Werner knallhart

Evian oder Bonaqa: Was ist unsinniger?

Mineralwasser oder Tafelwasser - man könnte ja sagen: Geschmackssache. Wenn das in Flaschen gefüllte Nass mitunter nicht so unverschämt teuer wäre. Preise für vergleichbares Wasser variieren um 16.500 Prozent und mehr.

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Trinkwasser läuft in ein Glas. Quelle: dpa

Manchmal tut man Dinge im Leben, die ergeben keinen Sinn. Kategorie 1. Und manchmal tut man sie obendrein ohne Verstand. Ohne Verstand ist es dann, wenn man die Dinge tut, obwohl man weiß, dass das keinen Sinn ergibt. Kategorie 2.

Kategorie 1 lässt sich kaum umschiffen. Beispiel: In den Achtzigerjahren hieß es: Höchstens ein bis zwei Frühstückseier pro Woche. Denn im Eigelb stecke zu viel Cholesterin. Mein Vater hat sich strickt dran gehalten. Statt Ei lieber mehr Leberwurst, das stand irgendwie nicht auf der roten Liste.

Heute weiß man: Wenig Ei war sinnlos. Denn das ganze Zeug im Ei hat das Huhn vorab in seinem Hintern exakt so zusammengemixt, dass das Cholesterin von anderen Bestandteilen in Eigelb und Eiweiß sozusagen in seiner Wirkung neutralisiert wird.
Wusste man früher nicht - kann man meinem Vater keinen Vorwurf machen.

Das sollten Sie über Wasser wissen
2010 erklärten die Vereinten Nationen sauberes Trinkwasser zu einem Menschenrecht. Quelle: dpa
Der Mensch besteht aus WasserJe nach Alter, Geschlecht und Kondition besteht der Mensch zu etwa 60 Prozent aus Wasser. Ohne zu trinken, überlebt er nur wenige Tage. Quelle: imago images
Knapp drei Viertel der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt. Experten warnen, dass der Klimawandel den Meeresspiegel steigen lässt. Quelle: dpa
„Rokko No Mizu“ heißt das teuerste Mineralwasser, das weltweit verkauft wird. Quelle: dpa/dpaweb
Mehr als die Hälfte der weltweit verwendbaren Süßwasservorkommen finden sich laut der Umweltorganisation WWF in gerade einmal neun Ländern Quelle: AP
Indien hat die meisten Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser Quelle: dpa
Krankheitserreger im Trinkwasser verursachen jährlich den Tod von mehr als 1,5 Millionen Kindern. Quelle: dpa

Etwas seltsam wäre es gewesen, mein Vater hätte weiter keine Eier gegessen mit der Begründung: „Ach, ich weiß auch nicht.“ Denn das wäre die Kategorie 2 gewesen. Und immer, wenn wir uns eingestehen müssen: „Ich befürchte, ich stecke in diesem Punkt in der Kategorie 2“, müssen wir dringend was ändern. Damit wir beim Zähneputzen in den Spiegel gucken können.

Noch ein Beispiel: die Sache mit dem Mineralwasser. Ich weiß, ich wiederhole mich, wenn ich sage: Wer stilles Mineralwasser kauft, statt aus der Leitung zu trinken, der schmeißt letztendlich Geld zum Fenster raus. Genauso gut könnte man eben den Kühlschrank die ganzen Abende über offen stehen lassen, weil die Lampe darin so gemütlich schimmert. Es ginge eben billiger.

Denn:

1. Wer seinen Bedarf an Mineralien allein mit Mineralwasser decken will, muss im Schnitt jeden Tag 100 Liter trinken. Insofern ist unser Mineralienhaushalt nicht auf Mineralwasser allein angewiesen.

2. Der kleine Teil an Mineralien, den wir über Wasser aufnehmen, lässt sich wunderbar übers Leitungswasser trinken. Denn Leitungswasser hat auch ordentlich Mineralien.

