Es gibt einen neuen Beruf: Doggybag-Bote. Das klingt in der ersten Sekunde despektierlich. Aber so ist es nicht gemeint. Denn die Geschichte des Doggybags ist eine voller Missverständnisse. Doggybags sind ja kleine Behälter, die man sich im Restaurant mit Essen auffüllen lässt und in einer Tüte mitnimmt, um zuhause zu essen.
Das mag mal eine nur halb aufgegessene Pizza sein oder ein ganzer Nachtisch aus einem doch irgendwie zu üppigen Vier-Gänge-Menü.
Aber beim Namen geht es ja schon los mit der Heuchelei: Doggybag. Ein Ausdruck aus Zeiten, in denen Essen wegzuwerfen noch als eleganter galt, als es später zuhause aufzuessen.
Aus falscher Scham, man könne als geizig angesehen werden, wenn man das gute (und schließlich ja auch bezahlte) Essen lieber mitnimmt, als es in der Restaurantküche in den Müll kratzen zu lassen, suggerierte man: "Ich nehme es für den Hund mit." Wie warmherzig. Hieß allerdings auch: Bevor ich meinem Köter eine Dose Pansen für 99 Cent aufmache, batsche ich ihm lieber in den Napf, was das Team in der Küche im Schweiße ihres Angesichts für mich auf den Teller gezaubert hat. Nett!
Ich kann mir hingegen kaum ein größeres Kompliment für den Koch vorstellen, als zu sagen: "Ich nehme es mit und ich habe keinen Hund!" Aber meistens esse ich eh vor Ort auf. Ich bin ein Schnellesser mit spätem Sättigungsgefühl. Leider.
Aber egal. Was ich sagen wollte: In vielen von uns steckt immer noch diese 80er-Blockade: Ist es unverschämt, wenn ich das Essen aus dem Restaurant mit nachhause nehme?
Nein! Ist es nicht. Denn jetzt brechen selbst in etwas gehobener Gastronomie alle Dämme. Mit Lieferdiensten wie Deliveroo oder Foodora. Wo früher nur am Tisch im eigenen Laden serviert und im Kerzenschein genossen wurde, wird nun alles auch in kleine Bottiche, Schachteln und Styropor-Verschalungen gestopft und im Rucksack per Bote etwa auf dem Fahrrad durch die Stadt geschleppt. Und wer sein eigenes Essen von vorne herein für die Box kocht, kann logischerweise nichts mehr gegen eine Doggybag haben.
Letztendlich ist die Essenlieferung nach dem neuen Konzept ja nichts anderes als ein Doggybag-Lieferservice. Einziger Unterschied: Es darf halt nicht kalt werden.
Dienste wie Deliveroo und Foodora schließen eine Marktlücke. Bislang ging es beim Essenbestellen so: Entweder bestellte man direkt beim Lieferservice um die Ecke. Oder aber man ging den neueren Weg über Anbieter wie Lieferando. Die bündeln die Angebote von Essenlieferdiensten, vermarkten sie schlagkräftig und bieten die Speisen über eine einzige Internetplattform zur Bestellung an. Das erspart dem Kunden die ewig neue Eingabe seiner Daten wie Adresse und Bezahlinformationen. Geliefert wird aber wie bisher von einem der herkömmlichen Lieferdiensten selber. Mit eigenen Boten und eigenen Fahrzeugen.
Acht Superfoods - und was sie können
Das ist es: Die Quinoa-Pflanze gedeiht im Hochland der Anden. Dort sind die Körner des Fuchsschwanzgewäches eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel der Menschen. Der Gehalt an Eiweiß und einigen Mineralien übertrifft den gängiger Getreidearten. Dafür enthalten Quinoa-Körner kein Vitamin A oder C.
Superfood-Faktor: Das gerne als "Reis der Inkas" bezeichnete Pseudogetreide ist vielfältig. Die mineralstoffreichen Blätter kommen in den Anden als Gemüse oder Salat auf den Tisch, die senfkorngroßen Nussfrüchte werden gekocht. Besonders wertvoll sind das hochwertige Eiweiß und die ungesättigten Fettsäuren. Quinoa ist vor allem für Menschen mit Glutenunverträglichkeit eine gute Alternative zu anderen Getreidesorten.
Quellen: aid infodienst e.V., eigene Recherchen
Das ist es: Weizengras ist nichts anderes als die jungen Weizensprossen, die einige Tage nach der Aussaat geerntet werden. Es enthält vor allem Vitamin C, E, K, einige Mineralstoffe und ist reich an Eiweiß und Chlorophyll. Weizengras wird meistens als Pulver verkauft und dann mit Wasser vermischt. Es schmeckt: speziell.
