Werbesprech
Quelle: imago images

Nachhaltige Mediapläne sind das Gebot der Stunde

Nachhaltigkeit in der Werbung steht heute auf jeder Marketing-Agenda. Die Möglichkeiten, Emissionen zu senken, sind vielfältig. Der größte Verursacher ist dabei die Mediastrategie selbst. Eine Kolumne.

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„Für drei Viertel der CMOs in der DACH-Region hat Nachhaltigkeitsmarketing höchste Priorität. Aber: Fast 70 Prozent sehen hierbei noch großen Nachhol- und Beratungsbedarf in ihren Unternehmen.“ Mit diesem Tweet zitierte „Markenartikel“, das Magazin des Markenverbandes, kürzlich die Erkenntnisse einer Umfrage der Agentur Serviceplan. Es beschreibt die Situation sehr gut. Das Thema Nachhaltigkeit ist in den Unternehmen angekommen. Nur bei der Umsetzung stehen die Marketingverantwortlichen offenbar erst am Beginn.

Entsprechend gefüllt sind die Medien derzeit mit dem großen Thema. In „Absatzwirtschaft“ entdecken wir einen Gastbeitrag über die Prinzipien nachhaltiger Markenführerschaft und den Hinweis: „Nachhaltigkeit ist kein Endzustand, sondern eine Reise, auf der man unterwegs ganz ehrlich von seinen Fort- und Rückschritten erzählen sollte – so, wie es die dänische Hautpflegemarke Nøie tut. Diese leitet ihren Impact Report mit den Worten ein: ‚And while we made a lot of progress in 2021, you can also read about where we have failed and where we need to do better in the future.‘“

In „Adzine“ geht Alexander Weißenfels von Adform das Thema größer an, erinnert an die Bedeutung der ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance) und wie wichtig transparente Kommunikation und soziale Verantwortung sind. Doch hier liegt bereits die augenblickliche Problematik: Wie wichtig das Thema ist, ist den meisten Verantwortlichen bewusst – nicht aber, wo sie am besten und vor allem praktisch ansetzen können.

Die Wirtschaftswelt muss nachhaltiger werden. Anleger können davon profitieren: Indem sie sich in besonders schmutzigen Branchen umschauen – und dort grüne Vorreiter identifizieren.
von Philipp Frohn, Martin Gerth, Julia Groth, Jan-Lukas Schmitt

Strapazierte Budgets strapazieren die Umwelt

Praxisnäher geht Christian Zimmer von Teads in seinem Adzine-Beitrag vor, wenn er dort auf den enormen Energieverbrauch digitaler Anzeigen hinweist: „Marken und Unternehmen liefern digitale Werbung aus, die oftmals die Zielgruppe nicht im gewünschten Maß erreicht oder die nicht in der Lage ist, ausreichend hohe Aufmerksamkeit zu erzielen. Diese Werbung läuft dann ‚ins Leere‘. Das strapaziert nicht nur die Marketing-Budgets von Unternehmen, sondern schadet auch der Umwelt, da die Werbemittel häufig nicht optimal auf die jeweiligen Medien-Touchpoints zugeschnitten sind.“

Aber auch: „Werbung, die nur auf einen reduzierten Energieverbrauch setzt, ist immer noch keine ‚grüne Werbung‘. Dazu sind auch hocheffiziente, kreative Prozesse erforderlich. Durch sie gewährleisten maßgeschneiderte Kampagnen an jedem Medien-Touchpoint eine gezielte Verbraucheransprache.“

Gezieltere Werbung ist die falsche Lösung

Für ihre Studie „Green Media 2.0“ befragte die Agentur Annalect Verbraucher, aber auch werbungtreibende Unternehmen: „Danach gefragt, wie klimaneutrales Marketing oder nachhaltige Werbung weiter vorangetrieben werden können, nennen die Entscheider Maßnahmen, wie etwa die Produktion von Werbemitteln aus recycelten Materialien, klimaneutral produzierte Drucksachen, gezieltere Werbung, bis hin zur Minimierung digitaler Verschmutzung oder klimaneutral gehosteten Webseiten.

Gezieltere Werbung klingt hierbei natürlich äußerst logisch, steht aber im scharfen Kontrast zur Ablehnung von Hypertargeting und – zumindest im rein digitalen Raum – dem Wegfall des Third-Party-Cookies, der personalisierte Werbung in Zukunft deutlich erschweren wird. Dahinter steht sicherlich der Gedanke, Streuverluste zu minimieren, um Energie zu sparen.“

Wir kommen der Sache langsam näher. Unter der Headline „Klimakiller Internet“ erinnert ein FAZ-Artikel daran, dass unsere Daten mehr CO2 verursachen als der internationale Flugverkehr: „Wenn ein Jugendlicher jeden Tag drei Stunden Internetfilme schaut, verursacht das im Jahr mehr CO2-Emissionen als ein Flug von Frankfurt nach New York. Drei Stunden sind der Durchschnittswert, den deutsche Jugendliche laut einer DAK-Studie mit Internetfilmen verbringen.“

Unsere Daten und die Mediennutzung sind somit eines unserer ganz großen Probleme. Das alleinige Bashing des Internets und der Internetwerbung bringt uns der Lösung jedoch nicht weiter.

