Werbesprech

Warum dm ins Werbefernsehen zurückkehrt

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Beim Fakten-Ausblenden sind Werber groß

Vor solchen Irrtümern sind die größten Werber der Welt nicht gefeit. Marc Pritchard, Marketingchef von Procter & Gamble, äußerte sich jüngst in einem Interview mit den Worten „Jüngere Generationen wissen gar nicht mehr, was lineares Fernsehen ist“. Das mag korrekt sein, doch die meisten Käufer auch seiner Marken findet man jenseits der 50-Jahres-Grenze.

Die Werber blenden ein Phänomen aus, das jedem Branchenfremden bewusst ist: Die älteren Menschen jenseits der 50 besitzen längst die größte Kaufkraft. Sie erreicht man mit Werbung unverändert in Printmedien und im Fernsehen, weniger jedoch im Internet.

Erkannt haben das ausgerechnet die Digital-Vordenker aus Silicon Valley. Martin Krapf, Geschäftsführer der TV-Vermarkter-Initiative, sagte auf den diesjährigen Screenforce Days: „Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Google sind bald die größten TV-Werbekunden.“ Man möge sich ausnahmsweise ein Beispiel an ihnen nehmen.

Deutsche sind Video- und Safety-Muffel

Denn in Deutschland ticken die Uhren anders. Nach dem Online-Video Forecast der Agentur Zenith beläuft sich die weltweite Nutzung von Online-Videos derzeit auf täglich 84 Minuten, hierzulande sind es jedoch spärliche 35 Minuten.

Das Brand Safety-Risiko bei Onlinewerbung ist in Deutschland höher als in jedem anderen Land der Erde. Werbung im Netz bedeutet nicht nur ein Risiko durch Ad Fraud; auf das Netz kommen neue Regeln des Trackings zu. Das Setzen von Cookies, um die User auszuspähen, wird wohl in naher Zukunft nicht mehr erlaubt sein.

Die Internet-Konzerne fallen derweil weiterhin durch Verstöße gegen den Datenschutz auf. Google wird vorgeworfen, heimlich persönliche Daten an Werbekunden weitergegeben zu haben. Gleichzeitig wurden zuletzt 400 Millionen Telefonnummern aus Facebook im Netz veröffentlicht.

Rettung naht

Die Werbeindustrie sieht – obwohl sie ihr Werbegeld inkonsequent in digitale Kanäle verschiebt – eine gefährliche Erosion des Vertrauens. Unilevers Media-Chef Luis di Como beschreibt es so: „Unsere Verantwortung ist es, dieses Vertrauen in Werbung und die Gesellschaft als Ganzes wieder zurückzubringen.“

Die Schere zwischen der virtuellen und realen Werbewelt klafft weiter auseinander. So lange, bis die Online-Enthusiasten in einer Parallelwelt erwachen, die mit der Wirklichkeit der Verbraucher nicht mehr viel zu tun hat.

Im gleichen Atemzug starten zwei neue TV-Kampagnen, die als bahnbrechend gelten. Hornbach kommt mit einem regelrechten Liebesfilm. Und BMW glänzt mit einer wahren Geschichte um eine DDR-Flucht mit einer Isetta. Solange es noch solche TV-Werbung gibt, ist nicht alles verloren. Nicht das Medium TV. Und nicht die Werbung.

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