Was haben die Kirchen und die Parfümerie-Kette Douglas gemeinsam? Antwort: Der Dezember ist ihr bester Monat.
Und ich weiß: Es gibt Kirchenvertreter, die wissen nicht so recht, ob sie über ihren Eintagsfliegen-Erfolg am 24.12. lachen oder weinen sollen. Denn grundsätzlich ist es ja schön, wenn das Haus mal wieder so voll ist wie früher.
Im Jahr 1960 haben an einem durchschnittlichen Sonntag noch knapp 12 Millionen Leute die katholische Kirche besucht. 2016 waren es 2,4 Millionen. Das macht einen Abgang von 80 Prozent. Solche Einbrüche kennt man sonst noch aus Statistiken zur Nutzung von Wählscheibentelefonen oder zu den Zuschauerzahlen vom VIVA-Musikfernsehen.
Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche in Deutschland brüsten sich auf ihren Websites damit, es mit ihren Gottesdienstbesucherzahlen durchaus mit den Besucherzahlen in den Fußballstadien der ersten Liga aufnehmen zu können.
Nur muss man ehrlicherweise dazu sagen: Zu den Erstliga-Spielen gehen viele nicht, die gerne wollten (zu teuer, zu weit), in die Kirche könnte jeder (Eintritt kostenlos, Veranstaltung um die Ecke).
Insofern tut so ein Tag wie Heiligabend natürlich gut. Es ist der Douglas-Moment der Kirchen. Andererseits wissen die Kirchen auch: Wer nur einmal im Jahr in den Gottesdienst geht (und 66 Prozent der Menschen in Deutschland gehen einmal pro Jahr oder noch seltener in die Kirche, davon rund die Hälfte nie), für den kann Kirche nicht prägender Lebensinhalt sein. Er kommt eher wegen des gemütlichen Ambientes und weil die Weihnachtslieder mit ein bisschen Hall einfach besser klingen - während zuhause die Entenbrüste auftauen. Aber immerhin.
Laut evangelischer Kirche in Deutschland kommen an Heiligabend 8,3 Millionen Menschen in ihre Gottesdienste. Bei 23 Millionen Mitgliedern sind das rund 36 Prozent. Gerade mal ein gutes Drittel der Mitglieder machen mit an DEM Tag des Jahres. Ohne Konkurrenz durch die Bundesliga.
6 Fakten zu Weihnachtsgeschenken für Kinder
Eltern geben in diesem Jahr 131 Euro pro Kind für Weihnachtsgeschenke aus. Davon wird mehr als die Hälfte (76 Euro) in Spielzeug und Spiele investiert.
Quelle: Repräsentative Umfrage der rc-research & consulting GmbH im Auftrag von myToys. Befragt wurden 1053 Eltern mit Kindern im Alter zwischen 0 und 15 Jahren.
Zu den beliebtesten Geschenken für Kinder zählen 2017 neben Spielzeug und Gesellschaftsspielen (80 Prozent) auch Bücher (48 Prozent) und Modeartikel (40 Prozent). Nur 39 Prozent der Eltern planen, Multimedia-Produkte zu verschenken.
Die Jüngsten (0 bis 2 Jahre) bekommen im Durchschnitt Geschenke im Gesamtwert von 89 Euro. Die 3- bis 5-Jährigen dürfen sich über Präsente in Höhe von 112 Euro freuen. Kinder der Altersgruppe 6 bis 8 Jahre erhalten zu Weihnachten 2017 voraussichtlich Geschenke im Wert von 139 Euro. Durchschnittlich 147 Euro planen Eltern für die 9- bis 12-Jährigen ein. Das meiste Geld wird voraussichtlich für die über 12-Jährigen ausgegeben: im Schnitt 165 Euro.
Mädchen erhalten in diesem Jahr voraussichtlich Spielzeug im Wert von 69 Euro. Für die Spielsachen der Jungs planen Eltern mit 82 Euro wesentlich mehr ein. Betrachtet man die Ausgaben für Weihnachtsgeschenke insgesamt, ist der Unterschied jedoch gering: Die Mädchen dürfen in diesem Jahr mit Präsenten im Wert von 129 Euro rechnen. In die Geschenke der Jungs investieren Eltern durchschnittlich 134 Euro.
Nur 10 Prozent der Befragten geben an, dass der Vater für den Geschenkekauf zuständig sei. In den meisten Familien entscheiden immer noch die Mütter (44 Prozent) oder die Familie gemeinsam (45 Prozent), was unter dem Weihnachtsbaum landet.
Eine gute Nachricht für Kinder: Das Wunschzettelschreiben ist nicht vergebens: Die meisten Eltern (71 Prozent) holen sich ihre Inspiration für die Weihnachtsgeschenke direkt von ihren Kindern. 67 Prozent stöbern nach Anregungen im Internet, 46 Prozent lassen sich im Geschäft beraten.
Käme zum großen Sommerfest der freiwilligen Feuerwehr im Ort nur ein Drittel der Mitglieder, die Kollegen würden sich wohl fragen: Was haben wir falsch gemacht?
Trotzdem: Es feiert fast jeder in Deutschland Weihnachten. Weihnachten und Kirche wurden durch die Menschen hierzulande in der Praxis also längst entkoppelt. Die große Frage ist daher nun: Na und?
Wenn wir so Revue passieren lassen, was man so übers Jahr hinweg von der Kirche im Großen und Ganzen mitbekäme, wenn man nicht gezielt danach suchte, dann ist das:
1. Urbi et orbi in der Tagesschau mit Massenansammlungen in Rom
2. Weltjugendtag in der Tagesschau mit singenden Twens auf der grünen Wiese
3. Luther-Musical im ZDF mit Eckart von Hirschhausen
Millionen von Menschen engagieren sich im Namen der Kirchen ehrenamtlich im Stillen. Keine Frage: ein unverzichtbarer Beitrag für unsere Gesellschaft, so wie sie gegenwärtig strukturiert ist.
