Vorzeige-Jet 787 „Dreamliner“ Überraschung bei Boeings Wundervogel

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Ein Plüschhase zum Trost

Was die Deutschen nervt
Die weltweit größte Reise-Website TripAdvisor hat in einer aktuellen Umfrage unter 1045 Nutzern das Flugverhalten deutscher Reisender unter die Lupe genommen. Neben Handy- und Internetnutzung während des Fluges standen auch Flugpreise und die Buchung im Fokus der Befragung. Quelle: dpa
Befragt wurden die Reisenden nach konkreten Fällen: Störend oder nicht? Ziemlich eindeutig fiel die Antwort auf die Frage aus, ob das Telefonieren mit dem Handy im Flugzeug erlaubt sein sollte. 913 der 1.045 Befragten befürworten das bestehende Handy-Verbot an Bord, nur 132 wollen auch während des Fluges auf ihre Erreichbarkeit nicht verzichten. Quelle: picture-alliance
Anders verhält es sich dagegen mit der Internetnutzung an Bord. Knapp mehr als die Hälfte (528) wünschen sich ein W-LAN-Angebot in den Maschinen, um auch während des Fluges auf ihre Mails, Facebook oder Twitter zugreifen zu können. Im Gegensatz zu 106 weiteren Umfrage-Teilnehmern würde die Mehrheit für W-LAN allerdings keinen Aufpreis zahlen. Mit 411 Befragten lehnt hingegen gut ein Drittel die Internetnutzung im Flugzeug kategorisch ab. Quelle: Reuters
Die meisten Reisenden sehen das Fliegen sehr pragmatisch als eine Möglichkeit, schnell und problemlos von nach A nach B zu gelangen (490 Befragte). Nur 29 von 1.045 Nutzern gaben an, unter Flugangst zu leiden, ebenso viele sind froh, wenn der Flug einfach nur schnell vorbei geht. Quelle: dpa
Etwas überraschend fiel dagegen die Antwort aus, worauf Kunden bei der Auswahl der Fluggesellschaft am meisten Wert legen. Verblüffend: Nur ca. 58 Prozent gaben die Sicherheit als entscheidendes Kriterium an. Mehr Wert legen Fluggäste dagegen offenbar auf einen günstigen Flugpreis (73 Prozent), komfortable Flugzeiten (62 Prozent) und ausreichend Beinfreiheit (60 Prozent). Quelle: dapd
Die Zeiten, in denen sich über Billig-Airlines wirkliche Schnäppchen ergattern ließen, sind nach Meinung der Befragten offenbar vorbei. Da Airlines wie Ryanair Angebote wie Bordverpflegung und Gepäckmitnahme, die bei anderen Fluggesgellschaften im Flugpreis meist inbegriffen sind, extra berechnen, sehen nur noch wenige einen Kostenvorteil (837 Befragte). Mit 200 Nutzern ist nur noch knapp ein Fünftel von der Preisgestaltung der Billigflieger überzeugt. Quelle: dpa
Schnäppchen lassen sich heute vor allem über den Vergleich verschiedener Anbieter erzielen. Zu diesem Zweck finden sich im Internet zahlreiche Vergleichsportale wie opodo.de, momondo.de oder swoodoo.com, die sich bei den Nutzern großer Beliebtheit erfreuen. 60 Prozent der Befragten gaben an, vor der Flugbuchung grundsätzlich im Internet Preise zu vergleichen, etwa 36 Prozent nutzen diese Möglichkeit zumindest manchmal. Immerhin 4,6 Prozent halten einen Vergleich vorab für überflüssig und verzichten auf die Dienste der Internetportale. Quelle: dpa

Prompt gibt es bei paar Unmutsäußerungen. Der Geschäftsreisende neben mir nimmt es gelassen. „Mein Akku mit Ersatz reicht noch zwölf Stunden.“ Nebenan klagt einer „Mist, mein Akku reicht nur noch zwei Stunden."
Ein weiterer ergänzt: „Das ist eben so bei einem so komplexen neuen Flugzeug.“ Ich höre etwas von den Neuerungen, die seit dem Start des Programms vor acht Jahren alle Flugnerds begeisterten. Die voll digitale Architektur, 100 Kilometer Kupferkabel, eine Hydraulik mit einem Druck von einer halben Tonne pro Quadratzentimeter und die Bauweise aus dem in der Größenordnung völlig unerprobten Verbundwerkstoffen, die so große und stabile Teile erlaubt, dass zum zusammenbauen des Flieger nur noch 10 000 Bohrlöcher nötig sind statt der bis zu einer Million bei anderen Modellen.

