Weinhandel Aldi macht sich für die Winzer hübsch

Jede vierte Flasche Wein, die in Deutschland verkauft wird, geht bei Aldi über das Laufband. Mit einem Pop-Up-Store sucht der Discounter die Nähe zum Kunden - und besorgt Fachhändler.

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Aldi Süd: Weinprobe in der Innenstadt. Der Discounter geht neue Wege in der Vermarktung. Quelle: Thorsten Firlus für WirtschaftsWoche

Der Schadowplatz in Düsseldorf, unweit der Königsallee ist üblicherweise ein seltsam leerer Ort. Schräg gegenüber vom Applestore hat nun Aldi-Süd einen provisorischen Pavillon aufgebaut. „Meine Weinwelt“ steht darüber. Drinnen können Kunden 12 Weine aus dem Standardsortiment des Mülheimer Discounters kostenfrei probieren.

Der „Pop-Up-Store“ ist Aldis erstes Projekt dieser Art in Deutschland. Mit ihm stiehlt der Händler der parallel stattfindenden Fachmesse ProWein ein wenig die Schau. Was der Discounter macht, wird von der gesamten Branche beachtet.

Ingo Panknin ist als Group Buy Director bei Aldi-Süd für den Einkauf aller Lebensmittel und damit auch dem Wein, verantwortlich. Im Interview spricht er über die Strategie des Billigheimers.

Deshalb ertrinken die Winzer im Konkurrenzkampf

Herr Panknin, der Weinabsatz in Deutschland stagniert. Der Lebensmitteleinzelhandel und die Discounter dominieren das Geschäft. Wer ist ihr Wettbewerber – die anderen Discounter, Supermärkte oder der Fachhändler?

Wir bieten 100 Artikel im Standard- und 200 Positionen im Aktionssortiment an. Das bedient sowohl das Einstiegssegment, wie auch den Premiumbereich – besonders in den Aktionen. Damit ist jede Art des Weinhandels unser Wettbewerb. Unser Schwerpunkt liegt sicher beim Lebensmitteleinzelhandel und im Discounter. Aber wir wollen auch eine Alternative zum Fachhändler sein.

Die Gastronomin und Weinpublizistin Christina Fischer sagt anlässlich der Eröffnung des Pop-Up-Stores in Düsseldorf, dass sich die Fachhändler warm anziehen müssen. Die zeichnen sich in der Regel durch höherpreisige Weine aus. Muss denen vor Ihnen bange sein?

Wir reden über zwei Konzepte, die gut nebeneinander existieren können. Der Fachhandel mit personalintensiver Beratung kann Verkostungen anbieten. Das ist dort Alltag - und nicht die Ausnahme wie für uns mit diesem Pop-Up-Store.

Der gar keiner ist, denn Store heißt Geschäft. Kaufen können Ihre Besucher hier nichts, nur probieren. Warum machen Sie das?

Es geht darum, dass wir dem Kunden die Gelegenheit geben wollen, das zu tun, was er in unseren Filialen nicht tun kann: zu verkosten. Hier kann der Weinkunde kommen und herausfinden, was für einen Weintyp er bevorzugt. Auch der Kenner kann unsere Qualität überprüfen. So haben wir ein Werkzeug, das uns jenseits des Verkaufs in Filialen erlaubt, Kontakt zum Kunden zu bekommen.

Bedeutet das, dass der Pop-Up-Store hier ab- und in der nächsten Stadt wieder aufgebaut wird?

Das ist als einmaliges Konzept geplant. Die Resonanz darauf ist gut. Lassen Sie sich überraschen von weiteren Aktivitäten.

Ist das Konzept des Pop-Up-Stores für Sie auch in anderen Produktgruppen denkbar?

Wir generieren eine Nähe zu den Kunden hier und damit ist so etwas tendenziell für alle Bereiche unseres Sortiments geeignet. Auf der anderen Seite haben wir keine Planung, das zu multiplizieren.

