Agrarkonzerne Bayers schlechte Aussichten vor der Monsanto-Übernahme

Seite 2/3

Liberty Link ade

Etliche Aufgaben könnten ohnehin bald wegfallen. Denn um die Kartellbehörden von der Monsanto-Übernahme zu überzeugen, wird Bayer sich wohl von einigen Produkten trennen müssen, die es auf einen Wert von über einer Milliarde Dollar bringen – voraussichtlich seiner Pflanzenschutz- und Saatgutmarke Liberty Link sowie einigen Sorten von Gemüsesaatgut. Als Käufer für die Bayer-Sparten stehen etwa BASF oder ChemChina bereit. Bis zum August oder September, hoffen indes weiterhin Insider, sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein.

Zur Bayer AG

Liberty Link wird von vielen Landwirten alternativ zum Monsanto-Produkt Glyphosat verwendet. Die Internationale Agentur für Krebsforschung schlägt Alarm, Glyphosat sei „wahrscheinlich krebserregend“, etliche andere Institute halten dagegen Glyphosat für sicher. Fest steht, dass Glyphosat innerhalb der  EU  umstritten ist und viele  Landwirte verunsichert sind, ob sie das Mittel weiter verwenden sollen. Eine Entscheidung über die weitere Zulassung von Glyphosat in Europa soll voraussichtlich im Herbst fallen.

Solche Unwägbarkeiten drücken schon mal auf die Stimmung. Auch bei der Entwicklung der weltweiten Agrarmärkte – und damit den Aussichten für die Monsanto-Übernahme – scheint sich Baumann verschätzt zu haben. Nach jahrelanger Branchenkrise sollte das weltweite Geschäft mit Pflanzenschutzmitteln und Saatgut schon in diesem Jahr wieder leicht anwachsen, um dann pünktlich zum Abschluss der Monsanto-Übernahme in einigen Monaten wieder anzuziehen, kalkulierte der Bayer-Manager. Doch davon ist nicht viel zu sehen.

Schönreden statt Klartext

Vor allem, dass Bayer auf seinem wichtigsten Agrarmarkt Brasilien seine Ware kaum noch loswird, hat Investoren überrascht. „Mich wundert schon, dass Wettbewerber bisher nicht über ähnliche Einbrüche berichtet haben“, sagt ein Fondsmanager, der dem Konzern ansonsten wohlgesinnt ist. „Bayer hat früher sehr konservativ gerechnet und stets mehr geliefert als versprochen“, konstatiert ein langjähriger Bayer-Insider, der den Konzern gut kennt.

Durch die geplante Monsanto-Übernahme scheine Baumann aber „versucht zu sein, das Agrargeschäft positiver darzustellen, als es ist“. Bayer teilte mit, man gehe weiterhin von einem „volatilen Marktumfeld“ aus, rechne aber „in Summe mit einer leichten Erholung des Gesamtmarktes“. Inzwischen meldete auch der Konkurrent Syngenta Probleme in Brasilien – eine Gewinnwarnung wie Bayer musste  das Unternehmen aber nicht herausgeben.  

Als Krisenmanager wurde bereits Bayer-Agrarvorstand Liam Condon nach Brasilien entsandt. Laut Bayer handelte es sich dabei um eine seit Monaten geplante Routine-Reise. Einige Führungskräfte mussten in Brasilien gehen, weil sie die Lage falsch eingeschätzt hätten, berichten Insider. Schon seit zwei Jahren, so heißt es intern weiter, blieben viele brasilianische Großhändler auf Pflanzenschutzmitteln von Bayer sitzen, da die Nachfrage der Landwirte mit den ehrgeizigen Verkaufsplänen nicht Schritt hält.

Etliche Milliarden Dollar will Baumann über eine Kapitalerhöhung für die Monsanto-Übernahme von seinen Aktionären einsammeln. Die Geldgeber sind allerdings skeptisch. Baumann hatte zum Amtsantritt den Eindruck erweckt, unter seiner Führung werde sich nicht viel ändern. Dann verkündete er ausgerechnet die Übernahme von Monsanto, dem Unternehmen, das wie keines bei Gentechnikgegnern verschrien ist und den Spitznamen Monsatan trägt. Von einer „katastrophalen Kapitalmarktkommunikation“, einem „abrupten Kurswechsel“ und einem „massiven Vertrauensverlust“ ist bei Fondsmanagern die Rede. Auf der Hauptversammlung Ende April kritisierten viele Aktionäre die schwache Aktien-Performance von Bayer.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%