Vermeiden statt kompensieren

Unternehmen, die von Marketing und Werbung verursachte CO2-Emissionen senken wollen, stehen vor einem Füllhorn an Möglichkeiten: Es beginnt bei der Verpackung und beim Verzicht auf Mogelpackungen. Unendliche Möglichkeiten finden sich in der Kreation und Produktion der Werbemittel, beim Dreh von Werbespots, zum Beispiel beim Dreh im Inland statt in Südafrika.

Wichtig ist dabei das deutliche Senken beziehungsweise der Verzicht auf schädliche CO2-Emissionen. Was banal klingt, bekommt eine Bedeutung, wenn man Kompensationszahlungen als Mittel zum Zweck ausschließt. Es geht nicht darum, sich von seiner Schuld freizukaufen – damit ist der Umwelt nicht gedient – sondern darum, die Klimakiller zu identifizieren und auszuschalten. Also: vermeiden statt kompensieren.

Jährlich vergibt die Verbraucherzentrale den Preis für die „Mogelpackung des Jahres“. Zum Betrug am Verbraucher kommt dieses Jahr der Vorwurf hinzu, Umwelt und Natur zu betrügen. Und große Marken sind ganz vorne dabei.
von Thomas Koch

Den nachhaltigsten Weg zur Rettung von Klima und Umwelt aus Sicht des Marketings hat die Branche dabei noch nicht einmal ins Spiel gebracht: den Mediabereich, die Auslieferung der Werbung in den Medien. Das Ziel muss sein, Medien für die Kampagne einzusetzen, die umweltfreundlicher sind, weniger Emissionen ausstoßen, aber dennoch die Leistung der Kampagne nicht schmälern.

Viele setzen derzeit die Medien unter Druck und fordern von ihnen mehr Umweltschutz. Burda ist ein Beispiel, wie das Thema von den Medien umgesetzt wird. Das gelingt jedoch auch, ohne die Verantwortung auf andere abzuladen. Noch wirksamer ist es, wenn Agenturen und Mediaplaner eigenverantwortlich handeln.

„Grüne“ Medien

Der „Green GRP-Rechner“ der Agenturgruppe Serviceplan und Mediaplus in Zusammenarbeit mit Climate Partner ist ein Instrument, das Transparenz schafft. Er ermittelt den CO2-Abdruck jeder Kampagne anhand der eingesetzten Medien und des Werbedrucks (Gross Rating Point) je Medium. Hiermit können Werbungtreibende und Mediaplaner schon vor Entwicklung der Mediastrategie und des Media-Mix ausrechnen, wie hoch der CO2-Abdruck der Mediakampagne würde und im Zweifel Alternativen suchen.

Im intermedialen Vergleich der CO2-Emissionen je 1000 Kontakte zeigen sich für die Medien sehr große Unterschiede. Printmedien stoßen ca. 8-10.000 Gramm CO2 aus, TV immerhin 921, Online-Video 688, Radio aber nur 69 Gramm und Digital-Out-Of-Home-(DOOH)-Screens lediglich 5-6 Gramm je 1000 Kontakte. (Transparenzhinweis: In der Ursprungsversion standen überholte Daten, wir haben die Werte zum CO2-Ausstoß aktualisiert)

Quelle: IDOOH

Das muss nicht als Aufforderung verstanden werden, bei künftigen Kampagnen auf Magazine zu verzichten, denn dieser Markt wird von Protagonisten wie Bertelsmann selbst vernichtet. Es ist jedoch eine Aufforderung, den Media-Mix zu überdenken und auch Medien wie TV oder Online dort, wo sie Wirkung verlieren oder vermissen lassen, beispielsweise durch Medien wie Radio oder Außenwerbung/DOOH zu ergänzen.

Win-Win für alle

Ein Beispiel: Eine durchschnittliche TV-Kampagne erzeugt 750 Millionen Kontakte und stößt damit 500 bis 600 Tonnen CO2 in die Luft. Die gleiche Menge Ad Impressions bringt es bei Online Video auf 100 Tonnen CO2. Kürzt man TV und Online und ersetzt ein Drittel der Kontakte durch DOOH-Medien, erspart man der Umwelt 200 Tonnen CO2, steigert obendrein die Reichweite der Kampagne und die Effizienz sogar beträchtlich. Win-Win für Umwelt und Kampagne. Umweltfreundlichere Kampagnen sind somit ein Gewinn für alle.

Das erkennen immer mehr Unternehmen. JobRad, Erfinder und Marktführer im noch jungen Dienstfahrrad-Leasingmarkt startet demnächst die erste Werbekampagne. Wiebke Reißig, Teamleiterin Advertising und Social Media bei JobRad: „Das Thema Green Media beschäftigt uns sehr, da Nachhaltigkeit in unserer DNA liegt. Über reine Kompensation nachzudenken, verbietet sich für uns. JobRad bringt Menschen aufs Rad und nachhaltige Mobilität voran, dafür gilt es verantwortungsbewusst Aufmerksamkeit zu schaffen. Da kommt es zum Beispiel schon auf Sekunden bei Videoformaten an.“

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Dieser Werbesprech wendet sich daher explizit an die 70 Prozent aller Marketingentscheider, die beim Thema Nachhaltigkeit Nachhol- und Beratungsbedarf in ihren Unternehmen sehen. Jetzt können sie handeln.

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