Hans Heinrich Driftmann Wie tickt der neue DIHK-Präsident?

Heute wird Flockenkönig Hans Heinrich Driftmann zum neuen DIHK-Präsidenten gewählt. Der Chef des Müsliherstellers Kölln mischt sich gern ein und hat klare Positionen.

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Hans Heinrich Driftmann ist Quelle: AP

Er stammt aus einer Beamtenfamilie aus dem niedersächsischen Bückeburg und wollte eigentlich Theologie studieren. Pastor ist Hans Heinrich Driftmann zwar nie geworden. Aber doch so etwas wie ein Prediger. Der Chef des Haferflockenherstellers Peter Kölln in Elmshorn, Präsident der IHK Kiel und Präsidiumsmitglied der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) meldet sich seit jeher gern öffentlich zu Wort.

Künftig wird der Vater von vier Töchtern noch mehr Präsenz zeigen müssen, denn heute stellt sich der 61-Jährige beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) für das Präsidentenamt zur Wahl. Empfohlen hat ihn Ludwig Georg Braun, der den Spitzenverband der 80 Industrie- und Handelskammern seit 2001 führte. Braun konsolidierte den DIHK mit seinen 180 Beschäftigten, an den Auslandshandelskammern in 80 Staaten angegliedert sind.

Driftmann ist gesellschaftlich engagiert und betont die Verantwortung der Unternehmen für das Gemeinwesen. Er ging nach einem Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit Promotion in Pädagogischer Psychologie zunächst zur Luftwaffe, war danach Referent im Bundesverteidigungsministerium und Dozent an der Hamburger Bundeswehr-Führungsakademie. 1970 heiratete er Gesche Kölln, die Tochter des Geschäftsführers Ernsthermann Kölln. 1987 stieg Driftmann dann in die Kölln-Geschäftsleitung auf.

Freunde & Gegner

Driftmann ist offenbar beliebt. Gewerkschafter beschreiben ihn als sozial verantwortlichen Unternehmer, der sich auch in privaten Notlagen um seine Mitarbeiter kümmere. Die Arbeitgeberseite schätzt ihn als überzeugten Marktwirtschaftler, in Verbandskreisen eilt ihm der Ruf eines Modernisierers voraus.

Hat der Mann nur Freunde? Scheinbar schon. Wenn es Kritik gibt, dann ist selten die Person Driftmann gemeint, sondern sie entzündet sich an dem, für das Driftmann steht: am Kammerwesen und seiner Pflichtmitgliedschaft für Unternehmen.

Wie etwa kürzlich bei der Wahl zum Präsidenten der IHK Kiel, als der Kerzenfabrikant Wolfgang Ihde gegen Driftmann antrat – und keine einzige Stimme bekam. Ihde will die Pflichtmitgliedschaft in der IHK abschaffen. Driftmann betont dagegen, dass ohne die IHK-Beiträge der Steuerzahler etwa für die Ausbildungsleistungen der Kammern aufkommen müsse.

Driftmann geißelt Gier, die aus übertriebenem Gewinnstreben entsteht. Wohin das führen kann, weiß er aus eigener leidvoller Erfahrung: Driftmann sitzt im Beraterkreis der krisengeschüttelten IKB Deutsche Industriebank und ist Aufsichtsratsmitglied der angeschlagenen HSH Nordbank, die sich mit US-Kreditpapieren verzockte.

Ziele und Visionen

Einmischen wird sich der Mann mit dem lichten grauen Haar als DIHK-Präsident noch vehementer als bisher. So fordert Driftmann, der im Verband bereits einer der Vizepräsidenten und Leiter des Bildungsausschusses ist, der Staat müsse dafür sorgen, dass „sich nicht länger irgendwelche Banker in Ratingagenturen treffen und inkompetente Urteile über Finanzprodukte fällen".

Auch beim Thema Managergehälter hat Driftmann eine klare Position. Die Zahl der Manager mit utopisch hohen Gehältern sei verschwindend gering. Man würde mit einem neuen großen Regelwerk daher nur mit Kanonen auf Spatzen schießen.

