Ich habe mit meiner lieben Mutter einen Deal. Wenn sie mir beim Frühstück sagt, ich solle doch mehr essen und ob ich denn abnehmen wolle, weil ich Portionen verdrücke wie ein Spatz und dass man den Tag doch gut gestärkt beginnen solle, dann reise ich ab.
Denn mindestens genauso wichtig ist es doch, seinen Tag ohne pochenden Hals zu beginnen. Gerade auf nüchternen Magen. Und ich habe auch auf Familienfeiern morgens einfach keinen Hunger. Aber das möchte ich lieber später vertiefen. Stichwort Emotionen. Es gibt ja noch schöne andere Irrtümer beim Frühstück:
Irrtum 1: Was Bäckereien Croissants nennen, sind Buttercroissants
Ich will gar nicht darauf eingehen, dass Croissants Kalorienbomben sind. Gut und gerne 300 Kcal stopft man sich mit einem Croissant rein. Zum Vergleich: Eine Brezel kommt auf rund 175 Kcal. Naja.
„Croissants“ dürfen mit billigem Plattenfett gemacht werden. Diese Pflanzenfette enthalten nicht nur ungesunde Transfettsäuren, sondern sie erzeugen auch diesen berühmten Margarine-Fettfilm am Gaumen. Dieses Ngangngan-Gefühl.
Aber wenn man sich schon etwas so fettiges gönnt wie ein Croissant, dann sollte es auch lecker sein. Und ein ordentliches Croissant ist doch einfach das „Buttercroissant“. Das darf zwar Butteraroma enthalten, wird aber immerhin auch wirklich mit Butter hergestellt.
Doch ein polnischer Bekannter sagte mir kürzlich: „Ihr Deutschen formt die perfekten Croissants. Aber die schmecken wie Brot.“ Und wenn Sie mich fragen: Vieles, was da so bei den Bäckern in der Auslage liegt, ist wirklich eher eine Croissant-Parodie. Eine Frühstücks-Frechheit.
Haben Sie mal darauf geachtet, wie die deutschen Croissants aussehen? So, als wollte man den Franzosen sagen: „Kinners, guckt mal her, wir pusten euer mickriges Croissant jetzt mal auf, dann sieht das doch schon nach viel mehr aus. Und damit das nicht so krümelt, darf es natürlich nicht knusprig sein. Wie soll man das Riesending sonst beim Autofahren essen? Und glänzen sollte es auch nicht so blöd. Das macht dann auch keine Flecken. Und fertig ist ein deutsches Milchbrötchen in Hörnchenform.
Fragen Sie mal einen Franzosen: Ein Croissant muss außen knusprig glänzen und innen fett und weich sein. Der Teig darf sich noch ein bisschen in fluffigen Lagen ziehen, wenn man es bricht, und wenn ein Croissant ordentlich gebacken ist, dann braucht man auch keine Marmelade. So viel zu den Kalorien.
Irrtum 2: Müsli zum Frühstück ist besser als Sahnetorte
Wieviel soll der Staat regeln? Soll er eine Steuer auf süße Getränke erheben, je nach Zuckergehalt, so wie es in anderen Ländern schon üblich ist? Und was ist mit der Besteuerung von Müsli? Jaha, Müsli! Was da mitunter als Müsli verkauft wird, erinnert eher an Keks-Bruch.
Beispiel: Kennen Sie diese schwedischen Haferkekse, die im Karton mit Klarsichtfolie verkauft werden? Diese Kekse kommen auf 490 Kcal auf 100 Gramm. Und jetzt nehmen wir mal das geröstete Bio-Knuspermüsli „Dinkel-Hafer-Crunchy“ von Alnatura, wie sie es etwa bei dm finden. 437 Kcal! 13 Prozent Zucker! Reine Haferflocken haben von Natur aus nur gut 1 Prozent Zucker. Was unterscheidet das Crunchy dann noch von Keksen?
Kaiser, König, Bettelmann?
Noch schlimmer sind diese Frühstücks-Cerealien von Kellogg´s oder Nestlé. Klingt nach gesundem Getreide. Aber! Beispiel Kellogg´s Smacks. Und jetzt suchen Sie sich bitte einen festen Halt: 43 Prozent Zucker! Zutaten: Weizen und dann: „Zucker, Glukosesirup, Honig“. Mit anderen Worten: Eine gute Hälfte Weizen, eine knappe Hälfte Zucker.
