Zara und H&M als Vorbild Wie der Esprit-Chef wieder junge Kunden locken will

Nach harten Jahren hat der Modehändler Esprit wieder einen kleinen Gewinn ausgewiesen. Mit einer aufregende Kooperation will Konzernchef Martínez nun das Image verjüngen. Doch die Sanierung ist noch lange nicht zu Ende.

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Der Manager hat bei der Esprit-Sanierung noch viel Arbeit vor sich. Quelle: Esprit

Düsseldorf José Manuel Martínez wählt drastische Worte um die Situation von Esprit zu beschreiben: „Wir haben die Blutung gestoppt und eine Basis gelegt für die Zukunft“, sagt der Vorstandschef des Modehändlers. „Jetzt beginnt eine langsame Erholung.“

Auch wenn Martínez noch vorsichtig bei Prognosen ist – Esprit scheint die Wende zu schaffen. Die Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr sind sogar etwas besser als ursprünglich geplant. So konnte das in Hongkong notierte Unternehmen unter dem Strich sogar wieder einen kleinen Gewinn in Höhe von 21 Millionen Hongkong-Dollar (2,4 Millionen Euro) ausweisen.

Von echter Profitabilität aber ist die Modegruppe noch weit entfernt. Denn selbst der kleine Gewinn kam nur durch außerordentliche Erträge wie den Verkauf des Hongkonger Bürogebäudes und Steuererstattungen zustande. Operativ stand immer noch ein Verlust von umgerechnet knapp 69 Millionen Euro für das Ende abgeschlossene Geschäftsjahr zu Buche.

Der Umsatz ging leicht zurück auf umgerechnet 2,05 Milliarden Euro. dabei muss man aber auch berücksichtigen, dass Esprit die Verkaufsfläche im gleichen Zeitraum um 13 Prozent verringert hat. So wurden erneut 66 unrentable Läden geschlossen, davon zehn in Deutschland.

Der Weg, den Martínez mit Esprit gehen musste, war hart. Bevor er 2012 übernahm hatten seine Vorgänger durch unkontrollierte Expansion aus einer profitablen Premiummarke ein Mittelklasse-Label gemacht, das in Kaufhäusern verramscht wurde. Im Zuge der Sanierung mussten hunderte Mitarbeiter gehen, dutzende Läden wurden geschlossen.

Das Zauberwort für die Wende ist bei Martínez „Vertikalisierung“. Nach dem Vorbild der erfolgreichen Konkurrenten Zara und H&M organisiert er die gesamte Fertigungskette vom Entwurf bis zum Verkauf der Kleidungsstücke komplett neu. Das Know-how dazu hat er – war Martinez doch zuvor schließlich bei der Zara-Mutter Inditex für Vertrieb und Logistik zuständig.


Cool und begehrt wie in den 80er-Jahren

Bei Esprit verringerte er die Zahl der jährlichen Kollektionen von zehn auf sechs, verkürzte die Entwicklungszeiten deutlich, um schneller auf Trends reagieren zu können, änderte die Arbeitsabläufe. Mit Erfolg: War der Umsatz vor der Einführung des neuen vertikalen Modells im Februar 2015 noch um 10 Prozent gefallen, ist er im abgelaufenen Geschäftsjahr um 8,1 Prozent gestiegen.

„Eine unserer großen Herausforderungen ist es, die Marke wieder zu verjüngen und Kunden zu gewinnen, die jünger sind als 30“, sagte Martínez. Zurzeit sind die meisten Kunden zwischen 40 und 50 Jahre alt.

Die Sanierung von Esprit fällt in eine Zeit, in der es vielen in der Modebranche so schlecht geht, wie lange nicht mehr. Zwei milde Winter hintereinander und ein verregneter Sommer lassen viele Jacken und Hosen zu Ladenhütern werden. Umso radikaler und immer früher im Jahr kürzen die Modehändler deshalb die Preise. Sie müssen sich gegenüber Online-Modehändlern wie Zalando, gegenüber vertikal integrierten Marken wie Zara und H&M sowie gegenüber neuen Billiganbietern wie Primark behaupten, die von ganz unten angreifen.

Um wieder so cool und begehrt zu werden wie in den 80er-Jahren, setzt Esprit auf eine Kooperation mit dem angesagten Label Open Ceremony, das von Popstars wie Jay Z und Rihanna getragen wird. Eine streng limitierte gemeinsame Kollektion in knallbunten Farben und auffälligem Esprit-Schriftzug soll das Image von Esprit wieder verbessern. Vertrieben werden sollen die Teile aber ausschließlich über Läden von Open Ceremony.

Zwei große Baustellen bleiben noch. Zum einen: Während der Umsatz in den eigenen Läden wieder wächst, fällt er im Großhandel mit Partnern wie Kaufhof oder Karstadt immer noch deutlich. Diese Blutung zu stoppen, dafür fehlt dem Unternehmen bisher das richtige Rezept, muss auch Martínez einräumen.

Das zweite große Problem ist der asiatische Markt, der immerhin für 15 Prozent der Umsätze steht. Zwar legte auch hier der Umsatz leicht zu. Das lag aber ausschließlich am Onlineumsatz, der um 58 Prozent stieg. Der Verkauf in den Läden war weiter rückläufig. „Hier greift auch unser neues vertikales Modell noch nicht“, musste Martínez einräumen.

Kein Wunder, verkauft doch Esprit in Asien fast ein Drittel seiner Waren über Discount-Outlets und weitere 25 Prozent über Konzessionshändler in Shoppingcentern in wenig hochwertiger Lage. Hier wird Martínez noch lange die Altlasten seiner Vorgänger abarbeiten müssen.

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