Autoindustrie Warum ein Verbrenner-Verbot überflüssig ist

Norwegen macht es vor, nun fordern auch grüne Politiker in Deutschland das Verbot des Verbrennungsmotors ab dem Jahr 2025. Eine Forderung, die so realitätsfern wie überflüssig ist. Eine Analyse.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der Verbrenner könnte im kommenden Jahrzehnt zum Auslaufmodell werden. Quelle: dpa

Düsseldorf Der Verbrenner hat keine Zukunft. Dafür muss man nicht einmal den Klimawandel ins Feld führen. Die Vorkommen fossiler Brennstoffe sind begrenzt. Der Tag wird kommen, an dem es nicht mehr möglich sein wird, Autos mit Öl anzutreiben. Der Wandel zu alternativen Antrieben ist daher unabdingbar.

Doch weil der Klimawandel mit jedem neuen Verbrenner beschleunigt wird, geht einigen der Abschied von Benzin und Diesel nicht schnell genug. Während der Anteil der schweren SUVs auf den Straßen immer weiter steigt, machen alternative Antriebe an den Verkäufen nur einen marginalen Anteil aus, in Deutschland hatten beispielsweise Elektroautos im ersten Quartal einen Marktanteil von 0,3 Prozent. Tatsächlich tut sich insbesondere die deutsche Autoindustrie schwer, einen Massenmarkt für Autos mit Batterie- oder Brennstoffzellen-Antrieb zu schaffen.

In Norwegen geht man nun verkehrspolitisch radikaler vor. Ab dem Jahr 2025 wollen die Norweger die Neuzulassung von Verbrennern verbieten, in den Niederlanden wird bereits eine ähnliche Debatte geführt. Mit einem Verbot wollen die Länder eine Energiewende auf der Straße erzwingen. In Zeiten von Dieselgate, in denen die gesamte Autoindustrie wegen ihrer laxen Einstellung gegenüber dem Umweltschutz in die Kritik gerät, fallen solche radikalen Forderungen auf fruchtbaren Boden.

Prompt fordert auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen, Dieter Janecek, die Neuzulassung von Autos mit Verbrennungsmotor auch in Deutschland ab dem Jahr 2025 zu verbieten. Das – so die Begründung – würde Deutschlands Autoindustrie zukunftssicher machen für die Zeit nach dem Öl. Doch wahrscheinlicher ist, dass das genaue Gegenteil eintreten wird. Die deutsche Autoindustrie würde durch ein Verbot des Verbrenners im wichtigen Heimatmarkt manövrierunfähig gemacht.

Bisher ist das Geschäft mit den alternativen Antrieben ein Zuschussgeschäft, mit dem kein Hersteller Geld verdient. Der in diesen Tagen vielgelobte Elektropionier Tesla hat alleine im vergangenen Jahr 888 Millionen Dollar Verlust gemacht – bei gerade einmal 50.000 produzierten Autos, die zu Luxuspreisen verkauft werden. Um das Elektroauto in Masse zu produzieren, sind Milliardeninvestitionen notwendig. Alleine in Deutschland wurden 2015 etwa 3,2 Millionen Neuwagen zugelassen. Eine Industrie, die in Deutschland rund 800.000 Menschen beschäftigt, kann sich solche finanziellen Abenteuer nicht leisten.

Bisher werden diese Investitionen in alternative Antriebe darum durch das Geschäft mit dem Verbrenner querfinanziert. Der Plan, in neun Jahren komplett auf den Verbrenner zu verzichten, würde diese Überlegungen über den Haufen werfen.

Das hängt mit den Entwicklungszyklen der Industrie zusammen. Bevor ein neues Modell gebaut wird, werden Entwicklungskosten und Einnahmen für die gesamte Lebenszeit kalkuliert. Mit einem Verbot würden diese Kalkulationen für viele Baureihen nicht mehr aufgehen, deren Entwicklung bereits gestartet ist. Die Konzerne könnten bereits getätigte Investitionen heute schon abschreiben. Gleichzeitig müssten sie schnell immenses Kapital aufbringen, um Autos mit alternativem Antrieb zu entwickeln – ohne Erfolgsgarantie.

