
Anfang April hatte der malerisch gelegene Öschberghof wieder mal hohen Besuch: Karl Albrecht hatte sich zum jährlichen Familientreffen angekündigt. Chauffiert, so jedenfalls wird berichtet, wurde der 94-jährige Patriarch von seinem vertrauten Fahrer im S-Klasse-Mercedes mit langem Radstand, aber sparsamen Dieselmotor. Der seit 2013 verwitwete Multi-Milliardär wohnte wie immer abgeschirmt in einer Villa, die mit einem Tunnel mit dem Öschberghof verbunden sein soll. Der Öschberghof wiederum, ein Wellnesshotel mit 27-Loch-Golfanlage in der Nähe von Donauschingen, gehört zum Immobilienbestand des Aldi-Mitgründers.
Vermögen von 18 Milliarden Euro
Im Schlepptau bei diesen Treffen hatte Karl Albrecht seine engsten Familienmitglieder. Den kinderlosen Sohn Karl junior (66), die Tochter Beate Heister (62) mit ihrem Ehemann Peter Heister (66) und deren Kinder, allen voran Peter Max Heister, der als neuer Hoffnungsträger im Albrecht-Clan gilt. Mehr noch als Karl junior bestimmen die Heisters schon seit längerem über die Stiftungen des Vaters die Geschicke und das beträchtliche Vermögen des Billig-Konzerns. Auf 18 Milliarden Euro wird allein der Teil geschätzt, den Karl Albrecht aufgebaut hat, sprich Aldi Süd.
Wann immer diese Ranglisten über die vermögendsten Deutschen publiziert werden, steht der Gewinner eigentlich schon vorher fest: Aldi-Süd-Patron Karl Albrecht führt die Reichenriege regelmäßig an. Auf den Plätzen folgen mit Lidl-Gründer Dieter Schwarz und der Familie des verstorbenen Aldi-Nord-Gründers Theo Albrecht ebenfalls Discounter. Wie hoch ihre Vermögen exakt ausfallen - und welche Beträge alljährlich hinzukommen -, ist indes eher Glaubensfrage als lösbare Gleichung.
Der Tod des Aldi-Mitgründers dürfte kaum Auswirkungen auf das Unternehmen haben. Schon seit Jahrzehnten steuerte er nicht mehr die Geschicke des Unternehmens. Sein Erbe ist geregelt, und auch im operativen Geschäft wird sich auf absehbare Zeit wenig ändern, zumal die Unternehmensstruktur per Stiftungskonstruktion in Stein gemeißelt scheint.
Das Unternehmen teilt dazu mit: „Karl Albrecht blieb dem Unternehmen bis zu seinem 75. Lebensjahr in verantwortlicher Stellung verbunden, zog sich danach zurück und begleitete bis wenige Tage vor seinem Tod die Unternehmensgeschicke aufmerksam und wohlwollend. Bereits im Jahre 1973 schuf Karl Albrecht die Voraussetzungen für eine unternehmerische Kontinuität über seinen Tod hinaus: Das Vermögen der Unternehmensgruppe Aldi Süd wird von zwei Stiftungen kontrolliert, die eine erfolgreiche Fortführung seines Lebenswerks gewährleisten. Durch eine stets ausreichende Ertragslage konnte die Unabhängigkeit bewahrt werden; wir sehen es als ein Vermächtnis an, dies auch zukünftig zu gewährleisten.“
Wenig Informationen
Karl Albrecht wurde am 20. Februar 1920 in Essen als Sohn eines Bergarbeiters und gelernten Bäckers geboren. Das Munzinger-Archiv merkt dazu an: „Der Geburtsort und das Geburtsdatum ist, wie viele andere Informationen aus dem persönlichen Leben Albrechts, nicht bestätigt“.
Der Vater muss wegen einer Staublunge die Arbeit im Bergbau aufgeben und eine schlecht bezahlte Arbeit in einer Brotfabrik annehmen, die Mutter eröffnet daraufhin im Essener Bergarbeitervorort Schonebeck einen kleinen Lebensmittelladen, um die Familie über Wasser zu halten.





Nach dem Besuch der Mittelschule absolviert Karl eine Lehre in dem angesehenen Essener Feinkostgeschäft Weiler, sein Bruder Theo erhält seine Ausbildung im mütterlichen Geschäft. Beide Brüder nehmen als Soldaten am Zweiten Weltkrieg teil. Während des Ostfeldzugs soll Karl Albrecht verwundet worden sein.
1946 übernehmen die Brüder das im Krieg unbeschädigt gebliebene Lebensmittelgeschäft ihrer Mutter Anna und bauen nach und nach eine kleine Ladenkette auf, die bereits 1950 13 Lebensmittelgeschäfte alten Stils umfasst und deren Filialen sich 1955 auf das ganze Ruhrgebiet ausdehnen. In den Jahren danach wagen sich die geschäftstüchtigen Jungunternehmer dann an eine Vertriebsform heran, die später unter dem Schlagwort „Discount“ berühmt, ja sogar weltberühmt, wird. Sie zeichnet sich durch ein straff geführtes Sortiment sowie durch weitgehenden Verzicht auf Dekoration, Werbung und aufwendige Ladeneinrichtungen aus.