Die langfristigen Folgen des Aktivismus haben kürzlich die drei US-Professoren Lucian Bebchuk, Alon Brav und Wei Jiang untersucht. Dafür werteten sie Daten von 2000 Unternehmen aus, bei denen sich Fonds zwischen 1994 und 2007 engagiert hatten. Fünf Jahre nach der Attacke war deren operative Leistungsfähigkeit, gemessen an der Gesamtkapitalrendite, höher als in den Jahren vor dem Einstieg.
Der Aktienkurs entwickelte sich ebenfalls dauerhaft besser als vor dem Einstieg. „Wir sollten uns von den Vorurteilen verabschieden“, urteilen die Autoren. Denn die Fonds suchen sich selten Perlen als Ziele, sondern verwenden den größten Teil ihrer Ressourcen darauf, Unternehmen zu finden, deren Wert sich noch steigern lässt. So gut deutsche Unternehmen wirtschaftlich alles in allem auch dastehen, bieten sie dennoch viele Angriffspunkte.
„Indikatoren für eine Gefährdung sind im Vergleich mit Wettbewerbern niedrigere Bewertungen, eine unklare oder nicht stringente Langfriststrategie, wenig Synergien zwischen einzelnen Geschäftsbereichen in Konglomeraten oder überproportional viel Bargeld in der Bilanz ohne absehbare Investitionsmöglichkeiten“, sagt Alexander Gehrt, Leiter des Fusionsgeschäfts bei der UBS in Frankfurt.
Wo sich aktivistische Aktionäre 2013 engagiert haben
Land: Frankreich
Investor: Colony Capital
Forderung: Neues Management
Ergebnis: erfolgreich
Land: Deutschland
Investor: Elliott
Forderung: Höherer Übernahmepreis
Ergebnis: erfolgreich
Land: Dänemark
Investor: Cevian
Forderung: Wertsteigerung
Ergebnis: läuft noch
Land: Frankreich
Investor: TCI
Forderung: Verkauf Dessault (Business Jets)
Ergebnis: läuft noch
Land: Italien
Investor: Knight Vinke
Forderung: Abspaltung Saipem (Ölservices)
Ergebnis: erfolglos
Land: Deutschland
Investor: Elliott
Forderung: Höherer Übernahmepreis
Ergebnis: läuft noch
Land: Finnland
Investor: Third Point
Forderung: Mehr Aktienrückkäufe
Ergebnis: läuft noch
Land: Großbritannien
Investor: TCI
Forderung: Besseres Management
Ergebnis: Teilausstieg
Land: Italien
Investor: Findim
Forderung: Veränderung im Aufsichtsrat und Management
Ergebnis: läuft noch
Land: Deutschland
Investor: Cevian
Forderung: Wertsteigerung
Ergebnis: läuft noch
Land: Schweiz
Investor: Knight Vinke
Forderung: Wertsteigerung
Ergebnis: läuft noch
Trügerische Sicherheit
Kurz gesagt: Kaum ein Unternehmen kann sich sicher fühlen. So haben sich schon etliche Investoren und Analysten darüber Gedanken gemacht, ob die Lkw-Sparte zwingend zu Daimler gehören muss. Welche Synergien die unterschiedlichen Sparten bei BASF und Bayer bringen. Ob Metro den Verkauf einiger Beteiligungen nicht entschlossener vorantreiben könnte. Wie lange Adidas oder Lanxess noch schlechter abschneiden wollen als ihre internationalen Wettbewerber? Was Siemens eigentlich mit den Milliarden von Cash anstellen will? Und ob Gerhard Cromme dort wirklich noch der richtige Aufsichtsratsvorsitzende ist?
Auch ein Großaktionär bremst die Fonds nicht aus. So engagiert sich Cevian bei ThyssenKrupp, obwohl mit der Krupp-Stiftung ein Schwergewicht an Bord ist. Und TCI beteiligte sich 2012 am Flugzeugausrüster Safran, obwohl da sogar der französische Staat eine Sperrminorität hält.
Letztlich hilft nur gute Vorbereitung auf den Ernstfall. „Wenn Hedgefonds auftauchen, muss das Management sachlich reagieren und zeigen, dass es sich nicht treiben lässt, sondern weiter die Kontrolle hat“, rät Maximilian Schiessl, Partner bei der Kanzlei Hengeler Mueller in Düsseldorf. Dafür sollte es das Unternehmen schon vorher auf potenzielle Angriffspunkte überprüfen. „Im Idealfall können die Aktivisten keinen Vorschlag mehr machen, den die übrigen Aktionäre nicht schon kennen“, sagt Schiessl. Wenn sie nur Bekanntes präsentieren, nimmt das den Angreifern den Wind aus den Segeln.
Schiessl zählt zu den erfahrensten deutschen Beratern bei großen Firmenkäufen. Er hat die Fonds damit auf dem Feld kennen gelernt, auf dem ihr Wirken für den meisten Ärger sorgt. „Deutschland ist zur weltweit größten Spielwiese für Hedgefonds verkommen“, schimpft ein kürzlich betroffener Konzernchef. Ein Banker spricht von „legaler Erpressung“. Überalterte Regeln würden in das Gegenteil dessen verkehrt, was sie bezwecken sollten.
Dabei geht es um den Schutz von Minderheitsaktionären bei Übernahmen. Sie seien „ein weltweiter Leuchtturm der Fairness“, sagt ein Hedgefondsmanager. Jedenfalls eröffnen sie an mehreren Ecken die Chance, den Preis für den Käufer hochzutreiben. „Bei Übernahmen können Hedgefonds innerhalb kurzer Zeit große Pakete aufbauen, weil die übrigen Aktionäre verkaufsbereit sind“, sagt Anwalt Schiessl.