Wer seinem Kind zum Frühstück ein Stück Mandel-Bienenstich-Torte von Coppenrath & Wiese auftischt (326 Kcal/100g und 20,3 Prozent Zucker), ernährt es da vergleichsweise zuckerarm.
Verstehen Sie, wenn ich da zumindest mal zu bedenken gebe, ob an dieser Stelle ein bisschen mehr Staat nicht gesundheitsfördernd wäre?
Irrtum 3: Zu viele Eier bringen einen ins Grab
Eier haben Cholesterin. Aber jetzt hören Sie bitte auf, sich die Haare auszureißen. CHOLESTERIN MACHT NICHTS! Die Cholesterin-Hysterie ist aus den Achtzigern übrig geblieben, als uns die Experten verrückt gemacht haben. Nicht mehr als drei Eier pro Woche und so.
Heute zeigen aktuelle Studien: Spezielle Mechanismen im Verdauungssystem gesunder Menschen verhindern, dass der Körper zu viel Cholesterin aus den Nahrungsmitteln ins Blut aufnimmt. Selbst mehrere Eier am Tag sind unbedenklich und dank der Vitamine, dem Jod und der Mineralien sogar empfehlenswert. Das Lecithin hält Gehirn und Nerven fit. Und der Eiweiß-Gehalt hält lange satt. So! Das einst ganz besonders verteufelte Eigelb ist sogar besonders gesund. Verrückt: Mal wieder ist heute richtig, was früher falsch war. Mal sehen, wann Smacks als gesund gelten.
Typ-2-Diabetiker sollten sich mit Eiern allerdings zurückhalten. Ansonsten gilt: Hauen Sie beim Rührei rein. Pellen Sie das Wachsweiche und noch eins und noch eins. Und wenn Sie den Hühnern auch noch was Gutes wollen, dann greifen Sie zu Freiland- oder Bio-Eiern. Wer so gesunde Wunder-Eier legt, verdient mehr als Bodenhaltung.
Die sieben Erfolgsfaktoren gesunder Ernährung
“Buy fresh, eat fresh”: Frisches kaufen, Frisches essen”
Zucker vermeiden
Weizenmehl vermeiden
“Frankenfoods” (Frankenstein Food), also Nahrungsmittel aus genetisch veränderten Pflanzen oder Tieren vermeiden
Gute Proteine wie (Hühner-)Fleisch, Nüsse und Körner essen
Gute Fette verwenden; sie machen nicht fett, denn die Übeltäter sind Zucker und Weißmehl
Phytonutrients, also Phytonährstoffe, sind Nährstoffe in pflanzlichen Lebensmitteln. Sie sind, anders als Vitamine, nicht lebensnotwendig. Aber sie halten gesund und fit und sollen die Lebenserwartung verlängern.
Irrtum 4: Nicht zu frühstücken ist ungesund
„Morgens essen wie ein Kaiser, mittags essen wie ein König und abends wie ein Bettelmann“. Blabla! Der Volksmund redet manchmal wirklich Stuss, oder? Frühstück ist gesund, ja. Aber nicht zu frühstücken ist damit noch lange nicht automatisch ungesund. Ich habe als Schüler morgens nie gefrühstückt und habe es immer ohne Probleme bis zum Snack in der großen Pause ausgehalten. Heute esse ich oftmals erst nach 12 Uhr zum ersten Mal. Muss meine Mutter sich sorgen? Nein.
Heute sagen Experten: Wer morgens keinen Hunger hat, soll einfach nichts essen. Fertig. Studien zeigen sogar: Wer ordentlich frühstückt, isst den Tag über mitunter sogar mehr, als wenn er morgens aufs Frühstück verzichtet. Der Volksmund ist also mit dran schuld, dass so viele von uns übergewichtig sind.
Ich habe mir mittlerweile angewöhnt, bei Familientreffen zum Frühstück viel Tee zu trinken. So muss ich ständig über den Tisch nach der Kanne greifen, das sieht gierig und geschäftig aus und so sind auch all diejenigen beruhigt, die dem Volksmund bis heute so hingebungsvoll an den Lippen hängen.