Airbus und Bombardier Major Toms bester Deal

Bombardier CS300 von Baltic Air Quelle: PR

Airbus übernimmt das Flugzeugprogramm C-Series des kanadischen Flugzeugherstellers Bombardier. Damit bekommt Chef Tom Enders nicht nur ein milliardenteures Modell für lau – der Jet löst auch drängende Probleme bei Airbus.

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Tom Enders traf in seinen gut sechs Jahren als Airbus-Chef ein paar clevere Entscheidungen. Bei seinen erfolgreichen Passagierjets A320 und A330 schob er die Hauptlast für die Renovierung zu den Triebwerksherstellern UTC und General Electric. Einen großen Teil der Mehrkosten für die Verspätung des Militärtransporter A400M ertrotzte er von den Abnehmerländern wie Deutschland oder Frankreich. Und er trieb seine Hubschraubertochter früh ins Geschäft mit selbständig steuernden Flugtaxis, noch bevor das Thema Mode wurde.

Doch Enders' bester Deal startete um Mitternacht von Samstag auf Sonntag. Mit der ersten Sekunde des Monats Juli übernimmt Airbus die Mehrheit am Flugzeugprogramm C-Series des kanadischen Herstellers Bombardier. Europas fliegender Marktführer übernimmt den Jet nicht nur extrem günstig. Der Neuzugang hilft Airbus vor allem, ein paar strategische Probleme zu lösen, etwa indem sie der Konkurrenz das Leben schwer machen. „Es ist ein großer Gewinn für uns, die Kunden und unsere Aktionäre“, lobt Enders.

Wie sehr der Major der Reserve damit untertreibt, zeigt sich in drei Feldern.

Da sind zum einen die Kosten des Deals. Die für mehrere Milliarden entwickelten Mittelstreckenjets CS100 und CS300 für 110 bis 150 Passagiere bekommt Enders nicht nur für lau. Bombardier zahlt den laut Insidern bald in A210 und A230 umbenannten Modellen sogar noch eine Mitgift von bis zu 925 Millionen Dollar. Die Kanadier und der dahinter stehende Staat tragen in diesem Jahr auch Anlaufverluste bis zu 225 Millionen. Und sollte es bei dem lange krisengeschüttelten Jet wider Erwarten in den kommenden drei Jahren doch nochmal größeren Stress mit der Technik geben, schiebt Bombardier nochmal bis zu 700 weitere Millionen Dollar hinterher.

Dazu spart Airbus durch das Geschenk gleich an mehreren Punkten Geld. Zum einen bekommt der Konzern ein fertiges Flugzeug und muss nicht noch jede Menge Geld für mögliche Entwicklungspannen zurücklegen. Denn wie Airbus beim Bau des Superjumbos A380 oder Boeing bei seiner Dreamliner genannten 787 schmerzhaft feststellen mussten, kostet ein neues Flugzeugmodell immer ein paar Milliarden mehr als geplant. Und weil angesichts des scharfen Wettbewerbs für jeden verkauften Jet immer nur ein paar Millionen der Entwicklungskosten zurückfließen, braucht es in der Regel dann meist noch ein paar hundert Maschinen länger, bis der Hersteller damit Geld verdient. „Das kann Jahre dauern oder wie beim A380 vielleicht auch nie der Fall sein“, erläutert Scott Hamilton, Inhaber des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Leeham aus der US-Luftfahrtmetropole Seattle.

Airbus können diese Mehrkosten gleichgültig sein, da der Konzern sie ja nicht tragen muss. Daraus ergibt sich, dass Airbus das dem Vernehmen nach für weniger als die Hälfte der Listenpreise von 80 Millionen Dollar für die kleinere CS100 beziehungsweise 90 Millionen für die größere CS300 angebotene Modell nochmal deutlich günstiger anbieten kann, als Bombardier bisher.

Dazu sorgt die C-Serie im ganzen Konzern für niedrigere Kosten. Zum einen hat Airbus angekündigt, die Produktion in diesem Jahr auf mindestens drei Maschinen pro Monat zu verdoppeln. Das drückt die Baukosten. Gleichzeitig will Philippe Balducchi, seit Samstagnacht Programm-Chef der C-Serie, mit den Lieferanten von den Rohstoffen bis zur Bordelektronik sofort über niedrigere Preise verhandeln. Laut Insidern kann das pro Maschine zunächst bis zu fünf Millionen Euro ausmachen – später auch das Doppelte.

Denn die Lieferanten werden nachgeben. Wenn Airbus dank seiner eingespielten Verkaufsmaschinerie die bislang eher bescheidenen Absatzzahlen wie geplant von heute 370 auf wahrscheinlich mehr als 2000 Maschinen kräftig steigert, sinken für die Lieferanten die Baukosten – und das können sie weiterreichen. Doch zu diesem Zuckerbrot hat Balducchi auch gleich die Peitsche parat: Wer vor den Zulieferern nicht mitzieht, riskiert, dass er bei den nächsten Ausschreibungen für die C-Serie oder ein anderes Airbus-Modell weniger oder keine Aufträge mehr erhält.

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