Werner knallhart

Warum sind Ventilatoren so hässlich?

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Für den gepflegten Verdunstungseffekt

Und dann das Design: Eine unästhetische Verflechtung aus vergittertem Rotor, Sonnenschirmständer und längenverstellbarem Staubsaugerrohr.

Während heute jeder Backofen, jeder Toaster, jeder Eierkocher für ein paar Euro mehr in einem schicken Design zu haben ist - matt gebürstet, knallig lackiert oder mit Holz und Glas - , sehen Ventilatoren praktisch alle gleich lieblos zusammengebastelt aus. Egal ob sie 30 Euro kosten oder 100. Und die ansehnlicheren Retromodelle aus Metall im Südstaatenlook machen oftmals metallische Klirrgeräusche im Betrieb. Verdammt!

Nun gibt es ja diese Turmventilatoren als Aternative. Bei Lidl gibt es diese Woche gerade einen für knapp 20 Euro. Die sehen wiederum aus, als hätte man bei einem D-Zug die Fensterleiste rausgerissen und hochkant gestellt. Einen dreiviertel Meter hohen Gebläseturm mit Rillen und breitem Standfuß. Irgendwie ist das alles nichts.

Weltweit gibt es keine gute Standventilatorentradition. So können Sie etwa im tropischen Bangkok ins teuerste Luxushotel ziehen - mit goldenen Wasserhähnen und allem. Wundern Sie sich nicht, wenn am Abendbüffet auf der Außenterrasse am Fluss ein popliger Plastikventilator neben Ihnen steht und brummt, womöglich auch noch mit Putzlappenfetzen vorne am Gitter, die im Luftzug flattern. Ventilatoren gelten offenbar nicht als Einrichtungsgegenstand, sondern als notwenige technische Ausstattung wie Feuerlöscher und Verbandskasten.

In Deutschland könnte man sagen: Ja, gut, für die zwei, drei Wochen im Jahr ist das Design doch egal. Andererseits: Wie viel Mühe machen wir uns mit dem Weihnachtsbaumschmuck für zwei, drei Wochen im Jahr?

Es gibt allerdings eine Firma, deren Ingenieure mal nachgedacht haben: Kann man den Ventilator irgendwie optisch retten? Herausgekommen ist ein Standventilator, der aussieht wie einer, bei dem der Propeller fehlt. Wo der normalerweise sitzt, klafft ein Loch. Man kann mit dem Arm durchgreifen. Und trotzdem kommt Luft raus. Auf kleinster Stufe so leise und zart, dass man sogar stundenlang vor ihm schlafen kann, ohne besagte Nierenkomplikation. Mit einer kleinen Fernbedienung, die man magnetisch am Gerät befestigen kann, mit Abschalt-Timer und einem Schwenkmechanismus, den man nicht hört. Der Dyson Cool AM. Unverbindliche Preisempfehlung je nach Ausführung - suchen Sie sich festen Halt - : 349 bis 429 Euro. Dafür gibt es schon Flüge nach Island.

Dieser Dyson ist wohl das iPhone unter den Ventilatoren. Aber wir sind selber schuld. Beim Design von Standventilatoren hat die Menschheit praktisch aufgegeben. Macht einer da mal was Besonderes, kann er abkassieren. Für ein bisschen Luft aus einem Plastikgehäuse! Wo bleibt die Konkurrenz?

Ich sage: Ein Ventilator verdient einen höheren Rang im Haushalt. Irgendwo zwischen Espressomaschine und Stehlampe. Können sich die Experten da nicht mal was überlegen? Für den gepflegten Verdunstungseffekt.

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