Zeitgleich zu Ihrer kleinen Hausmesse findet in Düsseldorf die weltgrößte Fachmesse ProWein statt. Sie stellen dort nicht aus, stehen stattdessen mit dem Pavillon in Düsseldorfs Innenstadt. Guerilla-Taktik?

Der Zeitpunkt ist natürlich nicht zufällig, da wir den Kenner und auch die Produzenten hier begrüßen wollen – aber eben auch unsere normalen Kunden. Mit denen wollen wir kommunizieren. Wir erwarten hier aber auch, aktuelle und neue Lieferanten zu treffen.

Wie viele Lieferanten hat Aldi denn? Immerhin sind sie nach Zahl der Flaschen der größte deutsche Weinhändler. Jede vierte Flasche, die verkauft wird, geht bei Aldi über den Scanner.

Die genaue Zahl, da bitte ich um Verständnis, teilen wir nicht mit.

"Wir verdienen Geld"

Neben dem Pop-Up-Store gibt es eine eigene Webseite zum Thema Wein, es gibt für ihr Sortiment Kooperationen, wie die Edition Keller, die der Winzer Fritz Keller aus Baden inhaltlich verantwortet. Warum bemüht sich Aldi so sehr um die Weinwelt? Was unterscheidet Wein von anderen Genussmitteln?

Wein ist für uns ein wichtiger Bereich, aber kein Primus inter pares. Wir haben beim Wein die Möglichkeit zu beweisen, dass beste Qualität zu besten Preisen möglich ist. Wir bekommen Testierungen, Zertifikate und den Zuspruch der Kunden.

Das würde mit Bier so nicht funktionieren?

In der Theorie wäre das denkbar – aber wir versuchen abzudecken, was der Kunde wünscht. Beim Wein ist der Wunsch nach Bandbreite und Vielfalt da. Als einer der wahrscheinlich erfolgreichsten Weinhändler Deutschlands haben wir eben den Wunsch vernommen, dass die Kunden Wein verkosten wollen.

Noch immer gilt Wein als kompliziert. Es gibt Seminare, Fachbücher und und und. Wollen Sie mit ihren 100 Artikeln und den Sonderaktionen auch Menschen an das Thema Wein heranführen?

Wir haben die Aufgabe, Qualität im Weinbereich zu demokratisieren. Deswegen haben wir die Bandbreite verschiedener Qualitäten und fühlen uns besonders dem deutschen Wein verpflichtet. Wir versuchen schon seit vielen Jahren auch sehr gute Qualitäten im Discount zu positionieren. Wir waren auch mit die Ersten, die im Segment Discounter Weine aus Deutschland zu diesen Preisen angeboten haben, die wir für die Edition Keller verlangen.

Verdienen Sie damit auch Geld?

Selbstverständlich verdienen wir damit auch Geld.

Wo die Deutschen ihren Wein kaufen

Gibt es einen roten Faden für Ihr Weinprogramm – ein Abbild der internationalen Weinwelt?

Wir versuchen, aus allen wichtigen Anbaugebieten der Welt etwas anzubieten. Und natürlich Neuigkeiten und Abwechslung. Bestimmte Anbaugebiete, die etwas unbedeutender für uns sind, werden eher als Aktion verkauft. Europäische und deutsche Weine sind eher unser Standardsortiment. Am Ende aber entscheidet der Kunde, ob ein Artikel im Sortiment verbleibt.

Sie bieten aber zunächst erst mal die Neuigkeit an.

Selbstverständlich - wenn wir von der Qualität der Weine einer Region überzeugt sind. Da sind zwei Dinge wichtig. Zum einen die Typizität. Wenn wir einen Pinotage aus Südafrika anbieten, dann soll er die Merkmale dieser Rebsorte in dem Land aufweisen. Zum anderen brauchen wir ein Preis-Leistungs-Verhältnis, das unseren Ansprüchen genügt.

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