Airbus im Umbruch Chaostage im Bullshit Castle

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„Wer hat ein Interesse daran, Airbus kaputt zu machen?“

Besonders haderte die Pariser Regierung dabei mit dem unfreiwilligen Abgang von Konzernvorstand Lahoud. So fehlte Enders als Frankreich im März dieses Jahres seinen sechsten Militärtransporter A400M auf dem Luftwaffenstützpunkt in Orléans feierlich in Empfang nahm. Dafür stand Lahoud auf der Gästeliste.

Den sowohl mit der französischen Politik als auch mit der heimischen Luftfahrt- und Rüstungsbranche bestens vernetzten Topmanager würdigte der damalige französische Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian, als habe der intern als „oberster Franzose“ gehandelte Manager im Machtkampf mit dem Deutschen nicht gerade den Kürzeren gezogen, vor allem weil er Verkaufsagenten von außen verschwieg als Airbus in Großbritannien staatliche Fördergelder für Flugzeugentwicklungen verschwieg und damit die aktuellen Ermittlungen wegen möglicher Schmiergeldzahlungen ins Leben rief.

Dem abwesenden Enders schickte der Minister dagegen in seiner Rede eine klare Warnung: „Vertrauen ist schneller verloren als gewonnen.“

Airbus: Bestellungen, Auslieferungen und Flugzeuge im Dienst

Inzwischen führt Le Drian das Außenministerium. Doch an dem Misstrauen gegenüber Enders hat sich nichts geändert. Wohl nicht ohne Grund: Enders schaffte es, selbst Fabrice Brégier, die neue Nummer eins der französischen Seite, im Konzern zur Seite zu drängen. Der Franzose leitete die kommerzielle Flugzeugsparte. Nun untersteht die mit Abstand größte Abteilung Enders persönlich. „Die Franzosen können weniger denn je sicher sein, dass einer ihrer Landsleute den Laden führt, wenn Enders wie erwartet in ein paar Jahren aufhört“, sagt Branchenkenner Großbongardt.

Die Wut der Franzosen ist damit noch nicht erschöpft. Sie stören sich auch daran, dass Enders neue Fabriken statt in Frankreich, in den USA oder China bauen lässt. Und viele im Unternehmen verübeln es dem „Amerikaner“, so Enders interner Spitzname, dass er zur Aufklärung der aktuellen Bestechungsaffären ausgerechnet US-Anwälte engagierte und ihnen dabei tiefe Einblicke ins Unternehmen gewährt, inklusive der staatlichen Teile. „Einfacher kann man es unserem Erzrivalen Boeing kaum machen“, ätzt ein französischer Manager. „Wer hat ein Interesse daran, Airbus kaputt zu machen?“, fragt ein anderer.

Dazu kreiden Enders viele die Berufung von Paul Eremenko zum Technologievorstand bei Airbus an. Denn vielen Franzosen gilt der in der Ukraine geborene Manager gebürtige Ukrainer als eine Art Maulwurf der USA. Der Grund: er war mal stellvertretender Leiter der Darpa genannten Forschungsorganisation des US-Verteidigungsministeriums. „Es gibt Versuche, Spannungen von außen in das Unternehmen zu tragen", erklärte Enders kürzlich.

Deutsch-französische Grabenkämpfe

Die Blockade jenseits des Rheins beunruhigt zunehmend die deutsche Seite. Auch hier wächst das Misstrauen. In Enders’ Umfeld etwa gehen einige davon aus, dass die jüngst den Medien gesteckten Dokumente mit belastenden Korruptionsvorwürfen von französischen Enders-Opfern stammen. Auch das brisante Material, wonach Airbus in Österreich bestochen haben soll und so dem Alpenland überdimensionierte Eurofighter andrehte, lastet man der französischen Seite an. „Das muss aus internen Quellen kommen“, ereifert sich etwa ein deutscher Airbus-Manager.

Ein Blick in den Hoffnungsträger von Airbus
Die Neuauflage des A330 soll weniger verbrauchen und Passagieren mehr Platz bieten. Quelle: Airbus
Mit 64 Metern Spannweite sind die Flügel des A330 neo länger als beim Vorgänger. Quelle: Airbus
Die zwei Triebwerke Trent 7000 von Rolls-Royce sollen den Kerosinverbrauch um 14 Prozent senken - und deutlich ruhiger arbeiten als im Vorgängermodell. Quelle: Airbus
Allerdings sollen Lieferschwierigkeiten bei den Triebwerken auch dafür gesorgt haben, dass sich die erste Auslieferung des A330 neo um mehrere Monate verzögerte. Quelle: Airbus
Auf den ersten Blick nicht sichtbar, aber auch die Aerodynamik sei beim Nachfolger mit 3D-Simulationen deutlich verbessert worden, wirbt der Airbus. Quelle: Airbus
Der Rumpf für den A330 neo wird in Hamburg gebaut - und per Beluga-Transportflugzeug nach Toulouse transportiert. Quelle: Airbus
Die Kabine soll nicht nur ruhiger, sondern auch größer sein als im Vorgänger. Quelle: Airbus

Zerreißt das Band nun endgültig, stürzt Airbus noch tiefer in die Krise? Enders ist gewillt, den Kampf durchzustehen. Er weiß, dass er anders keinen global agierenden, weltweit angesehenen Konzern aufbauen kann. Schon im aktuellen Bestechungsfall droht – egal, wie die Ermittlungen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich oder Österreich nun ausgehen – eine Strafe von mindestens zwei Milliarden Euro. „Und bei jedem weiteren Fall wird das mehr“, so ein Insider.

„Wenn wir jetzt alle an einem Strang ziehen, bin ich sicher, dass Airbus aus dieser Krise als besseres, stärkeres und wettbewerbsfähigeres Unternehmen hervorgehen wird“, hatte Enders in einem Rundbrief an die Mitarbeiter geschrieben, nachdem die Korruptionsvorwürfe bekannt wurden. Der Bombardier-Deal bietet ihm nun zumindest eine erste Chance zur Versöhnung.

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