Von Adilette über Stan Smith bis Porzellan: Adidas-Modelle, die Geschichte schrieben

Wenn der langjährige Puma-Chef Björn Gulden im Januar 2023 den Vorstandsvorsitz bei Adidas übernimmt, wird er – genau wie bei seinem vorherigen Arbeitgeber – einer Produktgruppe besondere Aufmerksamkeit widmen: den Schuhen. Denn auch wenn Adidas nur wenige Verkaufszahlen über einzelne Produkte veröffentlicht: die grobe Unterscheidung zwischen den Kategorien Schuhe, Bekleidung sowie „Accessoires und Ausrüstung“ teilt der Konzern mit. Demzufolge setzte Adidas im Jahr 2021 rund 11,3 Milliarden Euro mit seinen Schuhen um – also mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes (21,2 Milliarden Euro). Bei Puma liegt der Anteil der Schuhe am Gesamtumsatz mit 46,5 Prozent nur etwas niedriger.

Schuhe sind also sehr wichtig für Adidas' Umsatz. Wichtig für die Unternehmens-DNA sind hierbei aber vor allem die sogenannten Sneaker: also die Art von Turnschuhen, die Leute nicht anziehen, um damit Sport zu treiben. Sie sind vor allem im vergangenen Jahrzehnt zum Ausweis von Kreativität, Modekompetenz und Trendsicherheit geworden. 400 Millionen Paar Sneaker soll Adidas pro Jahr verkaufen, schätzt das Branchenmagazin „Textilwirtschaft“. Doch es gibt auch noch Schuhe anderer Kategorien, die viel zum Markenkern von Adidas beigetragen haben. Wir stellen beispielhaft sechs Paar vor.

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Der gelernte Bäcker Adolf „Adi“ Dassler wird in seiner Geburtsstadt Herzogenaurach verehrt, und zwar nicht wegen seiner Brötchen, sondern wegen der Schuhe: 1949 gründete er hier sein Unternehmen Adidas. Heute beschäftigt die Firma mehr als 61.000 Frauen und Männer. Vor der neuen Unternehmenszentrale steht diese Bronzestatue. In der Hand hält Dassler eine seiner größten Erfindungen: den Schuh mit Schraubstollen.

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Das Fußballschuh-Modell „Argentina“ entwarf Adi Dassler für die Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz. Er ist aus zwei Gründen den zu jener Zeit typischen Kickstiefeln überlegen: Er wiegt etwa halb so viel wie das damalige Standardmodell, weil erstmals Leder mit synthetischen Materialien kombiniert wurde – und verfügt über damals brandneue Schraubstollen. Sie bieten auf schlammigem Rasen mehr Halt. Im WM-Endspiel gegen Ungarn kann die deutsche Fußballnationalmannschaft genau diese Schraubstollen gut gebrauchen, denn in Bern regnet es in Strömen, und die ungarischen Kicker spielen mit Nockenschuhen. In der Halbzeitpause des Finales lässt Adi Dassler also aufstollen. Wie es ausgeht, dürfte bekannt sein.

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Der „Superstar“ wurde von Adidas zuerst 1969 in der amerikanischen Basketballliga als Sportschuh vermarktet; die Profispieler sollten ihn testen. Zu den Trägern gehört auch der Rekordpunkte-Spieler Kareem Abdul-Jabbar. Ab 1970 verkaufte Adidas den Schuh auch für Laien. In den Achtzigerjahren etablierte er sich vor allem in der aufkommenden Hiphop- und Breakdance-Szene. Entscheidenden Anteil daran hatte die New Yorker Hiphop-Gruppe Run DMC: Sie feierte den „Superstar“ 1986 mit einem eigenen Song namens „My Adidas“. Adidas stattete die Crew daraufhin mit einem Werbevertrag aus – zu jener Zeit eine absolute Rarität.

Mit den Jahren kreierte Adidas in Partnerschaft mit zahlreichen Prominenten diverse Versionen des Schuhs, unter anderem mit Missy Elliot, Red Hot Chilli Peppers und Pharrell Williams. Und im November 2020, zum 50. Jubiläum des Schuhs, brachten Adidas und die beiden verbliebenen Run-DMC-Mitglieder eine neue „Superstar“-Kollektion heraus.

