Abgasskandal VW will neue Regeln für Managergehälter

Volkswagen bleibt in der Kritik: Besonders die Bonuszahlungen verärgern die Investoren. Nun antwortet der VW-Finanzchef schriftlich. Er räumt Nachholbedarf ein und will neue Regeln für Gehälter schaffen.

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Der VW-Finanzvorstand sieht Veränderungsbedarf. Quelle: AFP

Wolfsburg Nach heftiger Kritik an Bonuszahlungen für die Vorstände bei Volkswagen will der Konzern neue Regeln für die Gehälter der Führungskräfte schaffen. „Das derzeitige System braucht Veränderung“, schreibt VW-Finanzvorstand Frank Witter in einem Brief an den Investor Chris Hohn, der dem Konzern zuletzt öffentlich Druck gemacht hatte. „Wir werden das als Teil unserer Strategiediskussion adressieren“, erklärt Witter in dem Schreiben, das mehreren Medien vorliegt.

Volkswagen werde sich aber die nötige Zeit nehmen, um ein neues System sorgfältig auszuarbeiten. Die neue Konzern-Strategie 2025 soll weiterhin vor der Sommerpause vorgestellt werden. Details zu einem neuen Vergütungssystem nannte Witter nicht. Man müsse aber eine Balance finden zwischen Fairness und Transparenz auf der einen Seite, und Attraktivität des Konzerns für Talente auf der anderen Seite.

Witter war im Strudel des Diesel-Skandals Ende 2015 auf den Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch gefolgt, der seinerseits an die Spitze des VW-Aufsichtsrates wechselte. Witter räumte in dem Brief auch ein: „Bei uns besteht kein Zweifel, dass unsere finanzielle Leistung sich verbessern muss. Wir schulden es allen unseren Anteilseignern und Interessengruppen, zu beweisen, dass wir viel mehr sind als nur die Summe unserer zwölf unverwechselbaren Marken.“

Derweil wurden weitere Details zu der Klageerwiderung der VW-Anwälte bekannt, die die Wolfsburger am Montag beim zuständigen US-Richter Charles Breyer eingereicht hatten. Darin fordern sie ihn auf, mehrere Punkte in der Klage des US-Justizministeriums abzuweisen.

Die US-Regierung sieht Volkswagens Zurückweisung aber entspannt. „Wir glauben nicht, dass der Antrag auf Klageabweisung einen Einfluss auf die laufenden Verhandlungen haben wird“, sagte ein Sprecher des US-Justizministeriums am Dienstag. VW und die US-Behörden führen derzeit Gespräche über einen Vergleich im Abgas-Skandal.

Der Konzern hofft, rasch eine außergerichtliche Einigung mit der US-Regierung über einen Rückruf, mögliche Rückkäufe und Strafen in den USA zu finden und damit auch die Milliardenklage aus der Welt zu schaffen. Eine erste Grundsatzeinigung hatte es vor kurzem gegeben. Insgesamt sind aus dem VW-Konzern rund 580 000 Autos in den USA von Manipulationen betroffen. Für sie muss eine Lösung her.


Milliardenschwere Forderungen

Der VW-Konzern hat weltweit in elf Millionen Dieseln eine Software im Einsatz, die Testsituationen der Behörden erkennt und dann Abgaswerte nach unten regelt, um Vorgaben zu erfüllen. Der im Herbst 2015 aufgeflogene Betrug hatte VW in die größte Krise der fast 80-jährigen Firmengeschichte gestürzt und 2015 zu einem Milliardenverlust geführt – dem größten in der Konzerngeschichte. VW kämpft seither um das Vertrauen von Anlegern, Kunden, Politikern und Branchenkollegen.

Die juristischen Forderungen von Anlegern sind milliardenschwer. Am Landgericht Braunschweig sind zudem im Zuge des Skandals bislang 46 Klagen von Besitzern eines Autos von VW eingereicht worden. Sie würden entweder den jeweiligen Verkäufer des Fahrzeuges, ein Autohaus oder die Volkswagen AG, auf Rückabwicklung des Kaufvertrages oder den Konzern als Hersteller auf Schadenersatz verklagen, teilte das Gericht am Mittwoch mit. Darüber hinaus lägen inzwischen 114 Schadensersatzklagen von Kapitalanlegern gegen den Konzern vor. Sie alle beklagen, dass Volkswagen den Aktienmarkt zu spät über die drohenden Konsequenzen der Manipulationen von Dieseln informiert hat.

Am 24. Mai soll es in der kommenden Woche am Landgericht eine Urteilsverkündung im Prozess eines Audi-Besitzers gegen ein Autohaus geben, hieß es. Ein zweiter angesetzter Termin, bei dem die Klage eines Autobesitzers gegen VW direkt verhandelt wird, wurde auf den 8. Juni verschoben. Für den Juni und Juli seien zudem fünf weitere Verhandlungen terminiert. Die bundesweiten Schadenersatzklagen der Kapitalanleger werden alle in Braunschweig verhandelt. Dagegen können die Klagen von Autobesitzern auch an anderen Gerichten abgeurteilt werden. Entscheidend ist hier der Gerichtsstand des Beklagten. In etlichen Fällen sind Autobesitzer bisher aber erfolglos geblieben.

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