Werbesprech

Die Werbung „danach“

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Werbewirkung statt Fake News

Während der Krise stieg nicht nur die Mediennutzung, sondern auch die Aufmerksamkeit für die (weniger gewordene) Werbung. Eine Studie der „Ad Alliance“ schlussfolgert: „Die deutlich stärkere Wahrnehmung von Werbung über alle Branchen hinweg zeigt, dass Unternehmen, die ihr Werbeengagement weiter beherzt forcieren, langfristig profitieren können. Viele der Produkte, die beworben werden, stehen für Konsumgewohnheiten und schaffen damit eine Verknüpfung zur Normalität, nach der sich derzeit jeder sehnt.“

Der Studie zufolge ist die Werbeerinnerung um ein Drittel gestiegen. Möglicher Grund dafür ist die deutlich gestiegene Nutzung klassischer Medien wie Fernsehen, Radio und Zeitschriften. Für die Markenwerber sind das gute Nachrichten, zumal die Relevanz der reaktionssicher aus der Tasche gezauberten „Danke“-Kampagnen schnell wieder in sich zusammenfiel.

Viele Verbraucher haben während der Krise gelernt, dass die seriösen Nachrichten und Informationen aus den klassischen Medien stammen. Viele der digitalen Kanäle haben dabei das Nachsehen, dank Plattformen wie Facebook und WhatsApp, die sich als Fake-News-Schleudern erweisen und die Verbreitung von Verschwörungstheorien nicht in den Griff bekommen.



Die digitalen Werbemedien, ohnehin wegen nachlassender Werbewirkung und irreführender Daten in der Kritik, werden nach der Krise kaum wie Phönixe aus der Asche steigen, sondern eher einen weiteren Dämpfer erhalten. Die Werbekunden werden stärker denn je auf erwiesene Aufmerksamkeit und Werbewirkung achten. Gewinner sind eindeutig die Qualitätsmedien, offline wie online.

Kreativität statt KPIs

Im Interview der Branchenzeitung „Horizont“ brachte es Markus Biermann, Gründer der Mediaagentur Crossmedia auf den Punkt: „Es kann durchaus sein, dass wir nach der Coronakrise zur Normalität zurückkehren. Ich persönlich halte ein anderes Szenario für wahrscheinlicher. Ich glaube, dass sich Corona mit Greta paart.“ Marken, so Biermann, gelänge es immer weniger, sich zu differenzieren: „Die Optimierung der KPIs trägt kaum etwas zu den übergeordneten Unternehmenszielen bei. Der Preis dafür ist eine zunehmende Unsichtbarkeit von Marken. Was fehlt, sind Kreativität und Differenzierung gegenüber anderen Marken.“

Die Krise wäscht der Werbebranche gehörig den Kopf. Sie hat aber auch reinigende Kraft. Sie gibt Unternehmen und Markenverantwortlichen nun reichlich Zeit und Gelegenheit, nachzudenken: Über ihre Haltung, Nachhaltigkeit, über die sinnstiftende Kommunikation der Zukunft - und über einen kreativeren Umgang mit ihrer Kommunikation.

Die Stunde der Kreativen hat geschlagen. Der Kreativen in Marketing und in den Werbe- und Mediaagenturen. Wer diesen Forderungen nicht nachkommt und die Bedürfnisse und Gefühlslage der Verbraucher nicht spätestens jetzt ernstnimmt, wird tatsächlich zum Verlierer der Krise. Wer sich jedoch mit der Gesellschaft wandelt, wird gewinnen. Jeder ist nun seines Glückes Schmied.

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