




Im vergangenen Jahr stellte der Zoll Plagiate im Wert von 127,4 Millionen Euro sicher. Das ist ein Zuwachs von 54 Prozent, wie die am Donnerstag veröffentlichte Zoll-Statistik 2012 ausweist. Die Dunkelziffer dürfte erheblich höher sein. Für die deutsche Wirtschaft bedeuten die abgekupferten Waren nicht nur einen enormen Schaden, sie bergen auch erhebliche Gefahren für die Verbraucher. So wurden allein 86.700 elektrische Geräte entdeckt, bei denen etwa die Gefahr eines Stromschlags bestand.
Die Produktpiraterie aus Verbrauchersicht
Insgesamt 65 Prozent haben bereits einmal oder mehrmals zu gefälschten Produkten gegriffen. Die Fake-Renner sind laut Zoll Schuhe, Accessoires wie Brillen oder Handtaschen, Kleidung, Spielzeug oder Elektroartikel.
Immerhin 37 Prozent dieser Menschen gaben an, dass ihnen durch das gefälschte Produkt Nachteile entstanden seien, weil es beispielsweise mangelhaft verarbeitet war, nicht funktioniert hat oder vielleicht sogar gesundheitsschädlich war.
35 Prozent der Befragten 3100 Passanten gaben an, unbewusst schon einmal gefälschte Produkte gekauft zu haben.
Weitere 30 Prozent sagten, dass sie ganz bewusst zur Fälschung gegriffen haben. Gerade in der Altersgruppe der 18- bis 25-jährigen sind Fakes offenbar beliebt. 43 Prozent der jungen Konsumenten kaufen bewusst Nachahmungen.
Ein Erfolg für die Unternehmen: 78 Prozent der Befragten sagten nach einer umfangreichen Aufklärung über die möglichen Konsequenzen durch den Kauf von gefälschten Produkten, dass sie ihre Kaufentscheidung künftig überdenken werden. Geringe Qualität (36 Prozent), Gesundheitsrisiken (26 Prozent) und Kinderarbeit (24 Prozent) waren die meistgenannten Gründe für das Umdenken.
Das Einfallstor für Produktpiraten ist immer häufiger das Internet: Wer weltweit per Mausklick Waren bestellt, kann sich nicht immer sicher sein, dass er ein Original geliefert bekommt. Zudem sind die vermeintlichen Schnäppchen oft hoch gefährlich. So stellte der Zoll 93.500 Spielwaren mit gesundheitlichen Risiken sicher: Erstickungsgefahr wegen loser Teile, giftige Farbe, fehlende Warnhinweise. Aus dem Verkehr gezogen wurden außerdem 135.100 Sonnenbrillen, denen der versprochene UV-Schutz fehlte, und 11.000 augenschädigende Laserpointer.
Diese Eigentumsrechte gibt es
Eine Marke beschreibt beziehungsweise schützt den Namen, das Logo, die Verpackung oder Abbildungen eines Produkts. So sind beispielsweise die Streifen auf Turnschuhe von Nike eine Marke, genauso wie der angenagte Apfel des US-Unternehmens Apple eine eingetragene Marke ist.
Wer diese optischen Merkmale für sein Produkt imitiert, verletzt das Markenrecht.
Patente werden für Erfindungen eingetragen. Damit das Patentamt eine Erfindung patentiert, muss sie neu sein. Ein Patent auf das Rad kann sich also niemand eintragen lassen, wohl aber auf einen völlig neuen Autoreifen. Weitere Voraussetzungen für ein eingetragenes Patent sind die sogenannte erfinderische Tätigkeit und der gewerbliche Nutzen dessen, was patentiert wird.
Das Gebrauchsmuster oder "kleines Patent" schützt ebenfalls neue Erfindungen. Der Unterschied zum Patent ist, dass das Gebrauchsmuster nur für Verbesserungen und Neuerungen an schon bestehenden Geräten, Maschinen oder chemische Stoffen vergeben wird.
Wie das Patent muss auch das Gebrauchsmuster beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet werden.
