafzölle auf Sonnenkollektoren zu verhängen, beantworteten die Chinesen mit der Ankündigung von Strafzöllen für Europäischen Wein. Ein herber Schlag wäre das für europäische Winzer, denn der Anteil chinesischer Kundschaft steigt kräftig, vor allem der für die teuren Roten. Beides ist passé – keine Zölle. Weder für Kollektoren noch für Wein. Quelle: dpa
Champagner-SchutzDer Münchener Michael Nieder steht als Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz nicht auf Anhieb im Verdacht, sich in der Kanzlei Klakla viel mit Champagner während der Arbeit zu beschäftigen. Tatsächlich aber verlieh ihm als zweiten Deutschen die Corporation des Vignerons e Champagne Saint-Vincent die goldene Ehrenmedaille. Verdient hat er sich diese Auszeichnung in 400 Rechtsfällen in den vergangenen 32 Jahren, in den Niedel das Markenrecht in Deutschland des Begriffs „Champagner“ schützte. Verhindert hat Niedel – ganz im Sinne der Franzosen – dass Produkte von Pflegemitteln bis zu Duftstoffen mit dem Zusatz „Champagner“ versehen werden. Quelle: Presse
Wein im BeutelSauerstoff ist der größte Feind des Weines, sobald er in der Flasche ist. Was dem Eisen der Rost, sind dem Wein die Noten, die er bekommt, wenn er oxidiert. Ein wenig Oxidation ist gewollt, beim jahre- gar jahrzehntelangen Reifen in der Flasche oder auch im Glas, damit er sich ein wenig ordnet. Doch eine geöffnete Flasche ist nicht lange gleich gut. Wein aus Beuteln in der 3-Liter-Größe sind für den ganz großen Durst. Genau am anderen Ende der Skala bewegt sich Oneglass. Eine Portion im Beutel, aufzureißen wie ein Sportgel. Für zwischendurch, zum Mitnehmen – und garantiert rostfrei. Quelle: Presse
Sylt-WeinIn diesem Bild ist kein Fehler versteckt. Und doch sieht es so aus. Auf der Homepage des Rheingauer Weinguts Balthasar Ress sind die gutseigenen Lagen verzeichnet. Und? Fällt etwas auf? Richtig. Keitum. Sylt. Kein Scherz, kein Versehen, keine komische Sache. Ress baut tatsächlich in dem possierlichen Dörfchen auf Sylt Wein an. Und er ist wohl nicht mal schlecht. Auf jeden Fall ist er rasch ausverkauft. Damit ist Sylt um einen weiteren Superlativ reicher: Nördlichstes Weinbaugebiet Deutschlands. Quelle: Presse
SchützenhilfeDer badische Winzer und Präsident des Fußballclubs SC Freiburg, Fritz Keller (rechts), pflegt schon seit einigen Jahren eine enge Partnerschaft mit dem Lebensmitteldiscounter Aldi. Unter Kellers Ägide bauen mehrere hundert Winzer mit teils winzigen Parzellen, die sie dem Erbrecht zu verdanken haben, den Wein so an, dass Keller seinen Namen dafür hergibt. Nun taucht ein weiterer großer Name in Deutschland auf. Michel Rolland, der als Weinberater im Bordeaux einige sehr renommierte und sündhaft teure Güter berät. Für Edeka in Deutschland ist Rolland nun tätig geworden und ist verantwortlich für eine Cuvée, die für unter 10 Euro weit weniger kostet als vieles, was Rolland sonst verantwortet. Quelle: dpa
WeinfotosKein Geld für teure Weine? Und keine Zeit, die sagenumwobenen Kellereien zu besuchen? An der Architektur der Weinkeller haben sich zahlreiche Fotografen abgearbeitet. Der Wiesbadener Fotograf Rafael Neff war in einigen der bekanntesten Weingüter der Welt unterwegs und hat die Keller mitsamt der Fässer als beeindruckend inszenierte Stillleben fotografiert. Die Bilder sind nicht günstig, werden aber im Gegensatz zu den Weinen beim Genuss nicht vernichtet. Quelle: KNA
Bekannte WinzerGerard Dépardieu. Francis Ford Coppola. Günter Jauch. Nein – haben alle etwas miteinander zu tun, auch wenn es zunächst nicht so scheint. Ihnen gehören Weingüter. Bei Fernsehmoderator Jauch ist es das renommierte Gut von Othegraven an der Saar. Die Toten Hosen haben zwar keinen eigenen Wein, aber mit dem „Weißes Rauschen“ vom Weingut Tesch an der Nahe einen Riesling, der zusammen mit ihnen produziert wurde. Quelle: dpa

