Airbus und Boeing in Farnborough Endlich keine Kunden!

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Wie Boeing und Airbus mit Zulieferern umgehen

Airbus und Boeing schreiben zwar gute Gewinne. Doch in ihren Bilanzen schlummern noch ein paar finanzielle Zeitbomben in Form noch nicht abgerechneter Verluste. Beide haben in der Vergangenheit je nach Rechnung sogar mehr als 20 Milliarden Dollar beim Bau und der Entwicklung von Flugzeugmodellen wie Boeings 787 Dreamliner oder dem Airbus A380 verpulvert. Bei beiden Jets läuft zwar die Produktion inzwischen rund. Doch beim Bau zahlen beide drauf. Sie haben überschätzt, wie schnell sie ihre Produktionskosten senken können, und haben darum ihre Jets im Kampf um Kunden zu billig verkauft.

Privatjet-Branche im Zeichen der Krise
Airbus Quelle: PR
Insgesamt 1200 Airbus-Flugzeuge fliegen in China, Hongkong und Macau. 20 davon sind Business-Jets. 180 Luxusmaschinen des europäischen Flugzeugbauers sind weltweit unterwegs. Sie sollen Unternehmen zu ihren Geschäftspartnern bringen und Superreichen das Reisen versüßen. Weit abseits der Economy-Class. Bild: Airbus Quelle: PR
Bis 2018 kommen eine Reihe neuer Modelle des Flugzeugbauers auf den Markt. Maschinen wie die ACJ319neo können bis zu 12.500 Kilometer ohne Zwischenstopp fliegen. Zum Beispiel von San Francisco nach Peking. Bild: Airbus Quelle: PR
Hersteller von Business-Jets werben damit, dass die Privatjets ihre Besitzer überall hinbringen. Auch an entlegene Orte wie die Antarktis. Hier zum Beispiel zur US-amerikanische McMurdo-Station, der größten Forschungsstation des Kontinents.  Bild: Airbus Quelle: PR
Auch für den US-amerikanischen Flugzeugbauer Boeing ist der chinesische Markt wichtig. Dort fliegen aktuell 21 Business-Jets des größten Flugzeug-Herstellers der Welt – drei weitere sind bestellt. Seit 20 Jahren ist der Flugzeugbauer im Privatjet-Bereich unterwegs. Seit 1996 konnte er 238 Flugzeuge dieser Art weltweit verkaufen. Bild: Boeing Quelle: PR
Luxus oder Arbeit: Je nach den Wünschen des Kunden richten die Hersteller die Flugzeugkabinen ein. In den meisten können die Firmen in separaten Räumen Meetings abhalten und sich auf Termine vorbereiten. Privatpersonen können aus ihren Flugzeugen aber auch kleine Wohlfühl-Oasen machen. Quelle: Boeing Quelle: PR
Der US-amerikanische Flugzeugbauer Gulfstream hat bisher 2500 Flugzeuge an Unternehmen, Privatbesitzer und Regierungen geliefert. Allein 154 im vergangenen Jahr. Besonders erfolgreich ist das Modell G550 (im Bild). Gebraucht gibt es das so ab 20,5 Millionen US-Dollar. Bild: Gulfstream Quelle: PR

Das wollen sie nun auf zwei Wegen wettmachen: Wichtigstes Mittel sind höhere jährliche Lieferzahlen und das Vorziehen von Aufträgen. Das sorgt dank der besseren Auslastung der Produktion für niedrigere Baukosten und mehr Gewinn pro Flieger. Zudem drücken die Flugzeughersteller nach Kräften auf die Produktionskosten. Dafür haben sie Automanager engagiert, die ihre beim Kfz-Bau gemachten Erfahrungen bei der Jetherstellung einbringen. Sie trimmen nicht nur die Fertigung auf eine Art Serienproduktion.

Wie zuvor bei Mercedes oder VW erhöhen die Chefeinkäufer der Flugriesen auch den Druck auf die Lieferanten. Die bekommen nicht nur strenge Sparvorgaben. Wer bei Projekten mitmachen will, muss sich am Risiko beteiligen, etwa indem er die Forschung oder den Ausbau der Produktionsanlagen selbst zahlt.

