Arzneimittel-Knappheit Wir müssen uns aus der (Medikamenten-) Abhängigkeit von China befreien!

Als China gleich zu Beginn der Coronapandemie Städte und Häfen abriegelte, merkten die deutschen Pharmaunternehmen schnell, wie anfällig ihre Lieferketten sind. Quelle: Getty Images

Deutschland liefert sich aus. Über 60 Prozent der hierzulande verwendeten Arznei-Wirkstoffe stammen aus China und Indien. Gegen die fatale Abhängigkeit lässt sich etwas machen. Es gibt Lösungen und Vorbilder – allerdings nicht aus Deutschland. Ein Kommentar.

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Zuletzt ging es um Häfen, Halbleiter und seltene Erden. Politik und Öffentlichkeit diskutieren endlich darüber, wie sehr Deutschlands Wirtschaft an neuralgischen Punkten inzwischen von China abhängt. Ein wichtiger Bereich blieb dabei allerdings bislang ausgeklammert: Medikamente. Das Gros der Arznei-Wirkstoffe stammt aus China.

Die inzwischen emeritierte Pharma-Professorin Ulrike Holzgrabe erkannte bereits vor Jahren: „Die Chinesen brauchen gar keine Atombombe. Es reicht, wenn sie keine Antibiotika mehr liefern.“ Was passiert mit den Wirkstoff-Lieferungen nach Deutschland, wenn China tatsächlich in Taiwan einmarschieren sollte? Oder wenn sich die Nachfrage nach Wirkstoffen oder Antibiotika in China erhöht?

Das russische Gas-Desaster sollte Warnung genug sein. Globalisierung ist gut. Aber einseitige Abhängigkeiten in strategisch wichtigen Bereichen darf es künftig nicht mehr geben.

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Die gute Nachricht: Es gibt Lösungen und Vorbilder, wie sich eine solche Hegemonie auflösen lässt. Allerdings stammen sie nicht aus Deutschland. Sondern etwa aus Frankreich oder Österreich. Dort unterstützen die Regierungen Unternehmen, um die Herstellung von Antibiotika oder des Schmerzmittels Paracetamol auf- und auszubauen.

In den USA fließt viel Geld, um die Produktion wichtiger Roh- und Wirkstoffe für Arzneien zurück ins Land zu holen. Aus dem französischen Pharmakonzern Sanofi heraus ist vor wenigen Monaten der Wirkstoff-Hersteller Euroapi entstanden, der die Herstellung von Wirkstoffen für Europa und in Europa ausbauen will – unter anderem übrigens in Frankfurt. All das sind keine Patentlösungen. Aber gute Ansätze.

Um sich aus der Abhängigkeit von China zu befreien, müssen Politik und Unternehmen endlich an einem Strang ziehen. Es wird Zeit, dass Politik und Krankenkassen finanzielle Anreize schaffen, damit sich die Produktion von Arzneimitteln in Deutschland wieder wirtschaftlich lohnt:  Festbeträge erhöhen und nicht nur auf den günstigsten Anbieter setzen.

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Die Unternehmen sind gefordert, ihre Risiken besser zu streuen, einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden und ihre Lieferstrukturen stärker zu diversifizieren. Politik und Wirtschaft müssen endlich auch in Deutschland vom Wollen ins Machen kommen. Viel Zeit ist nicht mehr. 


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