3. Keime haben im Leitungswasser schlechte Chancen. Das Wasser wird kalt und mit hohem Druck durch die Rohre transportiert. Stilles Mineralwasser wird in Flaschen mitunter durch halb Europa gekarrt. Steht es da mal zwischendurch in der Sonne (spätestens auf dem eigenen Balkon zu Hause), schmeckt das Wasser danach schnell so, wie die Flasche riecht. Nach Plastik. Und die strengen mikrobiologischen Grenzwerte beim Mineralwasser gelten nur für den Abfüllort, nicht für das Wasser, das am Ende bei uns ankommt.

Es gibt also keinen dringenden vernünftigen Grund, stilles Mineralwasser zu kaufen, wenn es einem um die Gesundheit geht. Weil wir das jetzt wissen, sitzen wir alle nun in Kategorie 2. Deshalb müssen aus Marketing-Sicht unbedingt Emotionen her. Damit wir uns in Kategorie 2 wohl fühlen.

Zehn Tipps zum richtigen Trinken
Warum ist Wasser so wichtig?Wasser ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Lebenselixier. Wir bestehen zu etwa 60 Prozent aus Wasser und können ohne Flüssigkeitszufuhr gerade einmal drei Tage überleben. Wasser schützt unseren Körper vor Überhitzung und ist an vielfältigen, lebensnotwendigen Stoffwechselprozessen beteiligt – etwa der Ausscheidung von Salzen über den Urin. Allein dafür brauchen wir mindestens 700 Milliliter Wasser täglich. Im Durchschnitt gibt ein Erwachsener pro Tag 1440 Milliliter Wasser über den Urin, 160 Milliliter über den Stuhl, 550 Milliliter über die Haut und noch einmal 500 Milliliter über die Lunge ab. Quelle: REUTERS
Die richtige MengeWie viel Wasser der Mensch benötigt, ist individuell verschieden. Es hängt unter anderem mit den klimatischen Bedingungen, der körperlichen Aktivität und der Nahrungszusammensetzung zusammen. Mediziner nennen die Faustregel: Erwachsene sollten 30 bis 40 Milliliter Flüssigkeit pro Kilogramm Körpergewicht zuführen. Das kann in Form von Getränken oder flüssigkeitshaltiger Nahrung geschehen. Ein 60 Kilogramm schwerer Erwachsener sollte also mindestens 1,8 Liter (30 ml mal 60 Kilogramm) Flüssigkeit am Tag zu sich nehmen. Im Durchschnitt beziehen wir 800 Milliliter davon allein aus der Nahrung. So liefert etwa ein Apfel von 125 Gramm rund 106 Milliliter Wasser, ein 150-Gramm-Becher Joghurt hat etwa 119 Milliliter Wasser. Besonders wasserhaltig sind auch Gurken, Tomaten oder Wassermelonen. Das kann Trinkmuffeln helfen, ihren Bedarf zu decken. Herzkranke Menschen sollen nicht mehr als zwei Liter am Tag trinken, um den Kreislauf nicht unnötig zu belasten – sie sollten die richtige Trinkmenge unbedingt mit dem Arzt besprechen. Quelle: AP
Was sollte man trinken?Unsere Getränke sollten möglichst wenig Zucker enthalten, denn der liefert nur überschüssige Kalorien. Das kann leicht zu Übergewicht und Diabetes führen, denn wer ist schon nach ein paar Gläsern Cola satt und isst entsprechend weniger? Kalorientechnisch schlägt ein Liter aber mit rund 430 Kilokalorien zu Buche – das ist mehr als eine Portion Hühnerfleisch (200 Gramm). Purer Saft ist da übrigens auch nicht besser. Deshalb sollte man vor allem Wasser und ungesüßte Früchte- oder Kräutertees trinken. Ein Spritzer Zitrone, eine Scheibe frischer Ingwer oder Minzblätter peppen den Sprudel auf. Fruchtsäfte sollten vor allem zu Schorlen (ein Teil Saft, zwei Teile Wasser) gemixt werden. Quelle: dpa
