Auto- und Flugzeugteile betroffen Fälschungsskandal bei Kobe Steel weitet sich aus

Der japanische Stahlkonzern Kobe Steel hat Produkte mit gefälschten Inspektionsdaten verkauft. Die Zahl der betroffenen Abnehmer steigt kontinuierlich. Offen ist noch, ob eine Gefahr von den Produkten ausgeht.

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Kobe-Steel-Chef Hiroya Kawasaki Quelle: AP

Der Skandal um Produktdaten-Fälschungen beim japanischen Stahlkonzern Kobe Steel hat bei Firmen weltweit Besorgnis ausgelöst. Vorstandschef Hiroya Kawasaki räumte am Freitag ein, dass nicht nur Aluminium- und Kupferprodukte betroffen seien, sondern auch Stahlwaren wie Draht. Insgesamt seien rund 500 Firmen beliefert worden. Zu den Kunden des drittgrößten japanischen Stahlherstellers gehören Autokonzerne, die Luft- und Raumfahrtindustrie, Rüstungsunternehmen oder der AKW-Betreiber Tepco, bei dem es 2011 in Fukushima zur Reaktorkatastrophe gekommen war.

Unklar war, inwiefern ausländische Kunden von dem Skandal betroffen sind. Die Tageszeitung "Nikkei" berichtete von über 30 nicht-japanischen Kunden, darunter Daimler und Airbus. Daimler erklärte, dass Kobe Steel kein Lieferant des Unternehmens sei. Auch BMW ist nach eigenen Angaben nicht betroffen. Airbus beziehe direkt keine Kobe-Produkte, will jedoch seine Zulieferkette überprüfen. Daimler und BMW hatten diesen Schritt nicht angekündigt – es ist aber grundsätzlich möglich, dass über Zulieferer auch Material von Kobe Steel verbaut wurde.

Airbus bezieht jedoch für sein Modell A350 Teile für Fahrgestelle beim französischen Konzern Safran, die vom japanischen Konzern Japan Aeroforge hergestellt werden – einem Gemeinschaftsunternehmen von Kobe Steel und Hitachi Metals. Ein Sprecher von Kobe Steel sagte, Produkte des Joint Ventures stünden derzeit nicht unter Verdacht.

Der US-Rivale Boeing habe falsch deklarierte Produkte von Kobe Steel verwendet, sehe aber keine Sicherheitsprobleme, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Boeing hatte nach Bekanntwerden des Skandals angekündigt, sich mit den Zulieferern eng abzusprechen. Betroffen sind auch die Autobauer Toyota, Nissan und Honda, die Stahlprodukte von Kobe für Autotüren und -Hauben verwenden.

Kobe Steel hatte zugegeben, Aluminium- und Kupferprodukte sowie Eisenpulver mit gefälschten Inspektionsdaten zum Beispiel zur Materialstärke zur Verwendung in Autos, Zügen, Flugzeugen sowie militärischer Ausrüstung an Kunden in aller Welt ausgeliefert zu haben. Die Liste wurde jetzt um die Draht-Produkte verlängert.

„Die Glaubwürdigkeit von Kobe Steel ist auf Null eingebrochen“, sagte Firmenchef Hiroya Kawasaki am Donnerstag. „Wir werden Anstrengungen unternehmen, um so bald wie möglich das Vertrauen zurückzugewinnen.“ Am wichtigsten seien dabei Sicherheitsüberprüfungen zusammen mit den Kunden. Mit Rückrufen rechne er derzeit nicht.

Material ohne Inspektion ausgeliefert?

Ein Sprecher von Kobe Steel versicherte, dass es von den Draht-Kunden keine Beschwerden über Fehlfunktionen oder Sicherheitsprobleme gebe. Den Markt beruhigte dies nicht. Die Aktie von Kobe Steel verlor zeitweise fast neun Prozent an Wert. Seit Bekanntwerden des Skandals hat sie mehr als 40 Prozent verloren. Kobe Steel hatte die Produktdaten-Fälschung am Wochenende eingeräumt. Die Aluminium- und Kupferprodukte werden in Autos, Flugzeugen, Raketen und Rüstungsprodukten verwendet.

Am Mittwoch hatte „Nikkei“ berichtet, die Tochtergesellschaft Kobelco Research Institute, die sowohl für Kobe Steel als auch andere Firmen Produkte testet, habe ohne Inspektionen Materialien zur Produktion von Halbleitern ausgeliefert. Ein Unternehmenssprecher bestätigte Ermittlungen in dem Geschäftszweig. Der Zeitung zufolge erwägt Kobe Steel den Verkauf seines Immobiliengeschäfts, um angesichts des Skandals eine drohende Schieflage zu verhindern. Dazu wollte sich der Unternehmenssprecher nicht äußern.

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