Doch das kleine Mädchen stutzt. Und als statt Schwärze auf einmal Befehlszeilen aus dem Betriebssystem im klassischen MS-DOS-Design auf dem Monitor auftauchen, beginnt der kindliche Unmut. Sofort kommt die Flugbegleiterin und entschuldigt sich - sogar auf japanisch. Das Mädchen nickt und nickt. Dann öffnet die Stewardess ein Gepäckfach und holt einen großen Plüschhasen heraus.

Die anderen Flugbegleiter kümmern sich um die Erwachsenen, nehmen Essens-und Getränkewünsche entgegen und verteilen schließlich Urkunden für die Teilnahme am Erstflug, handsigniert von Pilot und Co-Piloten sowie dem Topmanagement. Das Kind nimmt schließlich das Kuscheltier, redet mit ihm und pflegt den kleinen leicht angegrauten Nager mit kräftigen Wischern des feuchten Erfrischungstuchs.

Zeit den Rest anzusehen. Die Arbeitspause ist eine gute Gelegenheit mal die Waschräume aufzusuchen. Auch hier wurden wahre Wunderdinge beim Design versprochen. Nach der leichten Ernüchterung beim Rest der Inneneinrichtung bin ich aber etwas skeptisch.

Doch die Skepsis ist unnötig. Denn die Toiletten sind wirklich größer und freundlicher als bisher. Und natürlich typisch japanisch mit vielen Schriftzeichen und Spielereien wie einem in die Toilette eingebauten Bidet und einem Fühler, der vor dem Spülen prüft, ob der Nutzer auch wirklich aufgestanden ist. Nur bei der Tür mit ihrer neuen Mechanik braucht man ein wenig Übung, um beim Öffnen nicht dagegen zu stoßen.

Essen gut, Strom mangelhaft

Dann kommt das Essen und die 787 zieht zum ersten Mal ihren größten Trumpf: die Bordatmosphäre mit einer feuchteren und weniger dünnen Luft. Bisher war an Bord eher schnelleres Essen angesagt, weil Gemüse und Reis sonst quasi beim Zusehen trocken und schwerer genießbar wurden. Dazu mussten die Köche wegen der dünnen Luft deutlich kräftiger würzen, was zusammen mit der trockenen Luft für permanenten Durst sorgte.

Natürlich hat das Essen trotz alle Lobhudeleien der Airline auf ihre Kochstars auch heute nicht wirklich Restaurantqualität. Aber die zarte Soße hält das Aroma, der Thunfisch bleibt auch ohne Ölbad saftig und selbst die Körner des ohnehin etwas trockener servierten japanischen Reis sind auch nach fast zehn Minuten nicht zurückgeschrumpft. Wunderbar.

Als dann auch nach vier Stunden die Stromanschlüsse nicht funktionieren, kommt die Flugbegleiterin Namoko, entschuldigt sich bei allen Passagieren und verteilt an alle, die einen Laptop dabei haben, Reisegutscheine für den nächsten Flug.

So bleibt am Ende nur noch eines auszuprobieren: Ob die gesündere dickere Luft einen wirklich in besserer Form und ohne trockene rote Augen ankommen lässt.

Das klappt leider nicht ganz. Ein bisschen trocken sind die Augen dann doch, „Aber das ist eben wesentlich später der Fall und weniger stark als bei anderen Flugzeugen“, sagt Flugbegleiterin Namoko. Ausgezehrt fühle ich mich trotzdem ein wenig. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass mich das schreiende Baby ein paar Reihen hinter mir ein paar Mal geweckt hat. Außerdem landen wir in Tokio um sieben Uhr morgens, während mein europäischer Biorhythmus noch auf 23 Uhr gepolt ist.

Denn gegen die Zeitverschiebung kann auch die 787 nichts machen. Das schafft nur ein Nachfolger des Überschallflugzeugs Concorde, wie es die Ingenieure von Boeing und Airbus für weit nach 2020 ankündigen.

Auch wenn die von Boeing angekündigte Revolution erst mal nicht in Sicht ist, bleibt doch vor allem ein Wunsch: Gib mir mehr Plastikflieger oder wann kann ich endlich auf möglichst jeder Langstrecke mit der 787 oder dem für in drei Jahren erwarteten A350 genannten Kunststoffflieger von Airbus abheben.

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