Werner knallhart

Macht endlich sonntags die Läden auf!

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Können wir bitte mehr 2017 sein?

Hmm, das klingt natürlich wirklich wie eine unlösbare Aufgabe. Aber hey! Vielleicht könnte man ja mal die Blumenhändler fragen - und die Bäcker. Wie haben es die Verkäufer da hinbekommen?

Oder man fragt mal die anderen Leute, die sonntags ausnahmsweise nicht ruhen, obwohl es eigentlich seit Entstehung der Erde vorgesehen ist. Wie machen das die Flugbegleiterinnen? Oder die Zugbegleiter? Die Eisverkäufer? Die Kellnerinnen? Die Köche? Die Döner-Verkäufer? Die Hostessen auf Messen? Die Polizisten? Die Kino-Karten-Abreißer? Die Tierpfleger im Zoo? Die Schwimmmeister? Die Platzanweiser im Theater? U-Bahn-Fahrer? Zeitungsredakteure? Fernsehmoderatorinnen? Musiker im Symphonie-Orchester? Die Rezeptionisten im Hotel? Das Bodenpersonal im Flughafen? Zuckerwatte-Verkäufer im Freizeitpark? Stadtführer? Tankwarte? Schiffskapitäne? Radiosprecher? Krankenschwestern? Busfahrer? Pizza-Boten? Taxifahrer? Trainer im Fitnessstudio? Landwirte? Reiseleiter? Die Sicherheitsleute bei Rockkonzerten?

Die haben doch auch Familie. Ist deren Leben ruiniert? Finden die keine Zeit für soziales Leben jenseits des Jobs?

Deutschlands beliebteste Waren- und Kaufhäuser

Anders herum: Warum gilt es als eine dem Sonntag angemessene Erholung vom Alltagsstress, mit seinen Freunden und der Familie gemütlich in einem Café frühstücken zu gehen, nicht aber, mit Freunden und Familie in Ruhe einen Stadtbummel zu machen, um ein paar hübsche neue Sachen zu kaufen? Warum ist das eine geschätzt, das andere als billiger Konsum-Terror verpönt?

Gucken Sie sich mal die Kölner Schildergasse an einem Sonntag an. Während der Woche eine der umsatzstärksten Shopping-Meilen Deutschlands. Sonntags bummeln da tausende Leute durch und gucken in die Schaufenster der geschlossenen Läden. Was wäre anders, wenn sie die betreten könnten? Stünde die Welt dann kopf?

Wie entrückt der Ladenschluss am Sonntag ist, zeigt sich in großen Städten wie Berlin. Dort dürfen Geschäfte an großen Bahnhöfen öffnen. Begründung: Die Leute brauchen ja schließlich die Möglichkeit, sich mit Reisebedarf einzudecken. Und so decken sich die Menschen dort am Ostbahnhof bei Rewe für ihre Reise mit dem ICE ein mit Einkaufswagen voller Getränkekisten, frischem Hackfleisch, Kartoffelsäcken, Küchenrollen und Waschmitteln. Und schleppen das alles dann zum Auto auf dem Rewe-Parkplatz in der Tiefgarage des Bahnhofs.

Am Berliner Hauptbahnhof gibt es im Mediamarkt eine Abteilung, die heißt „Smart Home“. Weil das ja Reisebedarf ist.

Sonntags schnell zum Shoppen in die Stadt? Warenhäuser und Einzelhändler wollen ihre Geschäfte öfter öffnen, um im Wettbewerb mit Onlinehändlern zu bestehen. Doch es gibt Widerstände.

Immer wenn sich in einer Gesellschaft solche irrsinnigen Notlösungen entwickeln, ist das ein Zeichen: Da gibt es Bedarf für was neues Vernünftiges. In der Berliner Oranienstraße gibt es einen Blumenhändler, der hat 24 Stunden am Tag auf. Aber ausgerechnet am Sonntag muss er einige Stunden lang schließen. Weil das irgendwo so geregelt ist.

Können wir bitte mehr 2017 sein? Und den Einzelhändlern genauso viel Geschäftssinn zutrauen, wie allen anderen Branchen? Und genauso viel Kompetenz und Rücksichtnahme im Umgang mit den Mitarbeitern wie in allen anderen Branchen? Und Händler, die glauben, das Geschäft am Sonntag lohne sich für sie nicht, die lassen ihren Laden dann einfach zu. Und können dann im Garten in den Himmel gucken und wenn sie dann ein Flugzeug sehen, dann können sie denken: Hihi, ich hab frei und die da oben müssen arbeiten.

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