Werner Knallhart

5 Mega-Umbrüche, die Rewe, Edeka, Lidl und Aldi erzwingen könnten

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2. Zucker reduzieren

Die Zuckerindustrie hat Jahrzehnte lang erfolgreich das Fett verteufelt. Heute wissen wir: Zu viel Zucker macht uns mindestens so krank. Wir essen auch deshalb so viel Zucker, weil wir darauf konditioniert sind. Hier haben sich Verbraucher, Handel und Verarbeiter in die Zuckerfalle begeben.
Grillsoßen haben mit 18 Prozent mitunter so viel Zucker wie Dessertsoßen. Die als Frühstücksflocken getarnten Smacks von Kellogg´s haben mit 34 Prozent mehr Zucker als die Schwarzwälder Kirschtorte von Coppenrath & Wiese mit 21 Prozent. Aber ein Verbrauchertest bei REWE hat vor einiger Zeit ergeben: Durften die Kunden zwischen drei Schokopudding-Varianten wählen – die handelsübliche mit viel Zucker, eine reduzierte und eine mit ganz wenig Zucker – haben die meisten Tester die mittlere Variante bevorzugt. Kein Wunder auch, dass die Proteinpuddinge so boomen (die in den schwarzen Bechern). Sie sind nicht so süß.

Der deutsche Einzelhandel könnte also gemeinsam mit den Herstellern den Zucker ausschleichen. Coca-Cola macht es vor: In Deutschland hat die Sprite 8,1 Prozent Zucker. In der Schweiz 1,9 Prozent. Die normale Sprite wohl gemerkt, nicht die Zero. Die hat zero.

3. Bargeld abschaffen

Die Cash-Logistik ist teuer und unhygienisch. Nicht umsonst wurden in der Corona-Krise allerorten Schilder an die Plexiglas-Wände geklebt: Kartenzahlung bevorzugt. Der Handel könnte dies nach Ende der Pandemie weiter proklamieren, etwa mit Rabatten oder Sonderkationen für Kartenzahler. Wenn die großen Einzelhandelsketten dies forcieren, werden die Gastronomie und die Wochenmärkte am Ende nachziehen müssen.

4. „Cerealien“ zum Kuchen stellen

Die Einordnung von Produkten im Regal suggeriert bei den Kunden auch eine Kategorien-Nähe zu denen daneben. So lassen wir uns leicht manipulieren. Das lässt sich sehr einfach nach Belieben variieren. Keiner würde die Dosen mit dem Thunfisch beim Katzennassfutter erwarten, obwohl eine gewisse Vergleichbarkeit sowohl beim Inhalt wie auch der Portionierungsgröße, der Art der Verpackung und dem Nährwert besteht. Aber es soll eben gerade keine gedankliche Verbindung hergestellt werden.

Ganz im Gegenteil dazu werden Kellogg´s Smacks, Nestlés vom Schokoriegel abgeleitete Lion Cereals oder gebackenes Haferflocken-Krokant Marke Dr. Oetker Vitalis schön neben die puren Haferflocken und Müslis einsortiert. Weil dort gerade die Vergleichbarkeit gewünscht ist. So als gesundes Frühstück. Dabei wären die genannten Produkte ihrem Fettgehalt, Zuckergehalt und ihrem Verarbeitungslevel nach bei Keksen und Kuchen genau richtig einsortiert. Smacks und Co. sind ungesunde Genussmittel. Kindern diese als Start in den Tag vorzusetzen, ist einfach Abfüttern mit Kalorien. Ein Schlag für die Bauchspeicheldrüse. Der Handel sollte hier auf der Seite der Kunden stehen. Und mit offenen Karten spielen. Er hätte die Macht.

5. Elektromobilität vorantreiben

Viele Autokäufer zögern noch bei der Anschaffung eines Elektro-Autos, weil sie eine ordentliche Lade-Infrastruktur vermissen. Dabei hätte der Handel riesige Flächen zu vergeben. Ihre Kundenparkplätze. Die ersten Ladestationen gibt es schon hier und da – sogar mit Kooperationen mit Car-Sharing-Anbietern. Aber als Booster für die E-Mobilität haben sich die Marktketten noch nicht so richtig hervorgetan. Stromkosten mit dem Einkauf verrechnen, Parkplätze nachts nicht absperren und zum Laden offenlassen, E-Auto-Abos wie bereits schon heute Handy-Verträge oder Mietfahrräder anbieten (Übergabe des Wagens dann bequem auf dem Kundenparkplatz). Vielleicht ja mit kostenlosem Parken auf allen deutschen Kundenparkplätzen rund um die Uhr.

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Unterm Strich: Fast jeder von uns geht bei unseren großen Ketten einkaufen. Lidl, Aldi, Rewe und Edeka sind Teil unserer Alltagswahrnehmung. Ihr Auftritt prägt unsere Sicht auf die Dinge. Ein bislang noch nicht vollends geborgener Schatz an Strahlkraft, vielleicht ja sogar mit mehr als EU und BVerfG zusammen. Und als die Bundesregierung sowieso.

Mehr zum Thema: Marcus Werner schreibt über die alltäglichen Nebensächlichkeiten in der Wirtschaft, die es wert sind, liebevoll aufgeblasen zu werden. Hier finden Sie seine Kolumnen-Übersicht.

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