Wenn Sie wie ich einer Testheft-Familie entstammen, kennen Sie vielleicht die Diskussionen: „Ich will aber hohes C!“ „Mäuschen, wie gesagt: Der Saft von Aldi ist besser getestet als die Markenprodukte und kostet fast die Hälfte weniger.“ Dank des Monatsmagazins der Stiftung Warentest, das mein Vater Jahrzehnte lang im Abo bezogen hat, haben wir früh gelernt: Das einzig wahre Preis-Leistungs-Verhältnis schlummert in den Eigenmarken der Discounter und Supermärkte.
In der Tat stellt sich bis heute immer wieder heraus: Bei Produkttests gewinnen nicht selten die vermeintlichen Billigheimer in ihren oft so unauffälligen, manchmal sogar lieblos designten Verpackungen. Mal kommt der beste getestete Räucherlachs von Lidl, mit die beste Schokolade und das beste Olivenöl stammen von Aldi. Eine der besten elektrischen Zahnbürsten ist die von der dm-Hausmarke Dontodent.
Von Müsli bis Spülmittel, von Eiscreme bis Sonnencreme: Die Eigenmarken von Supermärkten, Discountern und Drogerien spielen seit Jahrzehnten auf den oberen Plätzen mit.
Trotzdem waren Eigenmarken lange Zeit unsexy. Inbegriff einer klassischen Supermarkt-Eigenmarke aus unserer Kindheit ist Ja!. Diese schlichten weißen Verpackungen mit dem ikonischen dunkelblauen Schriftzug. Mittlerweile gibt es immerhin farbige Produktabbildungen auf der Folie. Aber bis heute wirkt Ja! wie der vernünftige Grundausstatter. Emotionslos, billig, gut.
Lange Zeit dachte ich: Warum sind die so blöd und positionieren Ja! durch ein ansprechenderes, hochwertiger erscheinendes Design nicht irgendwie im Lifestyle-Segment? Aber eben zu unschlagbaren Preisen. Bis mich ein Designer aufklärte: Der Dumme war ich.
Kunden erwarten bei aufwendig gestalteten Verpackungen einfach keine unschlagbaren Preise. Was richtig billige Grundversorgung ist, muss auch so aussehen.
1. Aus der Eigenmarke wurde eine Eigenmarkenwelt
Eigenmarken stehen heute längst nicht mehr für Grundversorgung. Die deutschen Ketten haben ihre Eigenmarken fein aufgefächert. Allein Rewe spielt nicht nur mit Ja!, sondern auch mit der darüber angesiedelten REWE Beste Wahl (Motto: Markenqualität, aber billiger), REWE Bio (Motto: Bio-Eigenmarken machen Bio erst massentauglich), REWE Regional (Motto: von Höfen aus Ihrer Region), REWE Feine Welt (die Lifestyle-Trend-Marke), REWE frei von (Vielfalt für Leute, die mit ihrer Laktoseintoleranz ganz im Trend liegen), Wilhelm Brandenburg (Klingt wie Fleisch vom Schlachter um die Ecke), Zoo royal (Tiernahrung) und so weiter. Es nimmt kein Ende.
Das Geniale: Die Eigenmarken zahlen direkt auf das Image der heimischen Ketten ein. Weil sie ja deren Marken sind, die es nur dort zu haben gibt. Milbona sind einfach Milchprodukte von Lidl. Rio d´Oro ist untrennbar mit den Säften von Aldi verbunden. Isana heißt die Seife von Rossmann. Alverde die Öko-Kosmetik von dm und die große Eigenmarke von Edeka heißt ganz selbstbewusst: Edeka. Wie ein blaues Siegel adelt das Logo die Edeka-Lebensmittelverpackungen.
Noch besser: Dank der Eigenmarken können die Ketten sofort auf Trends reagieren. Die Leute stehen plötzlich auf Bio-Quinoa, Hafer und Avocado? Dann gibt es eben prompt auch eigene Flüssigseife mit entsprechenden Inhaltsstoffen. Jackfruit als Fleischersatz: Enerbio von Rossmann hat die in Lifestyle-Magazinen und Instagram hochgejubelte Pflanze schon vorgekocht da. Essig-Zubereitung mit Birne? Ach, einfach mal ein paar Wochen rein ins Edeka-Sortiment.
Aber Eigenmarken folgen nicht nur sehr schnell aktuellen Trends.