Werner knallhart

Komischer Food-Trend: Doggybag liefern lassen

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Höherer Preis, kleinerer Service

Aber! Was hat der Kunde davon? Bislang war die Bestellung einer Mahlzeit ein Kompromiss aus
1. keine Lust oder Zeit, selber zu kochen
2. keine Lust, keine Zeit oder kein Geld, gut essen zu gehen

Das Ergebnis war etwas nicht so richtig Teures, nicht so richtig Raffiniertes, nicht mehr so richtig Heißes: Pizza, Thaicurry, Salat, Sushi oder sowas.

Mit Foodora oder Deliveroo ist es jetzt so: Man zahlt in der Regel den Preis wie im Restaurant plus den Lieferservice von 2 Euro 50 bis 4 Euro 90. Manchmal verlangen die Restaurants sogar höhere Preise, um die Provision an den Lieferdienst teilweise zu kompensieren.

Und man bekommt für mehr Geld logischerweise weniger: Keiner deckt einem den Tisch, keiner lässt einen vorab den Wein probieren, keiner räumt ab und spült danach. Und eine Mahlzeit, die innerhalb der versprochenen Lieferzeit von gut einer halben Stunde eine Zeitlang im Rucksack vor sich hin suppt, wird nicht knuspriger und knackiger. Das Essen schmeckt weniger gut und sieht weniger attraktiv aus, das geben teilnehmende Gastronomen ja zu. Es ist ein Kompromiss - und funktioniert am besten bei Gerichten, die bislang ohnehin schon immer geliefert wurden: Aufläufe, Currys, Pasta, Kaltes.

Essen gehen wäre leckerer und mitunter sogar billiger - vom Trinkgeld abgesehen. Selber zu kochen wäre zumindest frischer. Das einzige, was Deliveroo und Foodora einem sparen, ist: Zeit. Allerdings nicht beim Bestellen. Während man im Restaurant einfach auf die Karte zeigt, geht es online direkt etwas holprig los.

Teilweise sind Vorbestellungen nicht möglich, wenn das Restaurant zum Zeitpunkt der Bestellung noch geschlossen ist, über die Website ist keine Suche nach konkreten Restaurants möglich, man muss ellenlange Listen durchrattern - oder die App laden. Außerdem lassen viele Restaurants nur in einem kleinen Radius von wenigen Kilometern um ihren Laden liefern. Sonst dauert die Fahrt zu lange. Was aber, wenn das Lieblingsrestaurant nicht in Kreuzberg liegt, sondern im Prenzlauer Berg?

Beide Anbieter liefern sich derzeit noch einen erbitterten Konkurrenzkampf. Sie kooperieren zu einem großen Teil mit denselben Gastronomen und kassieren vergleichbare Liefergebühren, da kann der Kunde mit Wonne den Daumen über dem einen recken, über dem anderen senken. Dafür reicht schon ein kleiner Misserfolg beim Bestellvorgang aus.

Ich werde Stammkunde weder beim einen, noch beim anderen. Mein Lieblingsrestaurant ist mein Lieblingsrestaurant, nicht nur weil es dort lecker ist. Sondern weil ich mich dort als willkommener Gast fühle und den Service drumherum genieße. Für Kompromisse ist mir das Geld zu schade.

Und trotzdem freue ich mich über den neuen Trend - und nehme mir vor: langsamer essen und aufhören, wenn ich voll bin. Den Rest nehme ich mit. Doggybag-Style ist jetzt ja Zeitgeist.

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