Ab 20 Metern wird es heikel Das komplizierte Löschen in großer Höhe

Bei Bränden wie jenem von Paris bleibt den Einsatzkräften nicht viel mehr, als der Löschangriff von außen – über sogenannte Hubrettungsgeräte, also Drehleiter- oder Teleskopmast-Fahrzeuge. Quelle: dpa

Feuerwehren aus aller Welt nutzen Drehleitern aus deutscher Produktion. Auch die Pariser Wehr setzt auf Spezialfahrzeuge aus Deutschland.

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Wer die dramatischen Bilder der brennenden Kirche Notre Dame in Paris gesehen hat, weiß: In den lodernden Dachstuhl noch Feuerwehrleute zum Löschen hineinzuschicken, wäre ein Höllenkommando geworden. Bei Bränden wie jenem von Paris bleibt den Einsatzkräften deshalb nicht viel mehr, als der Löschangriff von außen – über sogenannte Hubrettungsgeräte, also Drehleiter- oder Teleskopmast-Fahrzeuge. Nicht nur im Fall von Paris gilt, mit hoher Wahrscheinlichkeit nutzen die Wehren dabei Technik aus deutscher Produktion. Denn speziell den Weltmarkt für Drehleitern dominieren zwei Hersteller aus Deutschland.

Die meistverkaufte Kategorie dieser Fahrzeuge – nicht nur im deutschsprachigen Raum sondern auch im europäischen Ausland – sind Leitern mit einer Länge von 30 Metern und einer Arbeitshöhe von gut 20 Metern, die bis zum achten oder neunten Stockwerk reichen. Die Differenz von Länge und Höhe ergibt sich aus der Neigung der Leiter/des Mastes. Laut deutscher Bauordnung (aber auch vielfach im Ausland) sind bei Häusern größerer Höhe alternative Rettungswege zum Haupttreppenhaus sowie gegebenenfalls weitere vorinstallierte Löschsysteme vorgeschrieben. Daher brauchen die Wehren im Normalfall keine längeren Leitern und höheren Hubmasten, um Menschen zu retten oder Brände zu löschen. Je nach Ausstattung kosten Fahrzeuge der 30-Meter-Klasse zwischen 400.000 und 800.000 Euro pro Stück.

Auch die Pariser Feuerwehr setzt fast durchweg auf Drehleitern der 30-Meter-Klasse und besitzt nur wenige Teleskopmast-Fahrzeuge, die weiter in die Höhe reichen. Das liegt auch daran, dass Fahrzeuge die größere Arbeitshöhen erreichen, zugleich auch deutlich ausladender, schwerer und schlechter zu manövrieren sind. Das macht gerade in engen Innenstadtstraßen die Anfahrt zu manchem Einsatzort schwierig bis unmöglich, weshalb die Retter zumeist auf wendigere Fahrzeuge setzen. Neben Leitern französischer Hersteller nutzt die Feuerwehr in Paris auch Teleskopmasten aus deutscher Fertigung, hergestellt im Karlsruher Werk des Rosenbauer-Konzerns. Die Fahrzeuge vom Typ B32 erreichen gut 30 Meter Arbeitshöhe.

Weil aber alleine das Kirchenschiff von Notre Dame bereits rund 35 hoch ist, bekamen die Pariser Einsatzkräfte beim Einsatz auch Unterstützung von Einheiten aus dem Umland, unter anderem aus Versailles, die 42-Meter-Teleskopmasten besitzen. Damit waren Löscharbeiten über Wasserwerfer aus dem Korb der Rettungsgeräte möglich. Die Spitzen der knapp 70 Meter hohen Haupttürme allerdings und erst recht der 93 Meter hohe Vierungsturm, der beim Großbrand eingestürzt ist, waren außerhalb des Arbeitsradius‘ der Leitern oder Teleskopmasten.

Fahrzeuge mit größeren Arbeitshöhen sind in Europa und speziell Deutschland sehr selten. Einige ostdeutsche Feuerwehren besitzen Leitern der 40-Meter-Klasse, weil die alten Plattenbauten höher sind, als nach heutigem Baurecht eigentlich ohne zweiten Rettungsweg noch zugelassen wäre. Da müssen im Notfall längere Leitern beim Retten helfen.

Noch höheres Gerät gibt es bundesweit in Berlin, Dortmund, Hamburg, Hannover und München mit Teleskopmasten der 50-Meter-Klasse. Fahrzeuge dieser Größenordnung liegen preislich um 800.000 Euro und mehr. Anlass zum Kauf der für große Höhen geeigneten Fahrzeuge ist zumeist eine besondere Risikolage, sei es durch Industriebauten oder – wie beispielsweise in München beim Oktoberfest – das Ziel, Personen auch aus besonders hohen Fahrgeschäften retten zu können.

Rettungsfahrzeuge für noch größere Höhen gibt es in Deutschland daneben nur noch bei Werkfeuerwehren, wie jener des Energieversorgers RWE. Der hat im rheinischen Grevenbroich am Kraftwerk Neurath einen Teleskopmast mit 90 Metern Rettungshöhe stationiert, um damit notfalls auch Personen aus den höchsten Arbeitsebenen des Kraftwerks retten oder dort oben noch vom Fahrzeug aus löschen zu können. Ein zweites derart großes Gerät gibt es sonst in Deutschland nicht mehr.

Die Pariser Feuerwehr bekämpfte das Inferno von Notre Dame unter anderem mit Teleskopmast-Fahrzeugen der Firma Rosenbauer aus Karlsruhe. Quelle: rtr

Nur noch geringfügig höher ist mit 112 Metern der längste Gelenkmast des Herstellers Bronto Skylift, der auch das RWE-Fahrzeug aus Neurath gebaut hat. Konkrete Investitionssummern für solche Einzelanfertigungen nennen in der Branche weder Hersteller noch Käufer, aber in der Szene gilt es als offenes Geheimnis, dass Fahrzeuge dieser Größenordnung deutlich über eine Million Euro kosten.

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