Superfood-Faktor: Oft ist über Weizengras zu lesen, dass es 60-mal mehr Vitamin C als Orangen, 50-mal mehr Vitamin E als Spinat und 30-mal mehr Vitamin B1 als Kuhmilch enthalte. Das ist nicht falsch, aber vor allem ein cleverer Werbetrick. Denn die Angaben beziehen sich auf 100 Gramm Weizengras - von dem ausgepresst nur ein Bruchteil als Saft übrig bleibt. Um die Nährwerte zu erreichen müsste man also 100 Gramm Saft trinken. Doch wer den einmal pur probiert hat, weiß: 100 Gramm bekommt keiner herunter.
Das ist es: Açai-Beeren sind die Früchte der Kohlpalme aus dem Amazonasgebiet. In voller Reife sind die blaubeergroßen Beeren tiefschwarz. Sie sind reich an pflanzlichen Proteinen, Antioxidantien, Kalzium und Vitaminen.
Superfood-Faktor: Die Açai-Beere ist ein hochwertiges Lebensmittel. Ihre verjüngende und entschlackende Wirkung dagegen ist ein Gerücht - hierfür fehlt der wissenschaftliche Beweis. Wer im Sommer in den Garten geht und Heidelbeeren, Sauerkirschen oder schwarze Johannisbeeren nascht, verspeist die gleichen Inhaltsstoffe.
Das ist es: Chia-Samen sind schwarze oder graue Körner der Salbeipflanze. Sie machten angeblich schon die Inka satt. Die Samen enthalten fünfmal so viel Kalzium wie Milch, liefern Antioxidantien, Omega-3-Fettsäuren und reichlich pflanzliche Proteine.
Superfood-Faktor: Oft wird behauptet, die mittelamerikanischen Samen machten schlank. Der wissenschaftliche Beweis dafür aber fehlt. Trotzdem sind die Inhaltsstoffe interessant. Wegen des hohen Gehalts an Ballaststoffen gelten die Samen als Sattmacher. Heimische Leinsamen haben dieselbe Wirkung, sind aber deutlich günstiger.
Das ist es: Chlorella ist die Bezeichnung für Mikroalgen, die auch in Süßwasser wachsen. Sie liefern Vitamin B12, mehrere Mineralstoffe und viel Eiweiß.
Superfood-Faktor: Für Veganer können die Algen ein wichtiger Vitamin B12-Lieferant sein. Der Gehalt der Mikronährstoffe hängt allerdings stark von der Wasserqualität ab, in dem die Algen gezüchtet werden. Zudem gibt es Chlorella fast ausschließlich in Tabletten- oder Pulverform zu kaufen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung stuft als bedenklich ein, dass die Algen unerwünschte Stoffe wie Pestizide, Fungizide und Schwermetalle im Körper an sich binden.
Das ist es: Als Kakao-Nibs werden die getrockneten Stücke der Kakaobohne verkauft. Sie enthalten 54 Prozent Fett, Eiweiß, Mineralstoffe und 300 weitere Inhaltsstoffe. Dazu jede Menge aromagebende Substanzen.
Superfood-Faktor: Kakao liefert viel Polyphenole, die unter anderem Entzündungen und Krebs vorbeugen. Ein anderes Verkaufsargument ist, dass der Kalziumgehalt der Bohnen höher sei als der von Milch. Das stimmt. Allerdings ist ein Glas Milch schneller getrunken als ein Haufen Kakaobohnen gegessen. Auch eine Banane hätte einen ähnlichen Effekt.
Das ist es: Goji Beeren sind nichts anderes als die Früchte des Gemeinen Bocksdorns. Den gibt es schon ziemlich lange - aber Goji-Beeren klingt eben spannender. Die Früchte enthalten einige Vitamine, vor allem Vitamin C. Sie werden frisch, als Saft oder Trockenfrucht angeboten.
Superfood-Faktor: Getrocknete Goji-Beeren werden oft als Anti-Aging-Sensation verkauft. Laut der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA gibt es dafür aber kaum Belege. Auch der vermeintlich hohe Vitamin C-Gehalt relativiert sich bei näherer Hinsicht: Schwarze Johannisbeeren oder ein Apfel sind genauso gesund.
