Autobauer Streit bei Daimler über Stellenabbau verschärft sich

Bei dem Autobauer sind mehr als 15.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Der Betriebsrat beklagt einen rauen Ton in den Gesprächen mit der Daimler-Führung.

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Daimler erklärte am Montag, die im Herbst 2017 geschlossene Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung bis 2030 schließe betriebsbedingte Kündigungen nicht aus- Quelle: dpa

In der Coronakrise schaukelt sich der Streit bei Daimler über Einsparungen am Personal hoch. „Der Ton in den Gesprächen wird rauer und stellt die Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung auf eine Bewährungsprobe“, erklärte der Gesamtbetriebsrat des Unternehmens am Montag. In der Vergangenheit sei es gemeinsam gelungen, Krisen zu bewältigen. „Wir haben nicht vor, dass es dieses Mal anders sein wird.“ Dem Betriebsrat sei der Ernst der Lage bewusst.

Personalvorstand Wilfried Porth hatte am Wochenende erstmals bestätigt, dass mehr als 15.000 der insgesamt rund 300.000 Arbeitsplätze abgebaut werden müssten, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Das Management wolle „erheblich“ mehr als die Ende 2019 angekündigten 1,4 Milliarden Euro Personalkosten einsparen, wenn auch nicht doppelt so viel, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“.

Porth warf dem Betriebsrat vor, Sparbeiträge abzublocken. „Um unser gemeinsames Ziel der Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen weiterhin verfolgen zu können, brauchen wir deutlich mehr Entgegenkommen des Betriebsrats“, sagte Porth. Andernfalls könne es zu Kündigungen kommen, auch wenn diese in einer Vereinbarung bis Ende 2029 ausgeschlossen sind.

Daimler erklärte dazu am Montag, die im Herbst 2017 geschlossene Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung bis 2030 schließe betriebsbedingte Kündigungen nicht aus. Denn darin sei geregelt, dass sich die Parteien erneut zusammensetzen müssten, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern. „Unser Ziel bleibt, dass wir betriebsbedingte Kündigungen vermeiden“, bekräftigte das Unternehmen.

Porth forderte im Interview mit der Zeitung eine Arbeitszeitverkürzung mit entsprechender Absenkung der Löhne. Auch Pausen, Schichtzulagen, Weihnachts- oder Urlaubsgeld stehen demnach zur Disposition. Die IT mit rund 2000 Mitarbeitern solle an einen Dienstleister ausgelagert werden. Nicht nur in der Verwaltung, auch in der Produktion sollten Mitarbeiter gegen Abfindung gehen.

Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht lehnte im Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ Gehaltseinbußen wie Kürzungen des Weihnachtsgelds ab. Die Strukturen des Konzerns müssten für die Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektroantriebe ohnehin verändert werden. „Wenn man Strukturen ändern will, weil man zu viele Leute im System hat, hilft es doch nichts, wenn man das Weihnachtsgeld kürzt.“

Durch den Nachfrageeinbruch in der Coronakrise werde es „über viele Jahre hinweg“ eine Unterauslastung der Werke geben. Trotzdem sollten Arbeitskräfte nicht entlassen werden, weil sie sonst beim nächsten Aufschwung fehlten.

Als eine Möglichkeit verwies Brecht auf eine Arbeitszeitverkürzung, wie sie schon in der Wirtschaftskrise 2008/2009 vereinbart worden sei. Doch muss es aus Sicht des Betriebsrats einen teilweisen Lohnausgleich für eine auf ein Jahr befristete Reduktion der Arbeitszeit geben. Bis Ende des Jahres wolle das Unternehmen Doppelstrukturen ausfindig machen, die abgebaut werden könnten, erklärte Brecht.

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