Unwahrscheinlich, dass das in neun Jahren gelingt. Kurzum: sparsame Verbrenner würden nicht mehr entwickelt, veraltete Modelle wären damit länger auf der Straße unterwegs und Elektroautos aus deutscher Produktion wären nach wie vor nicht konkurrenzfähig.


Was die Politik tun sollte

Profitieren würden vor allem ausländische Konkurrenten, die ihre Entwicklung mit Einnahmen aus anderen Geschäftsbereichen querfinanzieren können. Der IT-Riese Apple etwa, der im Projekt Titan an einem eigenen Elektroauto arbeitet. Oder chinesische Konzerne, die sich mit der günstigen Produktion der Batterie einen Wettbewerbsvorteil verschafft haben und die finanzielle Rückendeckung des Staates genießen. Ein Verbot des Verbrenners würde die deutschen Autoriesen gegen diese Konkurrenz alt aussehen lassen.

Auch die Norweger können sich die massiven Investitionen in die alternative Mobilität vor allem aus einem Grund leisten. Wie die deutsche Autoindustrie ist auch die norwegische Wirtschaft bisher noch auf Öl gebaut, das immer noch 60 Prozent aller norwegischen Exporte ausmacht. In Norwegen würde dieses Geld weiterfließen, wenn das Land selbst aus dem Verbrenner aussteigt. In Deutschland würde man der heimischen Industrie die Basis entziehen. "Völlig utopisch", nennt darum auch Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer, ein erklärter Befürworter Elektromobilität, die Pläne der des grünen Wirtschaftspolitikers Janecek.

In einem Punkt liegen der Grünen trotzdem richtig: Es ist der Zeitpunkt gekommen, in dem man die Industrie davon abbringen muss, weiterhin überwiegend in den noch lukrativen, aber wenig zukunftssicheren Verbrenner zu investieren. Immerhin fließt schaffen Konzerne die um die beste Lösung streiten. Ein Eingriff direkter Eingriff in die Modellentwicklung durch ein Verbot wäre da kontraproduktiv. Die Politik hat längst andere Instrumente: Sie könnte Subventionen für den Verbrenner abbauen und umweltfreundlichere Abgasvorschriften schaffen. Aber auch der schnellere Aufbau einer Infrastruktur für alternative Antriebe, also Ladestationen und Wasserstofftankstellen, wie ein attraktives Umfeld für Forschung und Entwicklung wären notwendig. Hier muss die Politik mehr Tempo an den Tag legen. Anreize könnten am Ende deutlich erfolgreicher sein als Zwang.

Denn damit alternative Antriebe aus deutscher Produktion sich durchsetzen, brauchen die Deutschen vor allem überlegene Technologie – so wie sie es beim Verbrenner vorgemacht haben. Dazu sind nicht Politologen wie Janecek und ihre verkehrspolitischen Wunschträume, sondern einmal mehr deutsche Ingenieure gefragt.

Denn gelingt der technische Fortschritt nicht wie kalkuliert, wäre ein zwangsweiser Umstieg auf alternative Antriebe nur eine gigantische Verschwendung von Ressourcen. Der Zeitpunkt wird kommen, an dem es zu teuer sein wird, den Verbrenner weiter zu verbessern. Das ist längst in den Vorstandsetagen angekommen. Spätestens dann werden sich die alternative Antriebe am Markt durchsetzen. Die Frage ist nur, wann dieser Zeitpunkt kommt. Sich sklavisch auf das Jahr 2025 festzulegen, ist eine gefährliche Strategie. Technischer Fortschritt könnte den Verbrenner am Ende schneller überflüssig machen als irgendwelche Verbote.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%