Das Geschmacksmuster schützt das Design eines Produktes. So lässt sich beispielsweise ein Geschmacksmuster für ein achteckiges Bügeleisen anmelden oder auf grün-gelb-karierte Smartphones. Das sogenannte Geschmacksmustergesetz (GeschmMG) sagt dazu (Paragraph 2, Abschnitt 1), dass ein Design, auf das ein Geschmacksmuster angemeldet wird "neu sein und Eigenart besitzen" muss.
Weiter heißt es: "Neu ist ein Muster dann, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Muster bekannt gemacht, ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde."
Ein weiteres, viel diskutiertes Recht ist das Urheberrecht. Für die Industrie eher uninteressant schützt es Musik, Filme sowie allgemein Werke aus Literatur, Wissenschaft und Kunst.
Der Sortenschutz schützt das geistige Eigentum an Pflanzenzüchtungen. Das heißt, dass ein Züchter, der eine bestimmte Pflanze durch Kreuzungen gezüchtet hat, sich diese eintragen lassen kann. Auch hier gibt es ein Gesetz, dass den Sortenschutz regelt: Laut Paragraph eins des Sortenschutzgesetzes (SortenschutzG) bekommen die Pflanzensorten ein Schutzrecht, die von anderen Pflanzen unterscheidbar, homogen, beständig und neu sind.
Den Halbleiterschutz können Hersteller für besondere dreidimensionale Strukturen ihrer Produkte beantragen.
Unternehmen, die ihre Produkte in bestimmten Regionen gewinnen, können mit geografischen Herkunftsangaben werben und ihre Produkte damit kennzeichnen. Heißt: Wer "blue Mountain coffee" verkauft, der sollte auch die Kaffeebohnen anbieten, die an den jamaikanischen Blue Mountains wächst.
"Erfolgreiche Zollarbeit ist praktizierter Verbraucherschutz", sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Vorstellung der Jahresbilanz der fast 40.000 Zöllner. Denn gefälscht wird mittlerweile alles, auch Bremsscheiben und Krebsmedikamente, die gar keine Inhaltsstoffe enthalten. Aus dem Verkehr gezogen wurden außerdem rund 100.000 nicht zugelassene Feuerwerkskörper sowie radioaktiv belastete Gartenfackeln, Teedosen und sogar strahlende Türbeschläge.
So wehren sich Unternehmen gegen Produktpiraten
Wenn eine Fälschung entdeckt wird, setzen die Unternehmen hauptsächlich auf Rechtsmittel: 92 Prozent reichen in einem solchen Fall eine Unterlassungsklage gegen die Nachahmer an.
71 Prozent der Befragten verlangen Schadensersatz von den Copycats.
Genauso viele Unternehmen, nämlich 71 Prozent der Befragten, lassen die gefälschten Produkte vernichten. Wer einen entsprechenden Antrag gestellt hat (Antrag auf Tätigwerden bei der Zollverwaltung), kann sich darauf verlassen, dass jede Nachahmung, die der Zoll bei Kontrollen findet, vernichtet wird.
Nur jedes dritte Unternehmen (33 Prozent) führt öffentliche Aufklärungskampagnen durch, die Kunden und Geschäftspartner auf die Fälscher aufmerksam machen sollen.
Dass die gefährlichen Plagiate auf dem Vormarsch sind, liegt nach Worten des Präsidenten des Zollkriminalamtes Köln, Norbert Drude, auch an den Konsumenten: "Der Trend der Verbraucher zu immer mehr für immer billiger führt zu einer verstärkten Fälschertätigkeit." Knapp die Hälfte der Plagiate kam aus China, gefolgt von Hongkong und Singapur.
Außerdem beschlagnahmte der Zoll 29 Tonnen Rauschgift, darunter 401 Kilo Heroin, und deckte Schäden durch Schwarzarbeit von über 750 Millionen Euro auf. Hauptsächlich an den Flughäfen stellte der Zoll außerdem in 1100 Fällen über 71.000 geschützte Tier- und Pflanzenarten sowie daraus hergestellte Waren sicher. Hinzu kamen 5166 Kriegswaffen und 1,5 Millionen Schuss Munition.