Hintergrund Allianz-Chef bedauert manche Vorgänge bei Konzernumbau

Allianz-Chef Michael Diekmann hat sich mit seinem Konzernumbau den Zorn der Belegschaft zugezogen. Kein Wunder, sollen doch 5700 Stellen alleine im Versicherungsgeschäft wegfallen. Die guten Zahlen fürs abgelaufene Jahr geben Diekmann aber Recht. Von Triumphgehabe jedoch keine Spur beim Allianz-Lenker. Im Gegenteil: Er bedauert so manches.

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Allianz-Chef Michael Diekmann

„Wir haben in Deutschland in einem sehr schwierigen Prozess im letzten Jahr nicht immer überzeugend agiert, und das bedauere ich“, sagte der Allianz-Chef am Donnerstag bei der Vorlage der Geschäftsergebnisse 2006. Bei vielen Gesprächen mit Mitarbeitern, Arbeitnehmervertretern, Kunden und Aktionären sei letztlich nie das Ziel der Neuordnung in Frage gestellt worden. „Aber es gab Unterschiede in der Frage nach dem richtigen Weg.“ Die Allianz befindet sich derzeit im größten Umbau ihrer Geschichte. Sie hat sich in eine europäische Aktiengesellschaft umgewandelt. Das Deutschland-Geschäft ist unter einer neu gegründeten Holding – der Allianz Deutschland AG – gebündelt worden. Ziel ist es, die einzelnen Versicherungssparten enger zu verzahnen. Dabei fallen Arbeitsplätze weg, ganze Standorte werden geschlossen. Ihre europäischen Töchter – vor allem die französische AGF und die italienische RAS – will die Allianz enger an sich binden. Mit dem Jobabbau bei gleichzeitigen Milliardengewinnen hatte die Allianz in der Öffentlichkeit massive Kritik geerntet und eine Protestwelle bei den Beschäftigten ausgelöst. Schließlich kam die Unternehmensleitung den Mitarbeitern im November entgegen, verlängerte den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2009 und sagte den Erhalt mehrerer hundert Stellen bei der Allianz Deutschland AG in Köln zu; ursprünglich hatte der Standort ganz geschlossen werden sollen. „Man hätte es für die Menschen in Köln sehr viel verträglicher machen können, wenn man die Gespräche vorher hätte führen können“, gab Diekmann zu. „Das ist ein Lernprozess.“ Selbst Gewerkschafter hatten in der Diskussion um den Konzernumbau eingeräumt, dass sich die Unternehmen für den härteren Kampf um Marktanteile wappnen müssen. Branchenexperten stellen Diekmann daher auch ein positives Zeugnis für die eingeleiteten Veränderungen aus. „Die Allianz ist auf dem richtigen Weg“, sagt beispielsweise Versicherungsspezialist Thilo Gorlt von der BayernLB. Beweis ist der Gewinnsprung von 4,4 Milliarden Euro in 2005 auf 7 Milliarden Euro in 2006.

Bei Diekmanns Amtsantritt vor fünf Jahren war die Allianz von solchen Zahlen noch weit entfernt. 2003 lag der Überschuss bei 1,6 Milliarden Euro, im Jahr davor war sogar ein Minus von 1,2 Mrd. Euro angefallen. Der Kurs dümpelte vor sich hin und der neue Chef musste sich auf der Hauptversammlung unangenehme Fragen der Aktionäre gefallen lassen. Seine damalige Ankündigung, zunächst das Sorgenkind Dresdner Bank auf Kurs zu bringen, hat er weitgehend eingelöst: Heute ist die Tochter, deren Übernahme die Allianz 2001 als großen Wurf feierte, zwar noch immer kein Goldesel, verdient aber Geld: 895 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Aber auch hier fallen 2500 Stellen weg. Einige Restrukturierungsaufgaben bleiben noch abzuarbeiten, sagt Versicherungsanalyst Lucio di Geronimo von der Hypo-Vereinsbank. So ist die Frage nach dem Verbleib der Investmentbank Dresdner Kleinwort noch immer ungelöst. Auch beim Verhältnis zwischen Kosten und Erträgen hat die Dresdner zwar deutliche Fortschritte erzielt, steht aber im Vergleich zu Wettbewerbern noch immer nicht gut da. Sie muss 79,6 Cent aufwenden, um 1 Euro zu generieren. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank benötigt lediglich 70,2 Cent. Auch Diekmann ist überzeugt, dass der Konzern bei seinen Anstrengungen nicht nachlassen darf: „Wir müssen weiter Kurs halten, Fahrt aufnehmen und kontinuierlich liefern“, sagt der Allianz-Chef. Die Komplettübernahme der französischen Tochter AGF und der Allianz Leben, mit der das Unternehmen den Europa-Umbau vorantreibt, seien dabei wichtige Bausteine. Denn klar ist für Diekmann: Auch die Wettbewerber können Punkte machen. Schon lange eifert der deutsche Konzern Konkurrenten wie dem niederländischen Versicherungs- und Finanzkonzern ING oder dem US-Versicherer AIG nach. Mit stabilen Gewinnen Jahr für Jahr bleibe der US-Konzern derzeit Maß der Dinge in der Branche, sagt Diekmann. Dem französischen Erzrivalen Axa, der ebenfalls am Donnerstag seine Bilanz vorlegte, hat es die Allianz allerdings gezeigt: Der Nachbar konnte das Ergebnis nicht mal halb so stark steigern und landete bei einem Überschuss von „nur“ 5,1 Milliarden Euro.

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