Hansestadt Stralsund Wie ostdeutsche Mittelständler der Krise trotzen

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Prost! Marketingmanager Triebe feiert einen neuen Absatzrekord der Stralsunder Brauerei Quelle: Timmo Schreiber für WirtschaftsWoche

Dass es sich lohnt, auf Neues zu setzen, davon kann auch Karsten Triebe berichten. Der 26-Jährige ist Marketing-Geschäftsführer bei der Stralsunder Brauerei. Vor drei Jahren haben die Brauer aus der Hansestadt ein Biobier unter der Marke Störtebeker aufgelegt. Die Rohstoffe stammen dabei häufig aus der Region, die Qualität soll höchsten Ansprüchen genügen, der Preis fällt allerdings ebenfalls überdurchschnittlich aus: Im Versand kosten zwölf Halbliterflaschen 17 Euro. Konsequent vermarktet die Stralsunder Brauerei Störtebeker als regionales Bier. Der Seeräuber aus dem 14. Jahrhundert soll auch an der Ostsee sein Unwesen getrieben haben.

Der Mix aus regionaler Verwurzelung und Premium-Qualität kommt in der Bevölkerung offensichtlich an, schnell hat die Marke Störtebeker insbesondere die Getränkeregale bei den Händlern geentert. Triebe setzt vor allem auf Vollsortimenter wie Rewe oder Edeka, weniger auf Discounter. Seit 2007 ist der Störtebeker-Absatz jedes Jahr prozentual zweistellig gewachsen. Um der Nachfrage – insbesondere nach der beliebtesten Sorte Bernstein Weizen – Herr zu werden, investierte das Unternehmen vor wenigen Monaten in zwei neue Gärtanks.

Der Gesamtausstoß der Brauerei, die etwa 200 Mitarbeiter beschäftigt, ist von 65 000 Hektolitern im Jahr 2008 auf 70 000 Hektoliter (2009) gewachsen. In diesem Jahr soll die Hunderttausender-Marke erreicht werden. „Im rückläufigen Biermarkt ist das ein schöner Erfolg“, sagt Marketing-Geschäftsführer Triebe. Das Wachstum ist vor allem Störtebeker zu verdanken. Dem Trend zu Billigbieren trotzen die Ostdeutschen mit ihren Premium-Produkt erfolgreich.

Stralsunder Brauerei auf Erfolgskurs

Laut Branchenschätzungen dürfte die Brauerei, die zudem noch die Marken Stralsunder und SPQ (Bitter Lemon, Tonic, Ginger Ale) verkauft, etwa zehn Millionen Euro umsetzen. Zahlreiche Preise hat die mittelständische Gruppe inzwischen mit Störtebeker gewonnen, im Januar verlieh die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft dreimal Gold an die Stralsunder wegen der hohen Qualität. Den Bundesehrenpreis für Bier gab Geschäftsführer Markus Berberich allerdings im vergangenen Jahr an Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner zurück – aus Protest gegen die Genehmigung von Freilandversuchen mit genmanipulierter Braugerste in Mecklenburg-Vorpommern.

Möbel-Chefin Susanne Masson-Wawer verkauft zwar keine Bioprodukte, argumentiert aber ebenso mit der Umwelt: Ihre Fiberglasmöbel würden über Generationen halten und seien komplett recycelbar, versichert sie. Alle Teile sind handgefertigt. In der Produktionshalle umwickelt ein Arbeiter einen Stuhlrohling mit Textilglasfasern. Die Fasern hat er zuvor in Harz getränkt. Ein entsprechend schwerer Geruch durchzieht die Halle.

Neben Fiberglasmöbeln stellt Masson-Wawer auch noch Bauteile für Winter-gärten und Terrassendächer her. „Terassendächer liegen im Trend. Derzeit kaufen die Kunden eben lieber ein Terassendach als einen Wintergarten“, sagt Gründer Manfred Wawer. Die Anforderungen an den Wärmeschutz, die Kosten für Baugenehmigungs- und Prüfverfahren -sowie für Heizung und gedämmte Bodenplatten führen zu deutlich höheren Preisen für Wintergärten. „Das Geschäft mit den Wintergärten entwickelt sich aus -diesen Gründen eher rückläufig“, sagt Wawer.

Einen Wunsch hat seine Ehefrau noch: Dass die Kanzlerin mal persönlich im Unternehmen vorbeischauen möge. Die beiden Frauen sind sich Anfang des Jahres begegnet, beim Neujahrsempfang in Merkels Wahlkreis. Masson-Wawer hatte die Dekokugeln – natürlich aus Fiberglas – für das Buffett gestiftet. Nun würde die Firmenchefin ihrer Abgeordneten gerne mal vor Ort zeigen, wie aus dem Fiberglas Stühle entstehen.

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