Weltbild-Pleite Hugendubels können wählen zwischen Pest und Cholera

Die Buchhandels-Geschwister Nina und Maximilian Hugendubel haften mit Teilen ihres Privatvermögesn für einen Kredit der insolventen Weltbild-Gruppe. Es drängt sich der Eindruck auf, dass das schwächste Glied der Weltbild-Pleiten-Kette ausbaden soll, was Kirche und Verlagsgruppe eingebrockt haben.

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Die Geschwister und Buchhändler Maximilian und Nina Hugendubel haften nach Informationen der Süddeutschen Zeitung mit Teilen ihres Privatvermögens für einen Kredit des insolventen Weltbild-Verlags. Weltbild und Hugendubel gehören gemeinsam der Deutschen Buchhandels GmbH (DBH) an. Quelle: dpa

 

Das Timing war alles andere als gelungen: Wäre es nach ihrem Wunsch verlaufen, dann könnten die Münchner Buchhandels-Geschwister Nina und Maximilian Hugendubel heute die Vorgänge rund um die insolvente Augsburger Verlagsgruppe Weltbild deutlich gelassener, weil aus der Distanz beobachten. Denn zum Ende Januar, so der Plan, wollten sie sich mit ihren 77 eigenen Ladengeschäften verabschieden aus der 2006 mit Weltbild gegründeten Finanzholding DBH, an der Weltbild mit 50 Prozent beteiligt ist.

Viel haben sie gelernt in der Zeit: Wie Online-Handel funktioniert etwa. Und offenbar auch, wie wenig ihr Geschäftsmodell tatsächlich in weiten Teilen noch mit dem von Weltbild zu tun hatte, das den Augsburgern nicht zu Unrecht den Stempel vom „Bücher-Aldi“ bescherte. Hugendubels wollten dagegen an ihre Buchhändler-Tradition anknüpfen und die DBH verlassen – das abrupte Nein der Weltbild-Gesellschafter zum ebenso abrupt gestiegenen Finanzbedarf und der darauf folgende Insolvenzantrag vom 10. Januar machten allen Beteiligten einen Strich durch die Rechnung.

Nun hängen die Münchner mitten drin in den Insolvenz-Wirren und stecken in einer Zwickmühle, um die sie nicht zu beneiden sind: Wenn es richtig dumm läuft, dann missglückte ihnen nicht nur in praktisch letzter Minute die erhoffte Trennung von der DBH, was den Hugendubels und ihren 1700 Mitarbeitern eine neue unabhängige Perspektive verschafft hätte. Sie hätten zu allem Überfluss auch noch hunderte Weltbild-Filialen am Hals, die sie nicht brauchen, die nicht zu ihnen passen und um die sie sich dann doch kümmern müssten.

Die beteiligten Bistümer, der Eindruck drängt sich auf, machen Druck auf die Münchner Geschwister, ihnen die Bürde der Weltbild-Läden abzunehmen. Kirchen-Geld, das dazu dient, um den Geschäftsbetrieb der DBH aufrecht zu erhalten und gleichzeitig weitere Kredite von Banken zu ermöglichen, fließt nur dann, wenn die Hugendubels sich breit schlagen lassen.

Was käme auf sie zu?

Bleibt die DBH erhalten und gehen die Läden in den Besitz der Hugendubels über, steht das Konstrukt von Beginn an auf tönernen Füßen: Kaum ein Branchenkenner zweifelt daran, dass eine Sanierung der Weltbild-Kette unausweichlich ist.

Hugendubels müssten, nachdem sie ihren eigenen Unternehmensteil in den vergangenen Jahren bereits schmerzhaft restrukturiert und viele Mitarbeiter entlassen haben, erneut eine Rosskur starten – und stünden nach außen beinahe unausweichlich als diejenigen da, die es nicht schaffen, die Arbeitsplätze in den Weltbild-Läden zu erhalten. Von außen betrachtet sieht es für die Hugendubels so aus, als hätten sie die reichlich unattraktive Wahl zwischen Kugel oder Strick, Pest oder Cholera. Die Kirche dagegen würde sich mit dem Manöver einigermaßen aus der Affäre ziehen – sie zahlt ja im Zweifel einige Millionen, den Karren aus dem Dreck ziehen müssten die Hugendubels.

Fließt das Geld der Kirche nicht, droht auch der DBH die Insolvenz. Im Zuge der dann anstehenden Sanierung könnte man sich dann zwar von vielen schlicht nicht passenden Läden trennen. Doch ist dies gewiss kein Weg, den die traditionsreiche Unternehmerfamilie leichten Herzens gehen würde. Auch ihr guter Name würde leiden. Es droht großer Schaden für ihre Reputation und Glaubwürdigkeit bei Kunden und Lieferanten.

Wie man es dreht und wendet: Es drängt sich der Eindruck auf, das (finanz-) schwächste Glied der Weltbild-Pleiten-Kette solle am Ende ausbaden, was vor allem die kirchlichen Gesellschafter der Verlagsgruppe in den vergangenen Jahren durch ihre permanente Uneinigkeit, ihren mangelnden wirtschaftlichen Sachverstand und womöglich auch durch ihre ideologische Verbohrtheit angerichtet und versäumt haben.

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