Wer den Flugzeug-Markt durchwirbelt
Japan: Mitsubishi Regional Jet Quelle: AP
Japan: Mitsubishi Regional Jet (MRJ)Der Großkonzern Mitsubishi Heavy Industry (MHI) will mit dem Jet zu einem vollwertigen Flugzeughersteller aufsteigen. Es sind Versionen mit 70 und 90 Sitzplätzen geplant, außerdem ist ein verlängertes Modell mit 100 Plätzen angedacht. Die Japaner werben damit, dass ihre Flugzeuge dank des Designs und vor allem eines neuen Triebwerks nicht nur weniger Sprit verbrauchen, sondern auch mehr Raum für Passagiere als die Rivalen bieten. Im zweiten Quartal 2017 soll das erste Flugzeug an die All Nippon Airways ausgeliefert werden. Quelle: AP
China: ARJ 21 Quelle: REUTERS
China: C919 Quelle: dpa
China: C919 Quelle: dpa
Russland: Iljuschin Il-114Dieses Flugzeug hat seinen Jungfernflug schon lange hinter sich: Als die Il-114 im März 1990 abhob, stand die Sowjetunion kurz vor dem Zerfall. Im Herbst 2015 wurde das Projekt aus der Mottenkiste geholt: Eine Produktionslinie soll aufgebaut werden, dafür muss aber der Motor auf den neuesten Stand der Entwicklung gebracht werden. Die Turboprop-Maschine aus dem Hause Iljuschin ist für den regionalen Flugverkehr geeignet und bietet lediglich 64 Plätze. Die staatliche Flugzeugbau-Holding Russlands hat aber auch einen größeren Flieger im Programm.... Quelle: imago images
Russland: Superjet 100 Quelle: REUTERS

Das klang nach einer guten Idee. „Jeder unserer Zulieferer hat eine höhere Rendite als wir“, klagte Airbus-Chef Enders mal. Doch in der Luftfahrt gelten andere Gesetze. Für bestimmte Teile gibt es meist nur eine Handvoll Lieferanten. Fällt einer aus, gibt es keinen Ersatz. Denn die Wettbewerber können entweder die vorgeschriebene Technik nicht genauso liefern wie gewünscht – oder sie sind mit anderen Herstellern beschäftigt. Also bleibt Airbus & Co nichts übrig als die Produktion zu bremsen bis der Lieferant zu Potte kommt – und erbosten Airlines Entschädigungen zu zahlen.

Wie das System läuft, zeigt sich gerade bei Boeing. Für den Druck beim größten Flugkonzern der Welt sorgt neben verpassten Reformen der vergangenen Jahre der starke US-Dollar. Wegen dem kann Airbus die traditionell in Dollar abgerechneten Flugzeuge sowie nötige Serviceleistungen billiger anbieten als die Amerikaner. Also hat der US-Konzern im Frühjahr sein "Partnering for Success" genanntes Sparprogramm für den Einkauf nochmal verschärft. „Wer da nicht mitmacht, kommt auf eine Art Flugverbotsliste“, so Experte Hamilton. Das verärgert die Zulieferer, weil Boeing sich scheut, seine eigenen Kosten zu senken. „Statt ‚Partnerschaft für Erfolg‘ sollte es ‚Partnerschaft für Armut‘ heißen“, ätzte Richard Aboulafia von der auf die Luftfahrt spezialisierten Denkfabrik Teal Group aus der Nähe von Washington.

Inzwischen haben Airbus und Boeing reagiert. Die Europäer fordern zwar immer noch Rabatte, helfen ihren Zulieferern aber mittlerweile verstärkt die Probleme zu lösen. Auch Boeing versucht sich nun in Milde. „Sie verstehen allmählich den Unterschied zwischen Strategie und Taktik“, so Aboulafia. „Die richtige Taktik sorgt für schnelle Erfolge, aber die richtige Strategie für langfristige Erfolge. Und dazu gehört es nicht jeden Dollar mitzunehmen.“

Andernfalls, so der Experte, wird zwar der nächste Geschäftsbericht besser. In wenigen Jahren aber könnten sich Nachteile zeigen, wenn Lieferanten stur nach Vorgaben arbeiten und neue Technik zuerst der Boeing-Konkurrenz anbieten. Und dann werden auch die kommenden Messen ruhig. Allerdings dann aber aus einem unerfreulichen Grund: Nach den Lieferanten dürften die Fluglinien zur Konkurrenz wechseln.

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