Werner knallhart

Die Klospülung entzweit USA und Deutschland

Seite 2/2

Drehventile und Mischbatterie

Wenn es einen Grund gibt, warum ich Angst habe vor einer Weltherrschaft der USA, dann sind das deren Wasserhähne. Es ist mir ein Rätsel, wie die Amerikaner das aushalten. Aber die haben oft noch immer pro Waschbecken zwei Wasserhähne. Einen für heiß, einen für kalt. Und selbst, wenn schon beides aus einem Hahn kommt, muss die Temperatur regelmäßig noch mit zwei Ventilen eingestellt werden. Dem blauen und dem roten. Das ist ein unhygienisches Gefummel.

Das Erstaunliche dabei ist, dass die Mischbatterie, die bei uns längst absoluter Standard ist, sich bei den Amerikanern in der Dusche mittlerweile schon recht gut durchgesetzt hat. Wie kann man dann am Waschbecken darauf verzichten, ohne zu leiden? Das wäre so, als wenn man im Wohnzimmer stets Kaffee aus dem Jura-Vollautomaten trinkt, auf der Terrasse aber nur Nescafé. Aber die Amis ziehen es doppelspurig durch.

Fenster auf Kipp: für Amis hipp

Gekippte Fenster sind offene Fenster, sagt die Polizei. Einbrecher kriegen sie schnell auf. Amerikaner finden diese Zwei-Stufen-Hebel weniger heikel, sondern eher kurios und typisch deutsch. Typisch deutsch auch: Weil hierzulande vorgeschrieben ist, dass Fenster gefahrlos von innen zu reinigen sein müssen, klappen unsere Fenster nach innen auf, nicht nach außen, wie in Nord- und Südamerika oft. Das nimmt uns hier viel Platz weg. Aber was nützt uns Platz, wenn wir ungeübt beim Putzen nach außen geöffneter Fenster auf die Straße purzeln?

An Bahnhöfen und an Raststätten ist Pinkeln mitunter teurer als Trinken. Und keiner weiß, wo eine Gebühr überhaupt rechtens ist. In Deutschland herrscht Klochaos.
von Marcus Werner

Dafür fasziniert viele Europäer diese typischen vertikal zu öffnenden Schiebefenster in den USA. Faszinierend zum einen, weil sie wie vom Geisterhand oben gehalten werden, faszinierend zum anderen, weil ältere Modelle mitunter wie von Geisterhand geschubst unvermittelt runterrasseln und einen aus dem Schlaf reißen. Und witzig auch: Mitunter lassen die sich überhaupt nicht oder nur sehr dürftig verriegeln. Die Angst vor Einbrechern löst der Amerikaner ja schließlich mit seinen Waffengesetzen.

Milch mit Henkel, Einkaufstüten ohne

In jedem US-Familienfilm trägt irgendjemand mindestens einmal seine Lebensmittel-Einkäufe in braunen Papiertüten auf dem Arm ins Haus. Und oben ragt Sandwichbrot raus. Warum haben die da keine Tragetaschen mit Griffen? Wir hier haben ja welche an den Papiertüten.

In einigen US-Läden gibt es freilich auch Plastiktüten. Dann auch mit Griffen. Die werden anders als bei uns noch kostenlos rausgegeben, aber immerhin fragt der Kassierer schon mal, ob die Tüten wirklich benötigt werden.

An Autobahnrastplätzen lauert die Klo-Mafia. Das Geld liegt für Sanifair nicht auf der Straße – aber in der Schüssel.

Am aller praktischsten sind da allerdings diese riesigen Saft- und Milchpackungen, die den Henkel schon integriert haben. Also so ein Griff, durch den Milch und Saft mit durchfließen kann. Und aus denen die Leute in jeder zweiten Serienepisode vor dem Kühlschrank direkt mit dem Mund trinken, wenn ihnen mitten in der Nacht danach dürstet.

Bescheuert nur, wenn einem der Milchkanister mit Griff im Supermarkt trotzdem in eine Plastiktüte gesteckt wird. Sprüche wie "den können Sie ja wohl ohne Tüte tragen" würde man sich in den USA eben verkneifen. Da geht Höflichkeit vor.

Ja, die Griffe. Aber ansonsten sind Amerika und Europa exakt gleich.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%