Affäre Schottdorf Staatsanwälte starten Vorermittlung gegen Staatsanwälte

Sie gingen in der Schottdorf-Affäre zu Unrecht gegen LKA-Beamte vor. Nun läuft gegen die Verantwortlichen der Staatsanwaltschaft München I eine Vorermittlung.

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Der Unternehmer hatte tausenden Ärzten in Deutschland angeboten, Labor-Untersuchungen, die eigentlich er erbrachte, auf eigene Kosten gegenüber den Krankenkassen abzurechnen. Quelle: dpa

Düsseldorf In der Affäre Schottdorf hat die Staatsanwaltschaft Würzburg offenbar nun gegen eigene Kollegen der Staatsanwaltschaft München I eine Vorermittlung eingeleitet. Zuvor hatte das Landgericht München I entschieden, dass das Vorgehen der Münchner Staatsanwälte gegen einen Beamten des Landeskriminalamts von Anfang an rechtswidrig war. Außerdem hatte das Gericht angedeutet, dass es in einem weiteren Verfahren ebenfalls zugunsten des Polizisten entscheiden werde.

Die LKA-Beamten hatten sich 2010 dagegen gewehrt, dass Verfahren gegen 10.000 betrugsverdächtige Ärzte im Sande verlaufen sollten. Gegen die Kriminalbeamten wurden daraufhin selbst Verfahren eingeleitet - unter anderem wegen des Verdachts der Falschaussage und der Verfolgung Unschuldiger. Das sei ein Verstoß gegen rechtsstaatliche Prinzipien gewesen, so das Landgericht München I.

Das Handelsblatt hatte die „Schottdorf-Affäre“ 2014 aufgedeckt – und damit einen Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag ausgelöst. Bernd Schottdorf, damals Betreiber von Europas größtem Labor-Unternehmen, hatte tausenden Ärzten in Deutschland angeboten, Labor-Untersuchungen, die eigentlich er erbrachte, auf eigene Kosten gegenüber den Krankenkassen abzurechnen.

Eine derartige Abrechnung war jedoch illegal, wie später auch der Bundesgerichtshof feststellte. Geschätzter Schaden für das Gesundheitssystem: eine halbe Milliarde Euro. Schottdorfs selbst hat Vorwürfe eines rechtswidrigen Verhaltens stets zurückgewiesen.

Obwohl das bayerische LKA und die Staatsanwaltschaft bereits zehntausend Ärzte ermittelt hatten, die an diesem System teilnahmen, stellten die Strafverfolger jedoch rund 150 Verfahren ein – den Rest ließen sie verjähren. Auch Schottdorfs Verfahren wurde eingestellt. Lediglich ein Arzt landete als Pilot-Fall vor Gericht – und wurde prompt zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Die LKA-Beamten, die stets von der Strafbarkeit der Ärzte überzeugt waren und gegen das Zuschütten der Fälle opponierten, wurden derweil intern massiv ausgebremst. Einer der Beamten hatte 2010 vor Gericht in einem anderen Fall unter anderem über die personelle Reduzierung seiner Sonderkommission berichtet und über eine Spende Schottdorfs an die CSU. Dies nahm Schottdorfs Anwalt, der CSU-Politiker Peter Gauweiler, zum Anlass, ihm uneidliche Falschaussage vorzuwerfen und Ermittlungen zu fordern. Dem zweiten LKA-Beamten warf Gauweiler später in Zusammenhang mit Schottdorf unter anderem Verfolgung Unschuldiger vor.

Die Staatsanwaltschaft München I tat Gauweiler offenbar den Gefallen. So heißt es in einem Vermerk des zuständigen Staatsanwalts, der nach „Rücksprache mit Herrn Behördenleiter“ Nötzel entstand: „Er (Anm: Nötzel) bittet um Einleitung eines Js-Verfahrens“. Js-Aktenzeichen stehen für aufgenommene Ermittlungen.

Ob auch Nötzel einer der Beamten ist, gegen den nun die Würzburger Kollegen eine Vorermittlung führen, ist bislang noch unbekannt. Der war bis vor wenigen Wochen noch Generalstaatsanwalt im Freistaat.

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