Alcoa und Wall Street Rohstoffflaute und Devisenchaos werden Berichtssaison prägen

Der Aluminiumkonzern Alcoa gilt als Gradmesser für den Zustand der US-Wirtschaft. Die heutigen Quartalszahlen geben einen Ausblick darauf, was Aktionäre in dieser Quartalssaison erwartet.

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Der Aluminiumkonzern macht in der US-Quartalsaison den Anfang. Quelle: Reuters

San Francisco Für die einen ist es nicht mehr als ein liebgewonnenes Ritual, für die anderen ein Gradmesser für den Stand der Weltwirtschaft: Am Montag nach Börsenschluss wird der Aluminiumkonzern Alcoa seine Zahlen vorlegen – und damit den Auftakt der Quartalssaison in den USA machen. Die Frage ist: Wird das Traditionsunternehmen die Anleger erfreuen oder enttäuschen? Der Verbrauch und die Preisentwicklung von Aluminium gelten als Indikator für die Lage der Weltwirtschaft.

Auf jeden Fall wird es ein besonderer Tag. Vielleicht wird es das letzte Mal sein, dass Analysten und Strategen sich in Kaffeesatz-Leserei der Aluminium-Zahlen üben. Die geplante Aufspaltung von Alcoa in zwei börsennotierte Konzerne ist noch im zweiten Halbjahr möglich, hat Vorstandschef Klaus Kleinfeld versprochen. Der formelle Antrag an der US-Börse ist eingereicht.

Die alte Alcoa soll in Arconic umbenannt werden und die Produktion von hochwertigen Aluminiumteilen für die Industrie – vom Auto- bis zum Flugzeugbau – umfassen. Der Alcoa Corp. sind die restlichen Sparten vorbehalten – von Bergbau bis Aluminium-Schmelzen. Damit soll der Turnaround nach Jahren des Rückwärtstrends endgültig eingeleitet werden. Die Details der als steuerfrei geplanten Transaktion wird ein zentraler Punkt des Analystengesprächs am späten Montag werden.

Aber noch einmal sollen in alter Manier die Zahlen einen Hinweis darauf geben, was Aktionäre in den kommenden Wochen erwartet. Dieses Quartal ist geprägt von einer spürbaren Erholung bei den Rohstoffpreisen. Wird sich dieser Zustand in dieser Quartalssaison in besser als erwarteten Ergebnissen bei Minengesellschaften und der Öl- und Gasbranche niederschlagen?

Die Erholung bei Aluminium und seinen Rohstoffen war aber seit Jahresbeginn weniger stark als bei Rohöl. Zudem belastet Alcoa die schlechte Entwicklung der chinesischen Industrie. Der Grund: China ist einer der Hauptabsatzmärkte. Dort versucht der Alcoa-Konzern seinen Marktanteil bei Aluminium-Rohstoffen und Fertigprodukten auszuweiten. Das US-Unternehmen ist längst nicht mehr die Nummer eins der Welt, aus dem Dow-Jones-Index ist Alcoa längst ausgeschieden.

Trotzdem sind noch Trendaussagen möglich. Im Bericht zum ersten Quartal diskutierte das Management etwa einen Überhang bei Inventar für die Flugzeugindustrie, einer der größten Kunden von Alcoa-Fertigteilen. Rund 40 Prozent des neuen Arconic-Umsatzes wird die Luftfahrtbranche bestreiten. Sowohl eine Verschlechterung als auch eine Verbesserung der Konzern-Zahlen können einen Hinweis auf die Ergebnisse von Schwergewichten wie Boeing und die gesamte Konjunktur geben.

Morgan Stanley geht in einer aktuellen Studie für Alcoa von einem Quartalsgewinn pro Aktie von zwölf Cents aus. Dabei hat die Analyse den Gewinn des ersten Quartals von sieben Cent als Grundlage genommen. Für die Preisentwicklung bei Aluminium wird ein Cent aufgeschlagen, zwei Cents für Kosteneinsparungen bei der Rohstoffförderung und 1,5 Cents bei der Verarbeitung. 1,7 Cent mehr Gewinn pro Aktie steuert die Preisentwicklung bei Aluminiumoxyd bei. Darüber hinaus gibt es noch einen „Brexit“-Abschlag von einem Cent. Die vorherige Schätzung lag bei 13 Cents, der Schnitt der Analysten erwartet nun neun Cent Gewinn pro Aktie. Der Quartalsumsatz wird bei 5,4 Milliarden Dollar angesetzt, zwölf Prozent unter dem Stand vom ersten Quartal.


Wann berichten die Finanzgiganten JP Morgan und Citigroup?

Der Austritt der Briten aus der EU selber hat die Ergebnisse noch nicht beeinflusst, aber die Schwäche des britischen Pfunds zeichnete sich schon in den letzten Junitagen ab. Was bedeutet das für Alcoa? Morgan Stanley zufolge nicht viel. Bei umgerechnet 300 Millionen Dollar langfristigem Anlagevermögen im britischen Königreich und der Masse an Geschäften in den Währungen Dollar und Euro wird der Brexit nicht viel bewegen.

Im Gegenteil: bei nicht einmal drei Prozent Umsatz im Jahr 2015 mit britischen Kunden ist der Ausstieg praktisch unbedeutend. Es sei denn, so das Investmenthaus, der Schritt Großbritanniens führt zu einer Wirtschaftskrise in Europa. Hier erzielt Alcoa 24 Prozent des Umsatzes. Langfristig, so Morgan Stanley, die eine Kaufempfehlung („Übergewichten“) für Alcoa ausgeben, werde das schwache Pfund sogar helfen.

Ein Gewinn von zwölf Cent pro Aktie wäre also deutlich mehr als die Mehrheit der Analysten erwartet. Aber es wäre immer noch ein heftiger Rückgang von fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr mit einem Gewinn von 19 Cent pro Wertpapier. Auch hier dient Alcoa längst nicht mehr als allgemein gültiger Gradmesser. Die Experten von Factset berechnen für das abgelaufene Quartal den Gewinnverlust bei den Unternehmen des S&P-500-Index auf durchschnittlich nur 5,6 Prozent.

Die Finanzgiganten JP Morgan und Citigroup werden am Donnerstag und Freitag berichten. Die Angaben über Not-Kredite in der Ölindustrie, Ausfallsrisiken bei Hypotheken und bei Autokrediten sowie Industrieanleihen geben schon heute einen besseren Einblick in den Zustand der US-Wirtschaft.

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