Werner knallhart

Männer, keine Scheu vor Modesünden!

Selbsternannte Mode-Experten hauen verunsicherten Männern ihren Kleidungsstil um die Ohren. Wer sich davon beeindrucken lässt, läuft am Ende rum wie eine graue Maus. Wie wäre es mit Toleranz für extravagante Fehlgriffe?

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Männer, traut euch! Quelle: Fotolia

Ehrlich! Wenn ich eins nicht abkann, dann sind das Lebensberater, die einen durch ihre Besserwisserei noch zusätzlich kirre machen. Wie die Trainerin, die Manager für Bühnenauftritte und Präsentationen schulen will, und ihnen beibringt: "Um Körperspannung zu bewahren, stellen Sie sich vor, Sie müssten beim Reden eine Walnuss zwischen den Pobacken halten." Das ist ja genau das, was man bei öffentlichen Auftritten braucht: einen verkrampften Hintern und die Angst, es könnte einem etwas aus der Unterhose fallen.

So ähnlich halten es auch manche Stil-Berater und Modejournalisten: Verunsichere die Leute, dann bleiben sie von deinen weisen Ratschlägen abhängig. Dabei gibt es zwei Philosophien.

1. Rede den Leuten ein, endlich mit der Mode zu gehen

Nach diesem Ansatz ist zum Beispiel jeder ein Stil-Clown, der in diesem Sommer Schuhe mit Socken trägt. Jüngst las ich: Sneaker und Slipper zurzeit um Gottes Willen nur barfuß.

Dass es da unten durch den ins Schuhwerk sickernden Schweiß nach ein paar Tagen ganz ordentlich müffeln kann, spielt offenbar keine Rolle.

Im Film "Zurück in die Zukunft II" laufen alle Jugendlichen in Jeans mit nach außen gestülpten Taschen herum. Weil es Mode ist. So kommen mir einige Tipps im wahren Leben auch vor. Da tragen zwei Modells für vier Minuten keine Socken und ein namhaftes Modemagazin druckt es ab, schon ist es offiziell Trend.

Ich bin vorletzte Woche mal eben schnell ohne Socken in die Turnschuhe und runter zu Kaisers für einen Liter Milch. Danach hatte ich eine offene Blase am großen Zeh. Toller Trend: Blut im Schuh.

So kleiden Sie sich richtig

Aber noch schlimmer ist:

2. Rede den Leuten ein, sie seien zu alt, zu arm und zu hässlich, um mit der Mode zu gehen

Bei Spiegel Online arbeitet ein Kollege, der weiß, wie man Leuten Komplexe einredet. In einem Artikel über Mode - Titel: Männer, das geht gar nicht! - berichtet Dirk Brichzi, er würde an fast jeder Straßenecke am liebsten im Boden versinken vor Fremdscham. Meine Güte! Und dann geht er los, der allumfassende Vernichtungsschlag:

Flipflops und Sandalen. Es wird schnell klar: Dirk Brichzi hat andere Fetische als nackte Männerfüße. Deshalb müssen alle Männer an jeder Straßenecke ihre Füße verhüllen. Selbst wenn die Füße gepflegt sind! Selbst in teuren Designer-Sandaletten! Herr Brichzi sagt nein.

Das bedeuten Dresscodes für Männer
Stufe 1: Baseline Casual für MännerDie Zeiten, in denen Anzug tragen Pflicht war, sind lange vorbei. Viele Unternehmen setzen jetzt auf den „Baseline Casual“-Look. Also: Hübsche T-Shirts oder Polohemden, dunkle Jeans ohne Waschungen und geschmackvolle, nicht zu sportliche Sneaker.Aber Achtung: Folgen Sie immer der +1/-1 Regel. Sie können immer eine Stufe schicker gekleidet ins Büro kommen und am „Casual Friday“ oder zu anderen entspannteren Events auch mal eine Stufe weniger schick. Kleiden Sie sich dagegen gleich zwei Stufen schicker, wirkt das nur overdressed und überheblich. Quelle: Peek&Cloppenburg
Stufe 2: Mainstream casual für MännerAls Mann tragen Sie auf dieser Stufe am besten Shirts und Pullover in verschiedenen Farben. Gerne darf es auch kariert oder gestreift sein, Hauptsache, Sie treffen die richtige Mischung zwischen schick und locker. Auch die Kombination aus Hemd und einem lockeren Sakko bietet sich an. Untenrum machen Sie mit einer schicken Chino oder Leinenhose alles richtig. Dazu die passenden eleganten Schuhe, idealerweise aus hellem Leder, fertig ist ihr "Mainstream casual"-Look. Quelle: Peek&Cloppenburg
Business CasualHier bleibt die Jeans im Kleiderschrank, dafür darf die Krawatte raus – bei Bedarf. Grundsätzlich ist ein Anzug mit Hemd und darüber eventuell ein feiner Strickpulli absolut ausreichend. Quelle: dpa
Stufe 2: Mainstream casual für MännerAls Mann tragen Sie auf dieser Stufe am besten Shirts und Pullover in verschiedenen Farben. Gerne darf es auch kariert oder gestreift sein, Hauptsache, Sie treffen die richtigen Mischung zwischen schick und locker. Auch die Kombination aus Hemd und einem lockeren Sakko bietet sich an. Untenrum machen Sie mit einer schicken Chino oder Leinenhose alles richtig. Dazu die passenden eleganten Schuhe, idealerweise aus hellem Leder, fertig ist ihr "Mainstream casual"-Look. Quelle: Peek&Cloppenburg
Stufe 5: Boardroom attire für Männer Schick, adrett und schwarz-weiß - diese drei Schlagworte sollten bei diesem Outfit im Vordergrund stehen. Als Mann kommen Sie um einen schwarzen oder dunkelgrauen Anzug nun nicht mehr herum. Auch die Qualität spielt jetzt eine große Rolle. Weißes Hemd und unifarbene Krawatte machen das Outfit komplett. Quelle: Peek&Cloppenburg
Black Tie / Cravate NoireDamit ist keine schwarze Krawatte, sondern eine schwarze Fliege gemeint – die zum Smoking getragen wird. Quelle: REUTERS
White Tie / Cravate BlancheHier tragen Männer Frack mit weißer Fliege.  Dies ist bei besonders festlichen Anlässen wie dem Wiener Opernball angesagt. Und was ist mit den Damen? >>Das bedeuten Dresscodes für Frauen Quelle: dpa

Ausnahme: Menschen wie Facebook-Gründer Zuckerberg. Dem sei ein Auftritt zu einem Talk in Adiletten erlaubt. Begründung: Weil er Milliardär ist.

Heißt im Umkehrschluss: Ach, keine Ahnung, welchen Unsinn diese These im Umkehrschluss bedeuten könnte.

Hochgekrempelte Hosen. Ist zurzeit der oberste Allerwelts-Modetrend unter Männern. Das rät einem jeder zweite Klamottenverkäufer in Berlin-Mitte beim Hosenkauf. Da könnte man meinen, beim Krempeln kann man 2016 nicht viel falsch machen. Kurze Socken, die Hose zweimal umgeschlagen, ein bisschen Härchen zeigen, warum nicht?

Herr Brichzi schreibt: "Sie sollten bitte eine Hose in der passenden Länge kaufen - und statt mit der Länge mit den Farben und den Materialien experimentieren." Warum das eine, aber nicht das andere? Und wenn jemand wegen des Farbexperiments dann gleich wieder im Boden versinken möchte, ist aber eindeutig Herr Brichzi schuld.

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