Werner knallhart

Lidl, Rossmann, Edeka: Was Eigenmarken den Markendinos voraushaben

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Was Eigenmarken den Markendinos voraushaben

2. Eigenmarken setzen Trends

Einfach mal schnell was Neues ausprobieren: Das trauen sich die Ketten mit ihren Eigenmarken. Erst als „Aktion“ und wenn die zieht, dann länger oder dauerhaft. Dontodent-Zahncreme mit Zitronengeschmack. Brrrr. Eben Geschmackssache. Aber einen Versuch wert.

PR-Vorreiter in Sachen „Selber Trends setzen“ ist gefühlt Rewe. Während Zuckerverarbeiter wie Coca-Cola regelrecht per Gesetz dazu geprügelt werden muss, den Zucker in seinen Limonaden zu reduzieren (rund um Deutschland herum versteht sich, wir hier haben Julia Klöckner, die will ja keinen dazu nötigen, Gesünderes zu verkaufen), macht sich Rewe einen Sport aus dem Zuckersparen. Die Kölner Kette fragte vor einiger Zeit die eigenen Kunden: Welche Puddingsorte schmeckt Ihnen am besten? Die originale Variante mit viel Zucker oder eine der drei Testvarianten mit 20, 30 und 40 Prozent weniger Zucker? Die 30er-Variante siegte. Und nur noch diese verkauft Rewe jetzt. Mittlerweile stimmt Rewe weiter ab. Gerade hat ein Müsli mit 30 Prozent weniger Zucker gewonnen.

Auch andere Ketten machen mit beim Zuckerreduzieren in ihren Eigenmarken, teilweise und nach und nach sogar ohne großes PR-Aufhebens. Wer weniger Zucker will, guckt am besten bei den Eigenmarken.

3. Eigenmarken revolutionieren ihr Produktdesign

In der letzten Zeit fällt mir auf: Verpackungen von Eigenmarken im mittleren Preissegment (also eben nicht Ja!) sind mittlerweile mitunter so derartig hübsch gestaltet, dass teure Markenprodukte nicht mehr mithalten können. Gutes Beispiel sind die Kosmetik-Marken von Rossmann und dm. Die Spender einfacher Handflüssigseifen sehen mittlerweile so modern und schick aus, dass man sie am liebsten aufheben und wieder befüllen würde: im dunkelbraunen Apotheker-Flaschen-Look mit Etiketten in entsprechend vergilbten Farben. Teurer als die Basis (und vielleicht gar nicht besser), aber eben cooler als die oft noch teureren Weltmarken (die ja bekanntlich ebenfalls nicht automatisch besser sind). Diesen Image-Boost muss man erstmal hinkriegen.

Unterm Strich bedeutet das neue Selbstbewusstsein der Eigenmarken für die globalen Markenhersteller vor allem eins: Sie verlieren den Nimbus als Premium-Hersteller. Denn die neuen Eigenmarken sind emotional (Trend) und vernünftig (Preis). Und ist das nicht das wahre Premium für den mündigen Verbraucher?

Dass Edeka sich da besonders viel zutraut, merkt gerade Kraft Heinz. Wegen Streit um die Einkaufspreise hat Edeka den Kraft-Ketchup aus dem Sortiment geschmissen. Und will jetzt eine eigene Edeka-Ketchup-Marke entwickeln. Ich frage mich: Warum brauchen wir Kunden noch Kraft, wenn wir doch unser Edeka haben?

Die heimischen Handelsketten hier sind schließlich mittlerweile die neuen Kundenversteher. Die wissen, wie wir ticken. Und können vor allem regional drauf reagieren. Die alten Markendinosaurier von Übersee kommen da nicht mehr mit. Die entwickeln nicht selten Produkte, die den US-Amerikanern, Japanern und Franzosen gemeinsam schmecken müssen.

Oder ist, wer so denkt, einfach nur armes Opfer eines cleveren Marketings? Okay, aber dann ist doch zumindest das Eigenmarken-Marketing genial.

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