Bevor der studierte Lebensmitteltechniker Hua das Angebot von Pernod Ricard bekam, hatte er ein unemotionales Verhältnis zum Produkt. Rotwein gilt vielen Chinesen noch immer als Medizin: in homöopathischen Dosen gesund, aber eher ein Mittel, um das Leben zu erhalten, als eines, um es schöner zu machen.

Deshalb sind 80 Prozent der verkauften Weine in China rot. Weißwein oder gar Sekt spielen kaum eine Rolle. Doch in China steht vor jedem Nicht ein Noch. Will heißen: Es gibt ein Riesenpotenzial für Schaumweine.

Chinesen trinken in großen Schlucken

Shen Yang leitet für den französischen Luxuskonzern LVMH ein Weingut in der Nähe von Pernod Ricard: drei Hektar Pinot Noir, drei Hektar Chardonnay. Ein australischer Architekt hat die quaderförmigen Gebilde entworfen, die jetzt Tanks, Büroräume und das Besucherzentrum beherbergen.

Der Blick fällt auf die Helan-Berge, hinter denen früher die mongolischen Reiterhorden und die Wüste lauerten. Die Wüste wächst in letzter Zeit wieder. Dafür ist die Wahrscheinlichkeit, dass drei Millionen Mongolen 1,3 Milliarden Chinesen überfallen, in den vergangenen 100 Jahren stark gesunken.

Yang öffnet eine Flasche Chandon und schenkt zwei Gläser ein. Der Sekt blubbert. „Man muss einen großen Schluck nehmen, um die Kohlensäure zu spüren“, sagt er und nimmt einen großen Schluck. „So wird es auch in China passieren!“

Yang studierte Finanzwissenschaften, als er in einem französischen Restaurant in Chengdu sein erstes Baguette aß und dazu ein Glas Wein trank. Sein Aha-Erlebnis. Er schmiss das Studium, zog nach Frankreich und studierte Önologie. Geld verdiente er sich in den Sommerferien auf französischen Weingütern.

2009 untersuchte LVMH die Bodenbeschaffenheit, 2012 wurde zum ersten Mal Wein geerntet. „Am Anfang war hier nichts – kein Wasser, kein Strom, nicht mal eine registrierte Firma“, sagt Yang. Er musste seine private Kreditkarte belasten, um nach Wasser graben zu lassen.

Chinesischer Wein hat nur im Hochpreissegment eine Chance

Heute richtet sich Chandon an die junge aufstrebende Mittelklasse. Seit diesem Jahr prangen chinesische Schriftzeichen auf dem Etikett. „Made in China ist nicht mehr stigmatisiert“, sagt Yang. „Wir dürfen ihn natürlich nicht so nennen, aber wir produzieren Sekt in der Qualität von Champagner.“

Tatsächlich blubbert er in Mund und Magen, schmeckt frisch, sauer und nach dem dritten Glas ist dann eh alles gut und möglich: die Sonne, die in der Wüste Gobi versinkt; der Geschmack im Mund; das Gefühl im Bauch. Mongolenhorden sind auch nicht in Sicht.

Momentan produziert das Weingut 10 000 Kisten à zwölf Flaschen im Jahr. Eine Flasche kostet umgerechnet knapp 25 Euro. Der Umsatz liegt also bei rund drei Millionen Euro. „Wir können problemlos mehr produzieren“, sagt Yang. „Dann kaufen wir eben Trauben dazu.“

Das Problem sei der Einzelhandel und der Vertrieb. Durch die hohen Preisaufschläge lohne sich der Verkauf in Supermärkten nicht. Deswegen fokussiert sich die LVMH-Marke Moët & Chandon in China auf angesagte Restaurants und Clubs. „Die europäischen Weinbauern bekommen viel mehr Subventionen“, sagt Yang. „Wir haben deswegen nur im Hochpreissegment eine Chance.“

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