Werner knallhart

Konsumdisziplin: Zügeln Sie sich doch mal!

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Die Gegenargumente

1. „Cola light schmeckt zu bitter." Ich sage: Warum nicht mal versuchen, ein halbes Kilo reinen Zuckers einzusparen, indem man sich weniger anstellt?

Bekanntlich gewöhnt man sich an vieles: Die Vibration einer Schallzahnbürste ist am ersten Tag kaum im Mund zu ertragen, nach einer Woche merkt man kein störendes Kitzeln mehr. Wer durchgängig mit weniger Salz kocht, vermisst irgendwann das viele Salz nicht mehr.  Und so geht es ganz vielen auch mit Cola light. Der Geschmackssinn stellt sich um. Und die Firma Coca-Cola kommt einem mit ihren Colas da ja auch entgegen. Coca-Cola gibt es als light und als ebenso zuckerfreies Zero. Zero schmeckt deutlich weniger bitter - viele würden sagen: süßer. Das kommt Zuckerfreunden doch entgegen. Ich sage Ihnen: Nach zwei Wochen schmecken Sie kaum einen Unterschied mehr. Wenn überhaupt. 

2. „Süßstoffe machen Krebs.“ Die Weisheit stammt aus Zeiten, in denen es noch hieß: Eigelb ist schlecht für den Cholesterinspiegel. Die üblichen Mengen an Süßstoffen in Cola gelten bei Erwachsenen als unbedenklich. Das sagen mehrere Einrichtungen auf der ganzen Welt. Selbst das einst umstrittene Aspartam. Man müsste als 70 Kilo schwerer Mensch täglich schon mehr als zwei Kisten Cola light trinken, um den von der EU für Aspartam empfohlenen Grenzwert von 20 mg pro Kilo Körpergewicht regelmäßig zu reißen. Selbst ein Kind könnte täglich anderthalb Liter zuckerfreie Cola trinken, und käme nicht über den Grenzwert (wäre dann aber schon in jungen Jahren ein Koffein-Junkie). Allein als Alternative für Diabetiker ist zuckerfreie Limo umstritten. 

In meinem Umfeld haben in den letzten Jahren gut ein halbes Dutzend Leute von Zucker-Cola auf Cola light umgestellt. Egal von welchem Hersteller. Anfangs war es komisch, jetzt ist es drin. Keine Überwindung mehr. Und die Pfunde sind gepurzelt. Aus dem oben erwähnten Bereich 2b (Überwindung) ist eine 2a geworden (Dinge ohne Probleme sein lassen). 

Beneidenswert, oder? Ich habe mir auf diese Weise Fruchtsäfte abgewöhnt und trinke zum Durstlöschen über den Tag hinweg nur noch Wasser und ungesüßten Tee. Und vermisse nichts. Bei einem Glas Apfelsaft, wie ich es als Kind früher mehrmals am Tag runter gestürzt habe, schüttelt es mich heute, als würde ich eine Zuckerlösung trinken. 

Und so können wir Verbraucher uns doch eigentlich auch sonst umstellen. Selbst beim Rauchen, wo einem das vom Nikotin umprogrammierte Hirn Unsinn sagen lässt wie: „Ich rauche gern. Das schmeckt mir.“ 

Wenn wir uns klar machen: Die Abhängigkeit kommt vom Nervengift Nikotin, was im Vergleich zu den tödlichen Giftstoffen im brennenden Tabak gar nicht mal so schädlich ist, dann ist es doch nur ein kurzer, schneller 2b, sich zu sagen: Die Nikotin-Sucht befriedige ich auch über E-Zigaretten. Aber ohne mir den schwarzen Dreck aus dem Tabak auf die Bronchen zu sauen, bis sie verkrebsen. Wem die Aromen beim Verdampfer zu riskant sind, lässt sie weg.

Ich war nie nikotinsüchtig. Aber auch ohne Suchtdruck-Erfahrung kann ich ja beurteilen: Man kann seine Nikotinsucht auch anders stillen. Sogar mit dem gelernten Ziehen am Nuckel und weißen Schwaden und allem. Denn die Sucht darf ja fröhlich weitergehen.

Die Tabakindustrie hat keine Argumente mehr, außer: Draußen vor der Tür ist die Party cooler. Aber da darf man auch mit Verdampfer hin. Der mündige Verbraucher ist der, der sich zusammenreißt. Und aus den Fängen der Tabakindustrie zu entkommen, ist die wahre Premiumklasse des Verzichts. 

Anderes geht einfacher: Die fünf Kartoffel-Chips des Tages statt eine halbe Tüte, eine erstklassige Praline aus der Confiserie, statt eine Tafel Milka am Stück - und alkoholfreie Biere können auch ein adäquater Durstlöscher beim Abendessen sein. Wer das schafft, hat sich das Glas Cola mit Zucker wirklich verdient - will es aber gar nicht.

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