Aber wo sind die großen Ideen für die großen Fragen einer modernen Gesellschaft? Die Visionen, die die Leute mitreißen? Vor vielen Jahrhunderten versuchten die Menschen, verheerende Seuchen und Tod bringende Kriege mit Gebeten abzuwenden. Heute nehmen die Menschen es selber in die Hand. Wir wissen, dass wir sogar das Klima auf unserem Planeten verändern können; wir packen die Dinge selber an.
Fragen der Digitalisierung oder der Elektromobilität, der Brexit, der Euro, #metoo, der Verkehrsinfarkt in unseren Städten, das Erstarken der politischen Rechten in Europa, der islamistische Terror, die Tierquälerei in der Fleischwirtschaft - kaum einer ruft für Antworten auf diese Fragen nach Hilfe durch die Kirchen.
Talkshows kommen meist ohne sie aus. Und die Politik findet Lösungen mitunter sogar gegen den Widerstand der Kirche, wie bei der Ehe für alle und bei den Regeln zum Schwangerschaftsabbruch. Die Chancengleichheit im Job unabhängig vom Geschlecht ist bis heute in der katholischen Kirche Zukunftsmusik.
Sehen wir das Fest des Kapitalismus mal positiv
Geborgenheit finden die meisten Menschen wohl auch deshalb an Weihnachten ganz gut ohne Gottesdienst. In der Familie und mit Freunden.
Und sie suchen ihr Glück auch in gutem Essen und in vielen, vielen Geschenken unterm Weihnachtsbaum. Der Kaufrausch stresst viele. Und einige haben das Gefühl, sie können finanziell nicht den Erwartungen der anderen gerecht werden. Das ist kein schönes Gefühl und dann ist der Bogen überspannt.
Aber sehen wir dieses Fest des Kapitalismus mal positiv. Der Bestsellerautor Yuval Noah Harari zieht in seinem Buch „Homo Deus - eine Geschichte von Morgen“ mal Bilanz: Der Kapitalismus in der Welt leistete einen wichtigen Beitrag zur globalen Harmonie. Motto: Der Gewinn des anderen ist auch mein Gewinn. Nicht gegeneinander, sondern miteinander. „Das hat vermutlich mehr zur globalen Harmonie beigetragen als Jahrhunderte langes christliches Predigen darüber, dass man seinen Nächsten lieben und die andere Wange hinhalten solle.“
Die beliebtesten Weihnachtsgeschenke
Wie in den Vorjahren wollen neun von zehn Verbrauchern zum Fest etwas verschenken: Bargeld verschenken mehr als ein Fünftel der Bevölkerung und nehmen dafür durchschnittlich 238 Euro aus ihrem Portemonnaie.
Gutscheine generieren Jahr für Jahr mehr Handelsumsatz. So wollen in diesem Jahr mit 26 Prozent der Deutschen zwar 1 Prozent weniger als letztes Jahr mindestens einen Gutschein verschenken. Dafür steigt das Budget um 9 Euro auf 106 Euro an.
Bekleidung und Accessoires wollen wie im letzten Jahr 29 Prozent der Deutschen zum Fest verschenken. Allerdings geben sie mit 81 Euro 6 Euro weniger als im vergangenen Jahr dafür aus.
Spielwaren bringt das Christkind am zweithäufigsten. Wie im vergangenen Jahr wählen 34 Prozent der Deutschen ein Geschenk aus dieser Kategorie. Dafür wollen sie mit 81 Euro 3 Euro weniger ausgeben als 2016.
Bücher sind der Dauerbrenner. Insgesamt 35 Prozent (-3 Prozent) möchten mindestens ein Buch unter den Weihnachtsbaum legen. Dafür geben sie durchschnittlich 41 Euro aus.
Quelle: GfK-Analyse zum bevorstehenden Weihnachtsgeschäft
Und tatsächlich: Wären Deutschland und die Türkei nicht so eng wirtschaftlich verwoben, wer weiß, wie sich die Flüchtlingskrise entwickelt hätte? Und wie viel leichter ließen sich Bomben auf andere Länder rund um den Globus werfen, hätte man nicht Angst vor den wirtschaftlichen Konsequenzen im eigenen Land, wenn es in anderen Weltregionen ökonomisch abwärts geht.
Den Nächsten lieben, damit es einem selber besser geht. Das mag egoistisch sein. Aber den Nächsten zu lieben, um selber das ewige Leben nach dem irdischen Tod zu erlangen, ist nicht minder selbstbezogen.
Kapitalismus als Friedensgarant. Das ist keine absurde Idee. Und deshalb hat auch der Konsumrausch an Weihnachten sein Gutes im eigenen Land: Er ist nichts anderes als eine explodierende Binnennachfrage. Die wollen doch alle. Viele Weihnachtsgeschenke machen Hunderttausende von Arbeitsplätzen sicherer - im stationären Handel in der Fußgängerzone, bei Online-Shops, in Supermärkten, bei den Logistikern wie DHL und Hermes und natürlich bei den Produzenten der verschenkten Waren.
Wer schenkt, macht nicht nur seine Lieben glücklich, sondern sogar ihm gänzlich Unbekannte. Das ist nicht nur gelebte Nächstenliebe, sondern irgendwie sogar unbeabsichtigt Wildfremdenliebe. Und die bewirkt was.
So gesehen wird Weihnachten dem Anspruch an ein Fest der Liebe doch ziemlich gerecht.