Zählt Kaffee als Getränk?Von Kaffee dachte man lange, dass er dem Körper Flüssigkeit entzieht. Tatsächlich kann er aber zur Flüssigkeitsbilanz des Körpers beitragen. Zwar hat Kaffee harntreibende Wirkung – wer regelmäßig Kaffee trinkt, wird aber eine Abschwächung des Effekts bemerken. Gerade bei älteren Menschen, die häufig zu wenig trinken, kann die gewohnte Tasse Kaffee am Morgen einen wichtigen Beitrag zur Flüssigkeitsversorgung leisten. Wegen der anregenden Wirkung des Koffeins ist Kaffee aber zum Beispiel für Kinder nicht geeignet – ebenso wenig wie grüner oder schwarzer Tee. Quelle: imago images
Bier als Durstlöscher?Bier hat fast genauso viele Kalorien wie Limonaden und Säfte. Was bei Letzteren aus dem enthaltenen Zucker kommt, liefert das Bier über den Alkohol – Starkbier bringt entsprechend mehr Kalorien mit. Dass Alkohol ein Energieträger ist, wird gern vergessen. Alkoholfreies Bier, sogenanntes Diät- oder Leichtbier, hat im Schnitt immer noch 260 bis 300 Kilokalorien pro Liter. Das sind zwar rund 40 Prozent weniger als bei „normalem“ Bier, sollte aber dennoch nicht vernachlässigt werden. Weil die meisten alkoholfreien Biere viel Kalium und Kalzium enthalten, sind sie – in Maßen genossen und keineswegs für Kinder – ein guter Durstlöscher. Quelle: dpa
Light-Cola und –LimonadenÜber die gesundheitlichen Auswirkungen von Süßstoffen wird in der Wissenschaft nach wie vor viel gestritten. Zwar sparen sie die Kalorien, die Zucker liefert, ein. Aber Studien zeigen, dass gerade Kinder so an den Geschmack „süß“ gewöhnt werden und sich nach und nach die Reizschwelle erhöht. Außerdem stehen manche Süßstoffe im Verdacht, krebserregend zu sein (zum Beispiel Cyclamat und Saccharin) – andere führen bei übermäßigem Genuss zu Blähungen und Durchfall (zum Beispiel Maltit oder Xylit). Quelle: REUTERS
Woran man einen Wassermangel erkenntVerliert der Körper mehr Wasser, als zugeführt wird, spricht man von einer Dehydratation. Schon bei einem Wasserdefizit von etwa 0,5 Prozent (bezogen auf das gesamte Körperwasser) entsteht normalerweise ein Durstgefühl. Fehlt dieses, gibt es noch andere Anzeichen: -          Mundtrockenheit, trockene Schleimhäute, eine rissige Zunge -          presst man die Haut, etwa des Handrückens zusammen, bleibt die Hautfalte stehen -          allgemeine Schwäche und auch geistige Eintrübungen: Reaktionsvermögen und Konzentrationsfähigkeit sind schon bei Flüssigkeitsverlusten von zwei Prozent herabgesetzt -          Kopfschmerzen und Müdigkeit -          der Urin ist dunkel und verströmt einen intensiven Geruch, weil er stark konzentriert ist. -          eventuell Fieber, schneller, flacher Puls und niedriger Blutdruck Eine starke Austrocknung von mehr als 20 Prozent der Körperflüssigkeit kann schließlich zu einem lebensbedrohlichen, akuten Kreislauf- und Nierenversagen führen. Quelle: dpa

Evian schreibt auf seiner Website: „Jeder Tropfen Evian beginnt seine Reise als Regen oder Schnee hoch oben in den unberührten Gipfeln der französischen Alpen und fließt durch eine riesige Mineralwasserschicht tief im Herzen der Berge, bevor er schließlich an der Quelle in Evian-Les-Bains zu Tage tritt. Diese fantastische Reise ist das Geheimnis hinter der Reinheit von Evian und dauert über 15 Jahre.“

Jetzt ist das Geheimnis also raus: 15 Jahre. Und am Ende von anderthalb Dekaden unterscheidet sich das Wasser an Reinheit nicht wesentlich im Vergleich zu unserem Leitungswasser, das nach seiner fantastischen Reise durch unser riesigen Rohrleitungsnetz ins Herz unserer gemütlichen Wohnungen sprudelt.

Tja, alle Mühe umsonst. Da kann man sich dann eigentlich auch die Lkw-Fahrt über die Autobahn sparen, um die Evian-Plastikflaschen in die deutschen Supermärkte zu chauffieren. Dann verrußen auch weniger die leider gar nicht mehr so unberührten Alpen.

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