Werbesprech

TV-Werbung aus der Hölle

Deutsche Unternehmen investieren jährlich mehr als vier Milliarden Euro in TV-Werbung. Warum die erwünschte Wirkung oft ausbleibt? Die deutsche TV-Werbung ist einfach grottenschlecht.

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Die deutsche TV-Werbung ist grottenschlecht. Quelle: dpa

TV-Werbung gilt seit jeher als Fundament erfolgreicher Kampagnen. Werden Verbraucher befragt, an welche Werbung sie sich erinnern, fällt ihnen meist Fernsehwerbung ein. Eine Marke, die im Flimmerkasten wirbt, gilt als groß und erfolgreich. Und der Handel nimmt neue Produkte bereitwillig in die Regale auf, wenn diese im TV beworben werden.

Jeder Deutsche verbringt täglich fast vier Stunden vor dem Fernseher und lässt die Reklame über sich ergehen. Angeblich finden wir sie grässlich und keiner guckt hin. Doch fast jeder kennt die neuesten Spots und kann viele Jingles auswendig. Die Werber haben im Laufe der Zeit mehr oder minder subtile Methoden entwickelt, damit wir ihren Filmen nie ganz ausweichen können.

Das Kölner Institut Heart.facts hat nun in „Werben & Verkaufen“ sieben verschiedene Werbespot-Typologien vorgestellt und dabei ihre Wirkung mit tiefenpsychologischen Interviews und Lügendetektoren überprüft. Das Ergebnis ist spannend, weil die Analyse zeigt, welche Marken das TV-Metier beherrschen - und welche scheitern.

Diese Slogans kapieren die Deutschen nicht
Wirkung englischer und deutscher Werbesprüche Quelle: Screenshot
In Sachen Unverständlichkeit liegt Bayer relativ weit vorn. Quelle: Screenshot
Wrigleys hätte sein "Taste The Rainbow" gerne als "Schmecke den Regenbogen" verstanden Quelle: Screenshot
Mit dem Werbeslogan für die Lindt-Schokolade HELLO hatten die Deutschen so ihre Probleme. Quelle: Screenshot
Die Werbebotschaft von Hugo Boss - "Red means Go" - "Rot steht für los" übersetzten 19 Prozent der Befragten richtig. Quelle: Screenshot
"Beauty with an edge" heißt es bei der Kosmetikmarke Urban Decay aus den USA Quelle: Screenshot
"Eau My Gold!" - dieser Werbespruch soll den Duft - das "Goldwasser" - von Paco Rabannes "Lady Million" verkaufen. Quelle: Screenshot

Typ 1: Drama

In diesem Spot-Typ steht die Marke im Mittelpunkt. Die Werbung inszeniert einen Konflikt, den sie sogleich auflöst. Mercedes macht das gekonnt. Im Rama-Spot mit dem Butter-Jungen und dem Rama-Mädchen dagegen wird zuvor kein Konflikt aufgebaut und die Stimmung kippt zum Schluss.

Typ 2: Animateur

Hier tritt in der Hauptrolle eine Kunstfigur auf, die das Produkt empfiehlt. Mobilcom-Debitel gelingt das mit „Costa Fastgarnichts“ noch einigermaßen, Apollo Optik tarnt einen Journalisten als Promoter und bleibt emotional platt. Am Ende macht er „alles kaputt“.

Typ 3: Erzähler

Der „Erzähler“ lebt von Geschichten aus dem Leben. Wenn der Smart dem scheinbar überlegenen SUV den Parkplatz wegschnappt, wird er zum Helden. Bacardi inszeniert seine eigene Geschichte - allerdings ohne wirklichen Höhepunkt und lässt den Betrachter damit skeptisch zurück.

Typ 4: Therapeut

In diesem Spot-Typ wird die Marke zum Problemlöser. Hohes C etwa zeigt augenzwinkernd elterliche Konflikte mit Kindern und präsentiert sich („Wer mild trinkt, kann nicht sauer sein“) als sympathische Marke. HUK Coburg bleibt beim gleichen Versuch konfliktlos, langweilig und irrelevant.

Typ 5: Provokateur

Der Provokateur überschreitet Grenzen und projiziert unsere heimlichen Wünsche auf das Produkt. Leerdammer zelebriert seinen Käse als attraktiven, erotischen Liebestanz. Tchibo misslingt dies mit seinem „Black `N White“-Spot dagegen auf ganzer Linie. Die Forscher konstatieren: „Diesen Kaffee braucht kein Mensch.“

Typ 6: Vorbild

Hier findet sich der Kunde im Mittelpunkt des Geschehens. Otto zeigt Gorillas im Nebel, eine Frau, die nur Augen für den Fummel des Versenders hat und mit der sich die Zuschauerinnen identifizieren. Ganz anders Amorelie: Man präsentiert zwar Abwechslung im Bett, ausgerechnet der Online-Sexshop hinterlässt jedoch eine „Nullnummer ohne Höhepunkt“.

Typ 7: Lehrerin

Zuletzt die „Lehrerin“, die uns die Welt erklärt. O2/E-Plus führen ihre Netze zusammen und zeigen lehrreiche und zugleich relevante Analogien. Fol Epi gelingt das nicht. Die Bilder von Genießern, die ihren Käse ausgiebig streicheln und liebkosen, wirken eher verwirrend.

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