So verkauft AB InBev in den USA Beck’s Bier, das nicht nach dem Deutschen Reinheitsgebot von 1516 gebraut wird. Auch geschmacklich soll sich die Abfüllung in den grünen Flaschen mit dem silbergrauen Etikett vom Original aus Bremen unterscheiden, monieren Kenner. In England reduzierte der Konzern unter dem Protest der Boulevardpresse über Nacht den Alkoholgehalt seiner Biere, um Steuern zu sparen.
Biermarkt bricht ein
Zudem stößt der interkontinentale Konzern in den Industrieländern an Grenzen des Wachstums. In den reifen Märkten stagniert der Bierkonsum bestenfalls. Immer mehr junge Menschen trinken lieber Mineralwasser, gesündere Säfte, härtere Schnäpse oder aufputschende Koffein-Drinks.
Auch bevorzugen Bierfans zunehmend regional gebraute Sorten („Craft Beer“). Zwar kaufte AB InBev lokale Hersteller wie Goose Island in Chicago auf, um deren Marken über das konzerneigene Vertriebsnetz als Premiumgetränk zu verkaufen. Doch reicht das, um anspruchsvolle wie misstrauische Kunden in den Industrieländern bei der Stange zu halten?
Selbst das Management des Bierkonzerns räumt ein, dass es vermutlich länger dauern werde, bis die Stammmarken in den etablierten Märkten wieder wachsen werden.
Größter Bierproduzent
Den Aufstieg zur weltgrößten Biermacht mit 40 Milliarden Dollar Umsatz 2013 und einem Ausstoß von 352 Millionen Hektoliter Bier, fast 30-mal so viel wie die größte deutsche Biergruppe Radeberger, verdankt AB InBev gewiss keinem Reinheitsgebot und keiner besonderen Brauexpertise.
Der Erfolg beruht vielmehr auf einem Feldzug gegen die Konkurrenz, wie ihn nur Investmentbanker aushecken – gepaart mit eiskalter Kostenrechnung bar aller Sentimentalitäten des jahrhundertealten Gewerbes.
Vom Banker zum Brauer
Der Vater der Gigantomanie ist Jorge Paulo Lemann, ein brasilianischer Investmentbanker mit Schweizer Pass. Als der heute 74-Jährige 1989 die Brahma-Brauerei in Rio de Janeiro für 60 Millionen Dollar kaufte, wunderten sich seine Kollegen. „Vom Banker zum Brauer?“, fragten sie Lemann verblüfft.
Der ehemalige brasilianische Davis-Cup-Tennisspieler hatte an der US-Elite-Universität Harvard studiert und nach dem Vorbild von Goldman Sachs in den USA in seinem Heimatland eine Investmentbank namens Banco Garantia aufgebaut. Mindestens so erstaunt wie die Finanz- war die Bierzunft, dass mit dem Investmentbanker gleichzeitig ein Asket, der keinen Tropfen Alkohol trinkt, zum Brauer avancierte.
Doch der enthaltsame Neubrauer hatte beobachtet, dass die reichsten Unternehmerclans in Nachbarländern wie Kolumbien, Venezuela, Argentinien und Mexiko durch Bier zu ihrem Vermögen gekommen waren. „Das können nicht alle Genies sein“, überzeugte Lemann seine Partner bei Garantia. „Bier in den Tropen scheint ein lukratives Geschäft zu sein.“