Das ist es: Vor allem im Norden Deutschlands ist Grünkohl beliebt. Er ist kalorienarm und liefert viele Vitamine und Mineralstoffe. Schon mit einer Portion lässt sich etwa der Tagesbedarf an Vitamin C decken. Auch Folsäure, Calcium, Kalium und Magnesium liefert Grünkohl reichlich.
Superfood-Faktor: Der Grünkohl ist, wie jeder andere Kohl auch, ein wahres Supergemüse. Neben den genannten Inhaltsstoffen liefert er sekundäre Pflanzenstoffe. Die entzündungshemmenden und krebsrisikosenkenden Effekte des Grünkohls sind wissenschaftlich belegt.
Foodora und Deliveroo aber bieten in Städten wie Berlin, Hamburg, München, Frankfurt oder Köln Bestellplattform und Lieferservice aus einer Hand. Das bietet Restaurants die Möglichkeit, ihr Angebot liefern zu lassen, ohne selber extra Personal und Motorroller anschaffen zu müssen. Sie können sich so auf das konzentrieren, was sie am besten können: kochen.
Die neuen Dienstleister aber übernehmen die Lieferungen vieler Restaurants gleichzeitig und können so das Maximale aus ihrer Logistik herausholen. Klingt alles nach einem sehr vernünftigen Deal.
Höherer Preis, kleinerer Service
Aber! Was hat der Kunde davon? Bislang war die Bestellung einer Mahlzeit ein Kompromiss aus
1. keine Lust oder Zeit, selber zu kochen
2. keine Lust, keine Zeit oder kein Geld, gut essen zu gehen
Das Ergebnis war etwas nicht so richtig Teures, nicht so richtig Raffiniertes, nicht mehr so richtig Heißes: Pizza, Thaicurry, Salat, Sushi oder sowas.
Mit Foodora oder Deliveroo ist es jetzt so: Man zahlt in der Regel den Preis wie im Restaurant plus den Lieferservice von 2 Euro 50 bis 4 Euro 90. Manchmal verlangen die Restaurants sogar höhere Preise, um die Provision an den Lieferdienst teilweise zu kompensieren.
Und man bekommt für mehr Geld logischerweise weniger: Keiner deckt einem den Tisch, keiner lässt einen vorab den Wein probieren, keiner räumt ab und spült danach. Und eine Mahlzeit, die innerhalb der versprochenen Lieferzeit von gut einer halben Stunde eine Zeitlang im Rucksack vor sich hin suppt, wird nicht knuspriger und knackiger. Das Essen schmeckt weniger gut und sieht weniger attraktiv aus, das geben teilnehmende Gastronomen ja zu. Es ist ein Kompromiss - und funktioniert am besten bei Gerichten, die bislang ohnehin schon immer geliefert wurden: Aufläufe, Currys, Pasta, Kaltes.
Essen gehen wäre leckerer und mitunter sogar billiger - vom Trinkgeld abgesehen. Selber zu kochen wäre zumindest frischer. Das einzige, was Deliveroo und Foodora einem sparen, ist: Zeit. Allerdings nicht beim Bestellen. Während man im Restaurant einfach auf die Karte zeigt, geht es online direkt etwas holprig los.
Teilweise sind Vorbestellungen nicht möglich, wenn das Restaurant zum Zeitpunkt der Bestellung noch geschlossen ist, über die Website ist keine Suche nach konkreten Restaurants möglich, man muss ellenlange Listen durchrattern - oder die App laden. Außerdem lassen viele Restaurants nur in einem kleinen Radius von wenigen Kilometern um ihren Laden liefern. Sonst dauert die Fahrt zu lange. Was aber, wenn das Lieblingsrestaurant nicht in Kreuzberg liegt, sondern im Prenzlauer Berg?
Beide Anbieter liefern sich derzeit noch einen erbitterten Konkurrenzkampf. Sie kooperieren zu einem großen Teil mit denselben Gastronomen und kassieren vergleichbare Liefergebühren, da kann der Kunde mit Wonne den Daumen über dem einen recken, über dem anderen senken. Dafür reicht schon ein kleiner Misserfolg beim Bestellvorgang aus.
Ich werde Stammkunde weder beim einen, noch beim anderen. Mein Lieblingsrestaurant ist mein Lieblingsrestaurant, nicht nur weil es dort lecker ist. Sondern weil ich mich dort als willkommener Gast fühle und den Service drumherum genieße. Für Kompromisse ist mir das Geld zu schade.
Und trotzdem freue ich mich über den neuen Trend - und nehme mir vor: langsamer essen und aufhören, wenn ich voll bin. Den Rest nehme ich mit. Doggybag-Style ist jetzt ja Zeitgeist.