Hype um LinkedIn Angst vor der Blase

Das Business-Netzwerk Linkedin hat den besten Börsengang eines Internet-Unternehmens seit Google hingelegt. Doch die Gefühle im Silicon Valley sind gemischt.

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Linkedin Chef und Gründer Reid Hoffmann

Bislang war Reid Hoffman nur Silicon Valley Insidern und Gründern ein Begriff. Das hat sich seit Donnerstag geändert. Da ging das von ihm mitgegründete soziale Netzwerk Linkedin an die Börse und katapulierte Hoffmann in die prominente Riege der Silicon Valley Internet-Milliardäre. Zum Börsenschluß hatte sich der Ausgabepreis mehr als verdoppelt, was einem Unternehmenswert von 8,9 Milliarden Dollar entspricht. Es ist der erfolgreichste Börsengang eines Internet-Unternehmens seit Google. Zum Vergleich: Der Wert der Suchmaschine schnellte am ersten Handelstag im August 2004 auf rund 32 Milliarden Dollar.

Verwaltungsratschef Hoffman, noch immer größter Einzelaktionär von Linkedin, ist nun 1,8 Milliarden Dollar reicher – auf dem Papier zumindest. Doch im Silicon Valley zählt nicht nur der schnöde Mammon, sondern auch Einfluß.

Angst vor einer Spekulationsblase

Auch davon hat Hoffman mehr als genug. „Reid ist ein Powerbroker, der wie kein anderer social media versteht“, lobt AOL-Gründer Steve Case, der gemeinsam mit ihm Geschäfte macht. Mit dem Verkauf von Paypal an Ebay, den Hoffman maßgeblich einfädelte, machte der Stanford Absolvent im Sommer 2002 seine ersten Millionen. Mit dem Finanzpolster gründete er ein paar Monate später nicht nur Linkedin, sondern investierte als sogenannter Angel Investor in eine Reihe von Internet-Startups. Mit Facebook und dem Online-Spieleanbieter Zynga hat er dabei mindestens zwei Jackpots gelandet. Beide Unternehmen sind IPO-Kandidaten, bereiten ebenfalls heiß erwartete Börsengänge vor, die Hoffman mit Linkedin nun schon mal angetestet hat.

Bei Facebook war Hoffman gemeinsam mit dem deutschstämmigen Ex-Paypal-Chef und Hedgefond-Manager Peter Thiel sogar der erste externe Geldgeber. Zwar ist unklar, wieviel Anteile Hoffman derzeit noch an Facebook hält. Doch schon jetzt hat er sich den Ruf als Schöpfer der Social-Media-Welle gesichert. Tatsächlich wurde Linkedin ein Jahr früher als Facebook gegründet. Doch noch ist unklar, ob Hoffman als Social-Media-Pionier in die Geschichte des Silicon Valley eingehen wird oder als der Mann, der eine neue Internet-Blase schürte und anstach.

"Lächerlich und überzogen"

Denn im Hightech-Eldorado grassiert wieder die Angst vor einer Spekulationsblase wie zu den Dot.com-Zeiten Ende der neunziger Jahre. Die Bewertung von Linkedin  mit sagenhaften 8,9 Milliarden Dollar – die Deutsche Lufthansa AG wird mit rund zehn Milliarden Dollar gehandelt – verstärkt die unguten Gefühle. Schließlich zählt Linkedin gerade mal tausend Mitarbeiter.  Jim Cramer hält die Summe für „lächerlich und völlig überzogen“. Der meinungsstarke Börsenkommentator und US-TV-Star fühlt sich an den Börsengang des Internet-Startups Globe.com erinnert, das einen fulminanten Start hinlegte und danach verglühte. Es scheint, als ob Profi-Investoren wie etwa der Silicon Valley Wagnisfinanzier und Linkedin-Aktionär Sequoia Capital das Risiko stärker auf normale Anleger verteilen wollen, bevor die Euphorie über soziale Netzwerke wieder abebbt.  „Wir sind eindeutig in einer Bewertungsblase“, sagt der Silicon Valley Unternehmer und Wagnisfinanzierer Mitchell Kertzman.

Langjährige Beobachter wie Tony Perkins wollen hingegen keine neue Blase erkennen. „Damals war die Situation anders, mit Firmen, die wenig Umsatz machten und kein Geld verdienten“, sagt der ehemalige Chefredakteur der Dot.com-Bibel Red Herring. 

Linkedin an der Börse Quelle: REUTERS

Das stimmt. Tatsächlich ist das Business Netzwerk Linkedin im Gegensatz zu Globe.com kein hastig auf den Markt geworfenes Startup.  Das Unternehmen ist bereits acht Jahre alt, ist eine globale Marke, hat rund 100 Millionen Nutzer und ein solides Geschäftsmodell. 

Das Problem:  Noch sind die Umsätze zu spärlich, um eine zehn Milliarden Dollar Bewertung zu rechtfertigen. Im vergangenen Jahr erzielte Linkedin mit dem Verkauf von Abos für Profi-Nutzer und Online-Werbung rund 243 Millionen Dollar, wies einen Profit von 15 Millionen Dollar aus. 2009 und 2008 fielen Verluste von insgesamt 8,5 Millionen Dollar an.

Zum Vergleich: Als Google im August 2004 an die Börse ging, konnte es auf Umsätze von 1,5 Milliarden Dollar und einen Profit von 400 Millionen Dollar im Geschäftsjahr 2003 verweisen.

Bewertung von Linkedin nicht überzogen

Gemessen an den Maßstäben von Investmentbanken wie Goldman Sachs ist die Bewertung von Linkedin allerdings nicht überzogen. Bei einem Börsenwert von 8,9 Milliarden Dollar ist jeder Linkedin-Nutzer 89 Dollar wert. 

Als Goldman Sachs im Januar bei Facebook einstieg, wurde jeder der 600 Millionen Nutzer des sozialen Netzwerks mit etwa 83 Dollar bewertet.

Facebook spielt in anderer Liga

Doch Facebook spielt in einer anderen Liga als Linkedin. Das soziale Netzwerk soll im vergangenen Jahr rund 1,9 Milliarden Dollar umgesetzt und 700 Millionen Dollar Gewinn erzielt haben.  In diesem Jahr soll der Umsatz sogar auf über vier Milliarden Dollar klettern.

Linkedin-Verwaltungsratschef Hoffman und sein CEO Jeff Weiner müssen in diese Sphären erst noch vorstossen. Für dieses Jahr peilen sie einen Umsatz von einer halben Milliarde Dollar an, gespeist durch Expansion, vor allem in Europa. Im Gegensatz zu Facebook müssen sie nun allerdings ihre Quartalszahlen offenlegen. Wie sich diese entwickeln, wird damit zwangsläufig auch den Hype um Facebook beeinflussen und dessen fürs Frühjahr 2012 erwarteten Börsengang.

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