In seiner künftigen Funktion will er vor allem die Zusammenarbeit der 80 IHKs intensivieren. Und ein politisches Ziel wird er weiter verfolgen: den Zusammenschluss der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein. Ohne eine Fusion könne es passieren, dass Schleswig-Holstein irgendwann als Wurmfortsatz einer großen Länderfusion mit Bremen und Mecklenburg-Vorpommern untergepflügt werde.

Vorlieben

Mercedes S-Klasse: Quelle: AP

Auf die Mercedes S-Klasse lässt Driftmann nichts kommen. Von der Sicherheit der Edelkarosse konnten sich Driftmann und sein Fahrer unfreiwillig überzeugen, als sich ihr 500 SEL vor Jahren durch Aquaplaning zweimal überschlug, die Leitplanken durchbrach und eine Böschung hinabrollte. Beide blieben unversehrt. Zudem sähe sein CC-Schild – Driftmann ist Honorarkonsul von Venezuela – am Heck einer anderen Automarke merkwürdig aus, findet er.

Driftmann ist ein Viel- und Schnellleser – sehr zur Freude seiner Buchhändlerin. Er entspannt bei Bach und Beethoven und begeistert sich für historische Krimis. In seiner Freizeit schwimmt er (im Pool der Schwiegereltern), joggt (in einem Wald in der Nähe seiner Privatvilla) und wandert strammen Schrittes. Driftmann gilt zudem als Freund und Kenner von Marinemalerei. In seinem Büro hängen Ölgemälde, die die Kaiseryacht Meteor vor Kiel zeigen.

Vorbilder

Heldenverehrung ist keine Spezialität für norddeutsche Charaktere. Kraft schöpft Hans Heinrich Driftmann vielmehr aus seinem Glauben – und ähnelt da stark dem scheidenden DIHK-Präsidenten Braun, der seinen Mitarbeitern regelmäßig Bibel-Zitate auf ihre PCs schicken ließ.

Großes Interesse hat Driftmann an historischen Persönlichkeiten. Biografien zählen daher zu seiner bevorzugten Lektüre. Besonders gern beschäftigt sich der Unternehmer und Oberst der Reserve mit Büchern über den Eisernen Kanzler, Otto Fürst von Bismarck, dessen Altersruhesitz Friedrichsruh nur 90 Kilometer von der Kölln-Unternehmenszentrale in Elmshorn entfernt liegt. An Bismarck imponiert Driftmann vor allem das strategische Denken.

Stärken & Schwächen

Durchhaltevermögen und starke Nerven werden Driftmann attestiert. Die braucht er. Täglich. Denn als Chef der Flocken- und Müslidynastie Kölln kämpft er gegen übermächtige Branchenriesen. Sei es gegen den milliardenschweren US-Konzern Kellogg, die Oetker-Gruppe oder Discounter wie Lidl, die mit billigen Eigenkreationen der Marke aus Elmshorn das Leben schwer machen.

Driftmann ist da ein norddeutscher Sturkopf und enthält die Kölln-Marke den Billigheimern vor. Eine riskante Strategie, denn der Marktanteil von Aldi, Penny, Netto & Co. nimmt stetig zu. Auch der Einstieg von Kellogg mit eigenen Müslis liegt Driftmann schwer im Magen.

Driftmann stellt zwar langfristige Erfolge vor kurzfristige Effekte, kann aber auch schnell entscheiden. Als er 2004 dem Lebensmittel-Multi Unilever die Marken Livio, Palmin und Biskin abkaufen kann, wird der Deal zwar akribisch vorbereitet, im Familienrat aber in einer Blitzsitzung durchgewinkt. Kölln hat mit den Marken den Umsatz knapp verdoppelt – sie aber gleich wieder verkauft und zurückgeleast. Eigentümerin ist die Commerzleasing. Seine strategischen Talente machte sich auch die Bundeswehr zunutze. An der Führungsakademie hat Driftmann eine Zeit lang Generalstabsoffiziere ausgebildet.

Driftmann ist Frühaufsteher, ab 7 Uhr ist er im Büro. Er schätzt konzentrierte, straff organisierte Arbeit. „Bis 11 Uhr gehöre ich dem Unternehmen, danach dem Ehrenamt."

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