Aktie steigt deutlich Bayer strebt wohl Glyphosat-Vergleich an

Die Bayer-Aktie machte nach dem Bloomberg-Bericht einen Sprung nach oben. Quelle: dpa

Die Klageflut gegen Bayer wegen möglicher Gesundheitsschäden durch Glyphosat ist zuletzt immer weiter gewachsen. Jetzt wird über einen Milliarden-Vergleich in den USA spekuliert – die Aktie reagierte deutlich.

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Der wegen Tausender Glyphosat-Klagen unter Beschuss stehende Bayer-Konzern strebt nach einem Bericht des Finanzdienstes Bloomberg einen Milliarden-Vergleich in den USA an. Der Agrarchemie- und Pharmakonzern schlage eine Zahlung von bis zu 8 Milliarden US-Dollar (7,15 Milliarden Euro) vor, um die Klagen der zuletzt 18.400 Kläger beizulegen, wie Bloomberg am Freitag unter Berufung auf eine mit den Verhandlungen vertraute Person berichtete. Ein Bayer-Sprecher wollte dies auf Anfrage nicht kommentieren.

Wenngleich eine Lösung der Causa Glyphosat noch Monate dauern könnte, wäre es ein Befreiungsschlag für den Dax-Konzern. Die Bayer-Aktien setzen denn auch ihre Erholungsrally der vergangenen Tage mit einem Plus von über 11 Prozent auf 69,93 Euro fort. Am Mittag notierte das Papier noch um sieben Prozent im Plus bei über 66,50 Euro. Die von Bloomberg genannten 8 Milliarden Dollar wären deutlich weniger als viele Analysten, die ohnehin mit einem Vergleich rechnen, zuletzt auf dem Zettel hatten. Analyst Markus Mayer von der Baader Bank etwa ging zuletzt davon aus, dass eine Einigung im Bereich um die 15 bis 20 Milliarden Euro (16,7 bis 22,3 Milliarden Dollar) positiv für den Aktienkurs wäre.

Analyst Gunther Zechmann von Bernstein Research äußerte sich ähnlich optimistisch. Alles unter 30 Milliarden Dollar wäre positiv für den Aktienkurs, sagte er am Freitag. Sollten es tatsächlich nur 8 Milliarden werden, hätte der Kurs wohl 30 Prozent Luft nach oben – gerechnet ohne die Gewinne vom Freitag.

Mit Spannung erwarteten viele den nächsten Prozess gegen die Bayer-Tochter Monsanto. Dieser sollte noch im August in Monsantos Heimatstadt St. Louis beginnen. Nun wurden dieses und ein weiteres Verfahren verschoben.
von Jürgen Salz, Julian Heißler

In den vergangenen Tagen hatten Investoren bereits die Vertagung eines für August angesetzten Glyphosat-Prozesses als Hinweis auf fortschreitende Vergleichsverhandlungen interpretiert. Der Druck auf Konzernchef Werner Baumann war in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen, weil Bayer bereits drei Verfahren um Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter mit Schadensersatzforderungen im jeweils mittleren bis hohen zweistelligen Millionen-Dollar-Bereich verloren hatte. Trotz der jüngsten Aktienkurserholung notieren die Papiere immer noch fast 30 Prozent tiefer als vor der ersten Prozessschlappe wegen Glyphosat vor einem Jahr. Das bedeutet beim Börsenwert ein Minus von 24 Milliarden Euro.

Bayer fährt bisher offiziell zwar eine harte Linie und verweist unter Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Studien weiterhin auf die Sicherheit von Glyphosat bei richtiger Anwendung und will vor Berufungsgerichte ziehen. Konzernchef Baumann hatte zuletzt jedoch abermals gesagt, dass ein Vergleich durchaus in Frage käme, wenn er wirtschaftlich Sinn machen würde. So verschlingen allein die Kosten für Anwälte und Imagekampagnen Hunderte Millionen Euro.

Zudem hatte Richter Vince Chhabria, bei dem Hunderte Klagen gebündelt sind, die Streitparteien bereits zu einer einvernehmlichen Lösung aufgefordert und mit dem US-Staranwalt Ken Feinberg einen Mediator bestellt. Er gilt als bekanntester US-Experte in Entschädigungsfragen und wird häufig als Schlichter berufen. Er war unter anderem für Kompensationen nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zuständig.

Und auch von anderer Seite kommt Druck. So mischt der für sein aggressives Gebaren bekannte US-Milliardär und Investor Paul Singer mit seinem Hedgefonds Elliott bei Bayer inzwischen mit einer Beteiligung von mehr als einer Milliarde Euro mit. Noch gab er sich zwar zahm und lobte Bayer-Schritte wie die Gründung eines Aufsichtsratsausschusses, der das Thema Glyphosat vorantreiben soll. Wie lange Singer bei fehlenden Fortschritten ruhig bleibt, ist aber fraglich.

Sollte Bayer sich in den kommenden Monaten tatsächlich auf einen Vergleich einigen, wäre die mit Abstand größte Baustelle des Konzerns erst einmal bereinigt. Beim Konzernumbau gab es zuletzt schon Fortschritte: Es fanden sich Käufer für die schwächelnde US-Fußpflegemarke Dr. Scholl's und die Sonnenschutzmarke Coppertone. Zudem wurde die Beteiligung am Chemieparkbetreiber Currenta für mehr Geld losgeschlagen als gemeinhin erwartet.

Und auch für das Geschäft mit Tiergesundheit scheint eine Lösung unmittelbar bevorzustehen. Es könnte laut Bloomberg für mehrere Milliarden an den US-Konkurrenten Elanco gehen, an dem Bayer im Gegenzug eine Minderheitsbeteiligung erhalten könnte. Bereits in der kommenden Woche könnte der Deal angekündigt werden, hieß es unlängst.

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