Werbesprech

Das neue Grauen heißt Echo

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Werbe-Overkill programmiert

Natürlich wird die Werbung alle Möglichkeiten nutzen, die ihr die neuen, digitalen Assistenten bieten. Fragen wir Alexa, ob im Fernsehen ein Krimi kommt, wird sie womöglich antworten: „Im Augenblick leider nicht, aber ich hätte für dich einen Rabattcode für das Krimi-Paket von Sky. Das Angebot von RTL Crime kann ich auch wärmstens empfehlen.“
Noch spannender für die Werbung wird es, wenn erst der Assistent mit dem mitdenkenden Kühlschrank vernetzt ist. Angenommen, Sie sitzen in der Küche und lassen sich von Google Home ein Rezept vorlesen. Sogleich meldet ihr digitaler Alleswisser, dass dafür einige Zutaten im Kühlschrank fehlen und schlägt vor, dass sich ihr Samsung Family Hub RB7500 auf Einkaufstour begibt. Es gäbe derzeit bei Edeka Sonderangebote, die sehr verlockend klingen…

Es besteht angeblich die Gefahr, dass die digitalen Helfer uns mit der Zeit sogar manipulieren. Sie verändern unsere Sicht auf den Markt, auf Marken - und sogar auf Politik und Gesellschaft. Die Rede ist bereits von signifikanten, aber beunruhigenden sozialen, politischen und wirtschaftlichen Bedenken gegen die Assistenten. Am Ende würden viele Menschen das Denken komplett einstellen. Das klingt zwar nach Verschwörungstheorie, ist jedoch durchaus ernst zu nehmen.

IoT, das Internet of Things, birgt ohnehin eine größere Bedrohung, als sich hinter einem mitdenkenden Kühlschrank vermuten lässt. An der DDos-Attacke, die im Oktober das US-Internet an der Ostküste in Teilen lahmlegte, waren Millionen von vernetzten Geräten beteiligt, die sich die Angreifer zunutze machten.

Lustig wird es allerdings, wenn man die beiden Assistenten Alexa und Home aufeinander loslässt. Bei einer Versuchsanordnung triggerte der YouTuber Adam Jakowenko die Geräte mittels eines Kalendereintrags. Die beiden Lautsprecher gerieten in eine Endlosschleife und führten ein bemerkenswert schräges Zwiegespräch miteinander.

Das Grauen hat einen Namen

Die Marketingbranche befasst sich längst mit der Frage wie diese künstliche Intelligenz Werbung und Vertrieb verändert und wie sie die neuen Segnungen einsetzen können.
Oliver Goethals von Sapient Razorfisch empfiehlt den Marken angesichts von Echo und Home sofort mit KI-Experimenten zu beginnen. Es sei wichtig, stringent über alle Kanäle zu kommunizieren. In der dialogbasierten Sprachinteraktion jedoch „haben Banner- und Videowerbung nichts zu suchen. Neue Formen von Marketing wie ‚Conversational Commerce‘, die es Kunden erlauben, über Sprache oder Chat mehr über ein Produkt zu erfahren und im Anschluss auch direkt zu kaufen, werden hier Erfolg haben.“
Das hat gerade noch gefehlt: Conversational Commerce. Das, liebe Werbung, geht definitiv zu weit. Ich habe keine Lust, nun auch noch von meinem Kühlschrank mit Werbung zugemüllt zu werden. Oder von einem Lautsprecher im Wohnzimmer, der jedes Gespräch mit „relevanten“ Sonderangeboten unterbricht.
Da lobe ich mir den süßen, kleinen Roboter, der mich demnächst bei Pizza Hut empfängt und mir einen Tisch zuweist. Das muss reichen.

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