Amprion begrüßt Erdkabel Netzbetreiber gibt Entwarnung

Die Bundesnetzagentur hat vor einer deutlichen Verzögerung beim Ausbau des Stromnetzes gewarnt. Der Chef des Netzbetreibers Amprion, Hans-Jürgen Brick, sieht das nicht so dramatisch. Nur um die Kosten macht er sich Sorgen.

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Wegen der Erdverkabelung verzögert sich die Fertigstellung vieler neuer Stromtrassen. Quelle: dpa

Im Jahr 2022 soll die Energiewende in Deutschland einen vorläufigen Höhepunkt erreichen: Dann soll das letzte Atomkraftwerk vom Netz gehen und der Strom zu mehr als einem Drittel von den erneuerbaren Energien gedeckt werden. Beide Ziele sind gut zu erreichen. Sowohl der Atomausstieg also auch der Ausbau von Wind- und Solarenergie liegen im Plan.

Trotzdem gibt es Anlass zur Sorge: Der Ausbau des Stromnetzes, der dafür nötig ist, könnte nicht mit dem Umbau der Stromproduktion Schritt halten. Die Bundesnetzagentur hat jüngst vor Verzögerungen um mehrere Jahre gewarnt. Die geplanten großen Stromtrassen dürften „frühestens 2025“ fertig sein.

Hans-Jürgen Brick, der kaufmännische Geschäftsführer des Netzbetreibers Amprion, bestätigt zwar die Verzögerungen, gibt aber Entwarnung: „Für die Energiewende ist das kein substanzielles Problem“, sagte er dem Handelsblatt, „die Verzögerungen sind für uns Netzbetreiber zu beherrschen – es ist nur eine Frage der Kosten.“ Um die Sicherheit des Stromnetzes müssten sich die Bürger deswegen keine Sorgen machen. „Für die Systemsicherheit ist die Verzögerung nicht dramatisch.“

Amprion ist einer der vier großen Übertragungsnetzbetreiber, die mit ihren Höchstspannungsleitungen dafür sorgen, dass Strom in Deutschland über große Strecken verteilt wird. Amprion, Tennet, 50 Hertz und TransnetBW haben den Auftrag, das Stromnetz mit Milliardeninvestitionen zu ertüchtigen, damit das Stromnetz auch beim Ausbau der erneuerbaren Energien stabil bleibt. Allein Amprion plant in den kommenden zehn Jahren mit 5,5 Milliarden Euro. Schließlich bringt der Ökostromboom zwei Probleme mit sich: Zum einen schwankt das Angebot witterungsbedingt stark, zum anderen muss Strom in großen Mengen von Nord nach Süd abtransportiert werden. Während im Norden im großen Stil Windparks entstehen, gehen im Süden viele Atomkraftwerke vom Netz und ist die Nachfrage wegen der vielen Industrieunternehmen hoch.

Die Bundesnetzagentur warnte jüngst in einem Zwischenbericht, das bei geplanten Großprojekten Verzögerungen drohen. Sie werden vermutlich nicht wie geplant 2022 fertig, sondern frühestens 2025. Schuld ist die Vorgabe der Politik, dass weite Strecken nicht per Freileitung verlegt, sondern als Erdkabel vergraben werden müssen. Das wurde erst Anfang des Jahres neu geregelt. Betroffen von der Verzögerung bis 2025 sind nach dem Bericht der Bundesnetzagentur unter anderem die großen Leitungen „Suedlink“ und „SüdOstlink“, die Strom von Norden nach Bayern bringen sollen, sowie eine nördliche Trasse zwischen Emden an der Nordseeküste und Osterath im Rheinland. Für letztere Leitung, die zwischen 300 und 350 Kilometer lang werden soll, ist Amprion zuständig.


Kosten um das Vier- bis Achtfache höher

„Wir begrüßen, dass wir jetzt Rechtsicherheit haben“, sagte Brick aber, „vielleicht bekommen wir etwas von der Zeit, die wir in der Debatte darüber verloren haben, bei der Umsetzung ja wieder herein.“ Brick sieht in der Erdverkabelung dabei auch Vorteile. „Es ist leichter nach dem geeigneten Korridor zu suchen und es ist einfacher die Bürger für das Projekt mitzunehmen.“

Gegen die neuen Leitungen hatte es zum Teil große Widerstände gegeben. Der Protest von Bürgerinitiativen hatte letztlich dafür gesorgt, dass die Bundesregierung der Erdverkabelung den Vorrang gab – wo das möglich ist.

Die Vorgabe, verstärkt auf Erdverkabelung zu setzen, bringt aber höhere Kosten mit sich, die letztlich der Stromkunde tragen muss. Nach Angaben von Amprion wird bei einer Freileitung im Schnitt mit Kosten von 1,5 Millionen Euro je Kilometer kalkuliert. Bei einem Erdkabel seien die Kosten um das Vier- bis Achtfache höher – abhängig von der Geographie.

Und auch die Verzögerung bringt Kosten mit sich, die letztlich auf die Strompreise umgelegt werden. Solange das Netz nicht ausgebaut ist, müssen die Netzbetreiber häufig eingreifen, um die Schwankungen im Angebot an erneuerbaren Energien abzufangen. Sie nehmen Windräder vom Netz oder lassen Gaskraftwerke kurzfristig anfahren. Pro Jahr kostest das rund eine Milliarde Euro.

Trotzdem ist Brick froh, dass er jetzt Rechtssicherheit hat. Er appelliert deshalb an Politik und Aufsichtsbehörde, dass es keine weiteren Eingriffe mehr geben darf: „Jetzt brauchen wir aber auch Stabilität in der Gesetzgebung und bei der Regulierung.“

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