Angebot für Osram Chinas Einkaufstour in Deutschland geht weiter

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Der Widerstand wächst

Osram ist mit seinen rund 18.000 Patenten ein hoch attraktives Übernahmeziel für die Chinesen. Nachdem die Münchner im Frühsommer ihr Geschäft mit Energiesparlampen, Leuchtstoffröhren und Glühlampen an ein chinesisches Konsortium verkauft haben, konzentriert Osram sich nun auf hochwertige Halbleiterprodukte. Das Unternehmen mit fast 5,6 Milliarden Euro Umsatz produziert unter anderem LED-Chips für die Autoindustrie und Halbleiter für Smartphones zur Iris-Erkennung. Das Traditionsunternehmen ist heute Hightechkonzern und passt perfekt ins Beuteschema der Chinesen.

Ein schneller Erfolg bei Osram wäre für China wichtig. In den USA kamen die Chinesen etwa bei der LED-Sparte von Philips nicht zum Zuge. Offiziell monierten die Behörden, Philips baue militärisch einsetzbare LEDs. Tatsächlich soll es vor allem um Patente für grundlegende Technologien und Verfahren gegangen sein. Auch Osram hält solche Patente.

Schon lange sind die Amerikaner bei chinesischen Vorstößen für Übernahmen deutlich kritischer als Europäer und vor allem als die Deutschen. Doch allmählich dreht der Wind. Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer in China, pocht vor allem auf gegenseitige Fairness, denn noch immer sind für Investoren aus dem Ausland in China viele Branchen verschlossen. „Es kann ja nicht sein, dass China sich in Europa an einem reichhaltigen Buffet bedienen kann“, sagt er, „und die Europäer bekommen in China nur karge Hausmannskost“, sagt Wuttke.

Auch in der Politik macht sich Ernüchterung breit. So gab es bei der EU-Kommission schon vor drei Jahren Überlegungen, Investitionen aus Drittstaaten zentral in Brüssel prüfen zu lassen. Der damalige Finanzmarktkommissar Michel Barnier aus Frankreich träumte von einer Prüfstelle nach US-Vorbild, die verhindert, dass Ausländer sich in sicherheitsrelevante Unternehmen einkaufen. Die Bundesregierung war damals wenig begeistert.

Seitdem hat sich einiges getan. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der im Juni in der WirtschaftsWoche ankündigte, er wolle eine europäische Debatte zur Definition strategisch heikler Übernahme anregen, hat seine Vorschläge zusammengestellt und will sie alsbald der Bundeskanzlerin präsentieren. Das erfuhr die WirtschaftsWoche aus Verhandlungskreisen.

Falsches Spiel mit Aixtron?

Schwierig sind chinesisch-deutsche Deals allerdings nicht nur wegen eines möglichen Ausverkaufs deutscher Hochtechnologie, sondern auch wegen fehlender Transparenz. Oftmals ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, wer wirklich hinter dem Investor aus China steckt und vor allem welche Rolle der Staat spielt.

San’an Optoelectronics etwa, der aussichtsreichste Kandidat für eine Osram-Übernahme, hat rund 7000 Mitarbeiter, ist hoch profitabel – und geriet schon im vergangenen Dezember in Deutschland in die Schlagzeilen. San’an hatte eine Großbestellung beim Halbleiterzulieferer Aixtron fast komplett storniert, angeblich wegen Qualitätsmängeln. Die Aixtron-Aktie brach darauf um 43 Prozent ein. Wenige Monate später machte der chinesische Investmentfonds Fujian Grand Chip, der ebenfalls in Xiamen sitzt, mit San’an Optoelectronics geschäftliche Beziehungen pflegt und immer wieder durch seine Nähe zum chinesischen Staat auffällt, ein Übernahmeangebot für das deutsche Unternehmen.

Aktuell dürfte der Schlüssel für einen Osram-Verkauf allerdings weder in China noch in Berlin oder Brüssel liegen, sondern in München am Wittelsbacher Platz. Dort hat Siemens, der Konzern, der noch knapp 18 Prozent der Osram-Anteile hält, seine Zentrale – und dessen Chef Joe Kaeser hat noch eine Rechnung mit Berlien offen. Auf der Osram-Hauptversammlung im Februar verweigerte Siemens dem Vorstand die Entlastung, weil Kaeser mit der Strategie des Osram-Chefs nicht einverstanden war.

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