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Immer wieder sei Firmengründer Adi Dassler von Sportlern gefragt worden, ob er nicht einen rutschfesten Schuh für den Weg von der Umkleide zur Dusche fertigen könne; so erzählte es einmal eine Adidas-Archivarin. Die erste Adilette, die Adidas 1963 entwarf, war dafür jedoch noch ungeeignet: Sie bestand teilweise noch aus Stoff. Ab 1972 kamen Adiletten-Modelle auf den Markt, die den heutigen in ihrer Funktionalität schon ähnlich waren. Auch dieser Schuh wandelte sein Image: Manche assoziieren ihn immer noch mit peinlichen deutschen Touristen, die Adiletten mit weißen Socken auf Mallorca spazieren tragen; seit ein paar Jahren aber zeigen sich auch zunehmend sogenannte Fashionistas mit Adiletten – wobei hier für Außenstehende nie ganz klar ist, wo Ironie beginnt.

Mittlerweile haben natürlich alle Sportartikelhersteller vergleichbare Modelle im Angebot. Aber Adidas ist es gelungen, seine Adilette als Synonym für diese Schuhgattung zu etablieren – wer kennt schon das Modell „Benassi“ von Nike?

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Im Dezember 2019 vermeldete Adidas einen Rekord: das 100 Millionste Paar „Stan Smith“ war verkauft worden. Laut Adidas sei der Schuh damit der meistverkaufte Turnschuh der Welt. Auf jeden Fall dürfte der Schuh deutlich bekannter sein als sein Namensgeber: Der Tennisspieler Stan Smith, geboren 1946 im kalifornischen Pasadena, gewann Anfang der 1970er-Jahre die US Open und Wimbledon. Bis dahin hatte Adidas seinen schlichten Tennisschuh nach einem anderen, französischen Tennisspieler benannt: Robert Haillet. Doch dessen Karriereende und Smiths Karrierehöhepunkt bewegten Adidas dazu, den Tennisschuh umzubenennen und mit dem Namen von Smith zu versehen. In den Folgejahren etablierte sich der Schuh zunehmend außerhalb des Tennisplatzes und innerhalb der Straßenszene.

2001 erwähnte Jay-Z die Schuhe in einem Song seines Albums „The Blueprint“. Doch 2011 stellte Adidas die Produktion ein mit der Begründung, der Markt sei übersättigt – nur um drei Jahre später das große Comeback zu feiern. Hierfür holte sich Adidas natürlich prominente Unterstützung, allen voran Pop-Produzent Pharrell Williams. Die Übersättigung scheint für Adidas kein Problem mehr zu sein. Stan Smith ist ein Schuh, auf den sich alle einigen können: Sneaker-Enthusiasten schwärmen von der Silhouette und der Vielseitigkeit; auch Dax-Chefs tragen das Modell zum Anzug, etwa Ex-Mercedes-Chef Dieter Zetsche.

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Natürlich war es zuerst eine gelungene Marketingaktion: der Adidas-Turnschuh mit integrierter Jahresfahrkarte für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), inklusive Musterprobe des eigentümlichen Sitzpolsters der Berliner U-Bahnen. Die Fahrkarte, in der Zunge des Schuhs eingenäht, galt für das Jahr 2018 (allerdings gab es Ausnahmen etwa bei bestimmten S-Bahn-Strecken). Im Bild freut sich die damalige BVG-Chefin Sigrid Nikutta.

Doch die typische Verknappungs-Strategie funktionierte: Adidas produzierte nur 500 Paar und verkaufte sie nur an zwei Standorten in Berlin-Mitte und -Kreuzberg (Preis: 180 Euro). Dort campierten Fans schon am Tag vor dem Verkaufsstart; innerhalb kürzester Zeit waren alle Exemplare ausverkauft. Bei Ebay und anderen Wiederverkaufsbörsen wurden die Schuhe kurz darauf für bis zu 3000 Euro angeboten.

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Das teuerste Einzelpaar, das Adidas je gefertigt hat, ist eine Koproduktion mit der sächsischen Porzellan-Manufaktur Meissen. Der Schuh entstand 2020, binnen sechs Monaten wurde er mehrfach zwischen Herzogenaurach und Meissen hin- und hertransportiert. Grundlage war ein „Adidas Originals ZX8000“, ursprünglich mal ein Laufschuh aus den Achtzigerjahren. Das Modell wurde von Meissen-Fachleuten tatsächlich handbemalt, es enthält zudem Porzellan-Aufsätze. Die bunten Motive zeigen 15 verschiedene Muster, entnommen der „Meissen Kratervase“, die 1862 auf der Londoner Weltausstellung präsentiert wurde.

Bei der Versteigerung im Auktionshaus Sotheby's wurden die Schuhe im Dezember 2020 für umgerechnet rund 103.000 Euro versteigert. Der Käufer blieb anonym.

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